• 20.3.2014

Zellrezeptor für Harnsäurekristalle gefunden

Bremse für das Immunsystem

Wissenschaftler haben erstmals einen Rezeptor auf menschlichen Zellen identifiziert, der spezifisch Kristalle erkennt. Der neue Rezeptor kommt auf Immunzellen vor und bindet Harnsäurekristalle: Diese gelten als Auslöser für die Gicht, steuern aber auch Immunreaktionen. Das Team, das von Forschern des Klinikums rechts der Isar an der Technischen Universität München (TUM) geleitet wurde, stellt seine Ergebnisse in der Fachzeitschrift <i>Immunity</i> vor.

Aufnahmen von Harnsäurekristallen: Harnsäure bildet nadelförmige Kristalle, die das Immunsystem aktivieren. (Bild: K. Neumann/TUM)
Aufnahmen von Harnsäurekristallen: Harnsäure bildet nadelförmige Kristalle, die das Immunsystem aktivieren. (Bild: K. Neumann/TUM)

Die Zellen des Immunsystems tragen auf ihrer Oberfläche eine Vielzahl von Rezeptoren, mit denen sie Krankheitserreger erkennen. Sobald diese Rezeptoren aktiviert werden, kommt es zunächst zu einer Entzündung, die eine Abwehrreaktion des Körpers einleitet. Darüber hinaus gibt es auf Immunzellen Rezeptoren, die Immunreaktionen regulieren oder sogar eindämmen, um Schäden an eigenen Zellen zu vermeiden.

Manche Immunrezeptoren erkennen auch körpereigene Stoffe, die bei Gewebeschäden oder Zelltod freigesetzt werden. Damit kann sich der Organismus selbst dann wehren, wenn ein Krankheitserreger nicht direkt erkannt wird – dafür aber die Schäden, die er verursacht.

Mit dem Oberflächenmolekül Clec12a aus der Familie der C-Typ Lektin-Rezeptoren haben die Wissenschaftler um Prof. Jürgen Ruland erstmals einen Immunrezeptor für Harnsäurekristalle entdeckt. Harnsäure ist ein Abbauprodukt von Nukleinsäuren wie der DNA und entsteht, wenn Zellen geschädigt werden. Wenn viele Zellen sterben, zum Beispiel bei einer Tumortherapie oder Infektion, steigt die Harnsäure-Konzentration, die Moleküle kristallisieren.

Immunreaktionen müssen reguliert werden

Harnsäurekristalle bilden sich auch bei Gewebeschäden und verstärken die Immunantwort. Allerdings regelt Clec12a die Immunreaktion herunter, anstatt sie anzuheizen. „Clec12a unterdrückt die Reaktion auf tote Zellen und Harnsäurekristalle“, erklärt Ruland. „Das Immunsystem hat offenbar einen Mechanismus entwickelt, um eine überschießende Reaktion auf die Kristalle zu verhindern.“

Immunzellen können ausgesprochen toxische Substanzen produzieren, die neben Krankheitserregern auch das eigene Gewebe schädigen können. „Harnsäurekristalle und andere Stoffe aus geschädigten Zellen zeigen dem Immunsystem eine potentielle Gefahr an“, sagt Dr. Konstantin Neumann, Erstautor der Studie. „Solange keine weiteren Anzeichen für eine echte Infektion gefunden sind, soll Clec12a wohl den Organismus vor Schäden durch das Immunsystem schützen.“  

Mit dem neu gefundenen Immunrezeptor für Harnsäurekristalle haben die Forscher einen grundlegenden Mechanismus aufgedeckt, wie das Immunsystem Kristalle erkennt. Die Forscher werden untersuchen, ob weitere Clec12a-ähnliche Rezeptoren ebenfalls kristalline Strukturen erkennen. „Möglicherweise gelingt es uns, in Zukunft Entzündungen mit Kristallbildungen besser zu regulieren, oder diese Mechanismen einzusetzen, um das Immunsystem zur Therapie von Tumor- oder Infektionserkrankungen gezielt zu manipulieren“, so Ruland.

Publikation:
Konstantin Neumann, Mercedes Castiñeiras-Vilariño, Ulrike Höckendorf, Nicole Hannesschläger, Simone Lemeer, Danny Kupka, Svenia Meyermann, Maciej Lech, Hans-Joachim Anders, Bernhard Kuster, Dirk H. Busch, Andreas Gewies, Ronald Naumann, Olaf Groß, Jürgen Ruland; Clec12a Is an Inhibitory Receptor for Uric Acid Crystals that Regulates Inflammation in Response to Cell Death, Immunity (2014), DOI: 10.1016/j.immuni.2013.12.015

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Kontakt:
Prof. Dr. Jürgen Ruland
Institut für Klinische Chemie und Pathobiochemie
Klinikum rechts der Isar an der Technischen Universität München
Tel.: +49 89 4140-4751
jruland@lrz.tum.de

http://www.klinchem.med.tum.de/

 

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