• 28.4.2015

Wissenschaftler identifizieren Schlüsselkomponenten der Kautschuk-Entstehung

Gummi aus Löwenzahn

Aus Löwenzahn lässt sich ein begehrtes Produkt gewinnen: Kautschuk. Seit einigen Jahren rückt die robuste und anspruchslose Pflanze daher zunehmend in den Fokus der Gummi herstellenden Industrie. Doch wie entsteht der Kautschuk, der im weißen Milchsaft der Pflanze enthalten ist? Ein Wissenschaftlerteam hat nun Proteine identifiziert, die eine zentrale Rolle bei der Kautschukproduktion in der Pflanze spielen. Eine biotechnologische Produktion von Kautschuk rückt damit näher.

Gummi aus Löwenzahn - Bild: Ulrich Benz / TUM
Gummi aus Löwenzahn - Bild: Ulrich Benz / TUM

Der kautschukhaltige Milchsaft des Löwenzahns wird in speziellen Zellen produziert. Für die Entstehung – die Biosynthese – des Kautschuks ist dort ein Proteinkomplex verantwortlich, der auf der Oberfläche sogenannter Kautschuk-Partikel sitzt. Diese kugelförmigen Partikel sind mit Polyisopren, dem Hauptbestandteil des Kautschuks, gefüllt und von einer schützenden Hülle umgeben.

Wie die Wissenschaftler der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU), der Außenstelle Münster des Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME, der Technischen Universität München (TUM) und der TRM Ltd. aus York (England) nun am Beispiel des „Russischen Löwenzahns“, Taraxacum kok-saghyz, zeigen konnten, spielt ein spezielles Protein („rubber transferase activator“) eine Schlüsselrolle: Wird die Bildung dieses Proteins verhindert, fehlt es also in der Pflanze, entsteht kein Kautschuk.

Die Forscher gehen davon aus, dass das Protein für die Bildung des Kautschuk herstellenden Proteinkomplexes nötig ist. Ihre Ergebnisse wurden in der aktuellen Online-Ausgabe des Fachmagazins „Nature Plants“ veröffentlicht. Eine zweite Studie, die maßgeblich von IME- und WWU-Forschern durchgeführt wurde, identifiziert ein weiteres wichtiges Protein. Es hat eine zentrale Aufgabe bei der Bildung der langen Polyisopren-Ketten. Diese Polymere verleihen dem Kautschuk seine typischen Eigenschaften – seine Elastizität und Belastbarkeit.

Zwischen den Arbeitsgruppen in München und Münster besteht bereits eine langjährige Zusammenarbeit. „Zunächst haben wir durch Markierungsexperimente mit stabilen Isotopen dazu beigetragen, die Stoffwechselwege zur Latexproduktion zu erforschen,“ sagt Professor Wolfgang Eisenreich. Im Rahmen der nun publizierten Arbeiten charakterisierten die Münchener das von der Pflanze produzierte Polyisopren mit Hilfe NMR-spektroskopischer Messungen.

Effektive Kooperation zwischen Grundlagen- und anwendungsorientierter Forschung

„Das Thema Löwenzahn ist in letzter Zeit besonders durch die angewandte Forschung bekannt. Nun gibt es erfreulicherweise wieder Neuigkeiten aus der Grundlagenforschung – wir konnten gleich zwei Schlüsselkomponenten der Kautschuk-Biosynthese identifizieren“, erklärt Forschungsleiter Dr. Christian Schulze Gronover (IME, Außenstelle Münster). Bislang ist es nicht möglich, Naturkautschuk biotechnologisch herzustellen. Mit der Identifizierung von Schlüsselkomponenten der Kautschuksynthese rückt diese Option jedoch näher, so die Forscher.

Löwenzahnpflanzen, die keinen Kautschuk produzieren, könnten zudem künftig in Laborversuchen eingesetzt werden, um herauszufinden, welche Aufgabe der Kautschuk in den Pflanzen erfüllt. In der Diskussion ist beispielsweise, dass er als Schutz gegen Krankheitserreger dient.

Dirk Prüfer, Professor für Biotechnologie der Pflanzen an der WWU und Leiter der Abteilung „Funktionelle und Angewandte Genomik“ am IME in Münster, unterstreicht: „Diese Forschungsergebnisse konnten wir nur durch die effektive Zusammenarbeit zwischen Grundlagen- und anwendungsorientierter Forschung erzielen. Wir hoffen, dieses Erfolgsmodell weiter ausbauen zu können.“

Die Forschungsarbeiten wurden gefördert von der Deutschen Umweltstiftung (DBU) und dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).

Publikation:

Janina Epping, Nicole van Deenen, Eva Niephaus, Anna Stolze, Julia Fricke, Claudia Huber, Wolfgang Eisenreich, Richard M. Twyman, Dirk Prüfer and Christian Schulze Gronover: A rubber transferase activator is necessary for natural rubber biosynthesis in dandelion. Nature Plants, Advance Online Publication, 27.04.2015; DOI: 10.1038/nplants.2015.48

Kontakt:

Prof. Wolfgang Eisenreich
Technische Universität München
Lehrstuhl für Biochemie
Lichtenbergstr. 4
85748 Garching, Germany
Tel.: +49 (89) 289 - 13336 - E-Mail - Internet

Technische Universität München

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