• 6.2.2013

Blumentopf an der TUM:

Hip-Hopper Holunder ist Doktor der Physik

Wie kommt ein Physiker zum Rappen? Oder: Wie kommt ein Rapper zur Physik? Bernhard Wunderlich alias Holunder, Mitglied der Hip-Hop-Band Blumentopf, hat gerade an der TUM promoviert. Verena Meinecke hat ihn für die TUMstudinews befragt.<br /><br />

Dr. Bernhard Wunderlich mit Prof. Andreas Bausch
Bernhard Wunderlich alias Holunder rappt mit Doktorvater Prof. Andreas Bausch (Foto: Andreas Heddergott)

TUMstudinews: Herzlichen Glückwunsch, Sie wurden gerade an der TUM promoviert. In Ihrer Doktorarbeit haben Sie untersucht, wie sich Lösungen von Polymeren in Mikrokanälen bewegen. Was genau haben Sie da untersucht?

BW: Ich habe den Zusammenhang zwischen den Fließeigenschaften von Polymerlösungen und der Dynamik einzelner Polymere im Fluss untersucht. Dazu habe ich zum einen ein Mikro-Viskosimeter zur Messung von Scher- und Elongationsviskosität von Polymerlösungen entwickelt. Zum anderen haben wir einzelne Polymere im Fluss beobachtet und ich habe ein theoretisches Modell für die Dynamik entwickelt.

TUMstudinews: Man kennt Sie weniger als Physiker, denn als Musiker und Teil der Hip-Hop-Band Blumentopf. Wie kommt ein Physiker zum Rappen? Oder: Wie kommt ein Rapper zur Physik?

BW: Beides ist eigentlich zu mir gekommen und das unabhängig voneinander. Rappen habe ich übers Freestylen für mich entdeckt. Noch während der Schulzeit haben wir mit der Band angefangen. Und Naturwissenschaften, insbesondere Physik, haben mich damals auch schon fasziniert. Ich wollte einfach wissen, wie Dinge funktionieren.  Physik und Rap liefen immer parallel.  

TUMstudinews: Hip-Hop und Naturwissenschaft – prallen da nicht Welten aufeinander?

BW: Das mag sein, aber ein großer Aufprall setzt meist auch viel Energie frei. Und beides  bereichert sich gegenseitig.  

TUMstudinews: Wie stehen die Kollegen an der TUM zu Ihrer Musik?

BW: Da müssen Sie sie am besten selber fragen. Es sind aber, glaub’ ich, ein paar dabei, die mit Blumentopf etwas anfangen können. Außerdem ist Musik und Physik keine seltene Kombination an unserem Lehrstuhl. Zum Beispiel spielte einer meiner Kollegen Saxophon bei Jamaram, ein weiterer ist Bassist bei der Ska-Band „Benuts“. Und auch mein Doktorvater hat bei meiner Doktorfeier großes musikalisches Talent bewiesen und uns seine fetten Skills demonstriert.

TUMstudinews: Sie sind an der TUM „groß geworden“, haben hier studiert und promoviert. Was macht für Sie die TU München aus?

BW: Der Biophysik Lehrstuhl E22/E27 ist über die Jahre für mich ein Stück Heimat geworden. Die Atmosphäre dort ist einfach super und mein Doktorvater Andreas Bausch und auch Matthias Rief sorgen für ein produktives und kreatives Arbeitsklima. Außerdem sind wir ein Lehrstuhl mit Traditionen: Wo sonst werden frisch gebackene Doktoren einmal durchs Department getragen? Da möchte ich mich auch noch mal wirklich für meine Sänfte und die lustige inoffizielle Doktorprüfung bedanken.

TUMstudinews: Forschung in der Zellbiophysik und zugleich Teil einer bundesweit erfolgreichen Musik-Formation. Ihr Terminkalender ist randvoll. Wie kriegen Sie beides unter einen Hut?

BW: Das habe ich mich zeitweise auch gefragt. Aber ich konnte und wollte mich einfach nicht für eine der beiden Sachen entscheiden. Somit musste ich Kompromisse eingehen. Bandintern haben wir es so geregelt, dass ich mich weniger um Organisatorisches kümmern muss, um mich mehr ins kreative Geschehen einbringen zu können. Und zu meinem Studium ist zu sagen, dass die Bruttostudienzeit nicht mit der Nettostudienzeit gleichzusetzen ist. Für die Doktorarbeit habe ich schlussendlich 5 Jahre gebraucht – ohne Band wäre sie bestimmt nach 3 bis 4 Jahren geschrieben gewesen.

TUMstudinews: Die Anforderungen an die Studierenden sind heute immens. Sich zu orientieren ist für viele nicht leicht. Was würden Sie jungen Leuten raten, die am Anfang Ihres Studiums stehen? Wie findet man seinen Weg?

BW: Ich glaube, viele der jetzigen Studienanfänger haben einen genaueren Lebensplan als ich den damals hatte. Die fangen mit einem mehr oder minder genauen Berufswunsch oder Karriereziel ihr Studium an. Das war bei mir nicht so. Ich habe Physik rein aus Interesse studiert. Vielleicht ist es auch das, was ich Leuten bei ihren Überlegungen zum Studium raten würde: Denkt an erster Stelle an eure Leidenschaften und nicht nur an den optimierten Lebenslauf.

TUMstudinews: Wie geht es jetzt für Sie weiter? Werden Sie weiter wissenschaftlich arbeiten?

Bernhard Wunderlich: Im April erscheint erstmal unsere Live DVD und wir gehen noch mal auf Tour. Im Sommer folgen dann noch einige Festivals, unter anderem das Tollwood in München. Für die Physik ist noch nichts sicher. Also schaun mer mal, dann sehn mer scho.  


Bernhard Wunderlich (37) hat an der TUM Physik studiert. Er promovierte am Lehrstuhl für Zellbiophysik in Garching. Zur deutschsprachigen Hip-Hop-Band Blumentopf gehört er seit ihrer Gründung im Jahr 1992. Ganz Deutschland kennt sie, seit sie in „Raportagen“ für die ARD die Spiele der deutschen Fußballnationalmannschaft bei Welt- und Europameisterschaften kommentieren. Das neue Album „Nieder mit der GbR“ erschien im September 2012. Blumentopf geht im April wieder auf Tour.



Technische Universität München

Corporate Communications Center

HSTS