• 12.1.2022
  • Lesezeit: 4 Min.

ERC Starting Grants für Projekte aus Chemie, Medizin und Politikwissenschaft

EU-Förderung für fünf Forschungsprojekte

Wie lassen sich Signalwege im Gehirn sichtbar machen? Welche Rolle spielen lokale Produktionsnetzwerke für die Globalisierung? Wie kann man mit synthetischen Enzymen neue Reaktionen katalysieren? Mit solchen Fragen beschäftigen sich fünf Forschungsprojekte an der Technischen Universität München (TUM), die künftig mit Starting Grants des Europäischen Forschungsrats gefördert werden.

Versuchsaufbau für Blaulicht-Katalyse Cathleen Zeymer / TUM
Exzellente Forschung an der TUM: Der ERC fördert fünf Projekte mit Starting Grants. Die Projekte beschäftigen sich mit einem breiten Spektrum an Themen - etwa mit künstlichen Enzymen für die Photokatalyse. Im Bild: ein Versuchsaufbau für Blaulicht-Katalyse.

Forscherinnen und Forscher an der TUM konnten bislang insgesamt 151 der renommierten ERC Grants einwerben. Diese werden jedes Jahr in verschiedenen Kategorien vergeben. Starting Grants richten sich an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen. Sie sind mit bis zu 1,5 Millionen Euro dotiert.

Prof. Dr. Timm Betz (TUM School of Social Sciences and Technology)

Die bisherige Forschung zur Politik der ökonomischen Globalisierung hat sich auf die großen Konzerne konzentriert und auf die Konflikte, die sich aus ihrer weltweiten Aktivität ergeben. Wenig beachtet wurde dagegen, welche Rolle heimische Produktionsnetzwerke spielen. Viele Firmen sind zwar nicht selbst international tätig, stehen aber als Zulieferer und Kunden großer Unternehmen indirekt mit den Weltmärkten in Beziehung.

Prof. Timm Betz geht davon aus, dass die Mechanismen der Globalisierung nicht verstanden werden können, wenn diese Netzwerke unberücksichtigt bleiben. Im Projekt „Politics, Institutions, and Production Networks (PINPOINT)“ wird er deshalb untersuchen, welche Eigenschaften solche ökonomischen Verbindungen haben und wie Regierungen und Gesellschaften mit den Netzwerken interagieren. So will er ein neues Verständnis für einen elementaren Aspekt der Wirtschaftspolitik schaffen.

Timm Betz ist Professor für International Political Economy an der 2021 gegründeten TUM School of Social Sciences and Technology sowie der Hochschule für Politik München an der TUM.

Dr. Robert Ohlendorf (Fakultät für Chemie)

Signalvorgänge im Gehirn von Säugetieren sind oft komplex. Um sie zu erforschen, sind bildgebende Verfahren des gesamten Gehirns mit hoher Auflösung nötig. Bisherige Methoden haben entweder Nachteile bei der Auflösung, können nur Teile des Gehirns abbilden oder sind nicht empfindlich genug für sehr geringe Mengen von Botenstoffen. Dr. Robert Ohlendorf will in seinem Projekt AVATar bildgebende Verfahren für das Gehirn verbessern. Dafür hat er bereits in einer Proof of Concept-Studie erste Sensoren - „AVATar“ - entwickelt, mit denen die Forschenden Botenstoffe im nanomolaren Bereich detektieren konnten. Dieses Sensorsystem will Dr. Ohlendorf in Kombination mit bestehenden Bildgebungsverfahren weiterentwickeln, um Moleküle auch in sehr geringen Konzentrationen zu detektieren und Signalvorgänge mit hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung darstellen zu können. Dies wäre ein wichtiger Schritt, um molekulare Signalvorgänge im Gehirn in vivo besser untersuchen zu können.

Dr. Robert Ohlendorf forschte bislang am Department of Biological Engineering des Massachusetts Institute of Technology (MIT).

Dr. Laerte Patera (Fakultät für Physik)

Die künstliche Photosynthese könnte einen entscheidenden Beitrag zum Portfolio erneuerbarer Energiequellen leisten – wenn man die Mechanismen auf atomarer Ebene genauer kennen würde. Trotz großer Forschungsanstrengungen sind hier immer noch wichtige Fragen offen, denn die extrem kurzlebigen angeregten Zustände, sogenannte Exzitonen, sind messtechnisch nur schwer zu erfassen.

Mit seinem Projekt „Watching Excitons in Photoactive Organic Frameworks“ (WEPOF) möchte Dr. Laerte Patera diese Lücken schließen helfen. Er möchte mikroskopische Methoden entwickeln, mit denen die durch Licht erzeugten angeregten Zustände in organischen Energiematerialien direkt beobachtet werden können, um aus der Kenntnis der Struktur-Wirkungsbeziehungen neue, effizientere Materialien entwickeln zu können.

Laerte Patera forscht am Lehrstuhl für Physikalische Chemie mit Schwerpunkt Katalyse im Zentralinstitut für Katalyseforschung der TUM. Er studierte Physik an der Universität Mailand und promovierte in Nanotechnologie an der Universität Trieste.

Dr. Melanie Schirmer (TUM School of Life Sciences)

Immer mehr Menschen leiden an Autoimmun- und chronisch-entzündlichen Erkrankungen -  insbesondere Frauen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen davon aus, dass Hormone eine zentrale Rolle bei diesen geschlechtsspezifischen Unterschieden spielen. Gleichzeitig stehen diese Krankheiten in Verbindung mit Veränderungen der Bakterien, die in und auf unserem Körper leben - dem sogenannten Mikrobiom. Es ist bekannt, dass Bakterien hormonähnliche Signale produzieren, Hormone verstoffwechseln und die Produktion von Hormonen regulieren können, während Hormone das Bakterienwachstum beeinflussen. Das Zusammenspiel zwischen Hormonen und dem Mikrobiom im menschlichen Körper ist jedoch noch weitgehend unerforscht. Dr. Melanie Schirmer wird in ihrem Projekt HEROINE die Interaktionen von Hormonen und dem Mikrobiom in Frauen untersuchen - und deren Bedeutung für die weibliche Gesundheit. Außerdem möchte sie herausfinden, welche Rolle Hormon-Mikrobiom-Interaktionen bei Unfruchtbarkeit spielen und welche Möglichkeiten es für mikrobiom-basierte Therapieansätze gibt.
 
Dr. Melanie Schirmer ist TUM Junior Fellow und Leiterin der Emmy Noether Gruppe für Computational Microbiome Research am ZIEL - Institute for Food and Health.

Prof. Dr. Cathleen Zeymer (Fakultät für Chemie)

Enzyme sind als effiziente und selektive Biokatalysatoren bereits großflächig im Einsatz. Eine große Herausforderung bleibt allerdings die Entwicklung synthetischer Enzyme für Reaktionen, die über das bekannte Repertoire der Natur hinausgehen.

Mit ihrem Projekt "Künstliche Lanthanoid-Enzyme für selektive Photokatalyse" (PhotoLanZyme) will Prof. Zeymer genau dies erreichen: In einem der Evolution nachempfundenen Prozess möchte sie, ausgehend von einfachen Proteinen mit Lanthanoid-Ionen im aktiven Zentrum, eine neue Klasse nachhaltiger Photokatalysatoren entwickeln, deren chirale Umgebung stereoselektive Umsetzungen ermöglicht.

Cathleen Zeymer studierte Chemie an der Technischen Universität Dresden und der University of California Berkeley. Sie promovierte am MPI für medizinische Forschung in Heidelberg. 2020 wurde sie auf die Professur für Proteinchemie an die TUM berufen, wo ihre Gruppe im neuen Center for Functional Protein Assemblies (CPA) angesiedelt ist.

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