• 23.3.2017

Diabetes schädigt kleine Blutgefäße am Herz und erhöht das Infarkt-Risiko

Verschwindende Äderchen

Eine Diabetes-Erkrankung erhöht das Herzinfarkt-Risiko deutlich. Einen der Gründe dafür hat jetzt ein Team der Technischen Universität München (TUM) identifiziert: Bei Diabetes lösen sich kleine Blutgefäße um das Herz auf. Dadurch wird der gesamte Herzmuskel in Mitleidenschaft gezogen. Eine mögliche Gegenmaßnahme könnte eine Gen-Therapie sein, die das Gefäßwachstum ankurbelt.

Aufnahme der Blutgefäße auf einem Herzmuskel.
Auf dieser Koronarangiografie ist gut zu erkennen, wie sich die Blutgefäße auf dem Herzmuskel verzweigen. (Bild: kalus/istockphoto)

Die Herzkranzgefäße lassen sich mit einem Straßennetz vergleichen: Arterien und Venen bilden die Hauptverkehrswege, von denen zahllose kleinere und kleinste Verbindungsstraßen und Zufahrtswege abzweigen. Wenn eine dieser kleinen Straßen gesperrt ist, hat das kaum Auswirkungen auf den gesamten Verkehrsfluss. Wenn jedoch genug Abfahrten geschlossen sind, wird der Verkehr auch auf der Hauptstraße dichter. Im schlimmsten Fall kann das zum Kollaps des gesamten Systems führen – einem Herzinfarkt.

Ein Team unter Leitung der TUM hat herausgefunden, dass genau das bei einer Diabetes-Erkrankung der Fall sein kann. Ihre Erkenntnisse schildern die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Dr. Rabea Hinkel und Prof. Christian Kupatt, Kardiologen am Klinikum rechts der Isar der TUM, im „Journal of the American College of Cardiology“.

Unterschiede zwischen Herzen von Diabetikern und anderen Patienten

Für ihre Arbeit verglichen sie Herzkranzgefäße von Transplantationspatienten mit und ohne Diabetes. Das Ergebnis: Bei den Proben von Diabetikern war die Anzahl der kleinen Gefäße um das Herz deutlich verringert. Im Labor konnte das Team zeigen, dass bei hohem Blutzuckerspiegel die sogenannten Perizyten abgebaut werden. „Diese Zellen bilden normalerweise eine Schicht, die kleine Blutgefäße umgibt“, erläutert Rabea Hinkel. „Wir gehen davon aus, dass diese Schicht die Äderchen stabilisiert. Wenn sie angegriffen ist, wird das gesamte Gefäß instabil und löst sich schließlich auf.“

Versuche an Tieren bestätigten die Annahme, dass die kleinen Herzkranzgefäße bei einer unbehandelten Diabetes-Erkrankung immer weniger werden. „Diabetes bleibt bei Patienten oft Jahre und Jahrzehnte unentdeckt. In diesem langen Zeitraum kann es zu extremen Schäden kommen“, sagt Rabea Hinkel.

Therapie mit Thymosin Beta 4

Das Verschwinden der kleinen Blutgefäße ist jedoch nicht unumkehrbar. Hinkel und Kupatt setzten in ihrer Studie auf eine Gen-Therapie, durch die Herzzellen dazu angeregt wurden, verstärkt das Molekül Thymosin Beta 4 zu bilden. Dieses Protein sorgt unter anderem dafür, dass mehr Perizyten gebildet werden. Auf diese Weise gelang es dem Team der TU München, stabile und funktionstüchtige Äderchen wachsen zu lassen.

„Bis solch eine Therapie für Menschen anwendbar ist, wird allerdings noch einige Zeit vergehen“, sagt Christian Kupatt. „Wir konnten aber erstmals anhand eines transgenen Tiermodells, das dem menschlichen Typ I Diabetes sehr nahe kommt, nachweisen, auf welche Weise Zuckerkrankheit das Herz schädigt. Das eröffnet neue Perspektiven für die Behandlung von Erkrankten. Zudem verdeutlichen unsere Erkenntnisse noch einmal, wie wichtig es ist, Diabetes früh zu erkennen.“

Publikation:

R. Hinkel, A. Hoewe, S. Renner, J. Ng, S. Lee, K. Klett, V. Kaczmarek, A. Moretti, K.-L. Laugwitz, P. Skroblin, M. Mayr, H. Milting, A. Dendorfer, B.Reichart, E. Wolf, C. Kupatt, "Diabetes Mellitus–Induced Microvascular Destabilization in the Myocardium", Journal of the American College of Cardiology 69:2 (2007). DOI: 10.1016/j.jacc.2016.10.058.

Kontakt:

Prof. Dr. med. Christian Kupatt
Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I.
Klinikum rechts der Isar
Technische Universität München
Tel: +49 89 4140 2947
christian.kupattspam prevention@tum.de


Dr. Rabea Hinkel
Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I.
Klinikum rechts der Isar
Technische Universität München
rabea.hinkelspam prevention@tum.de

Technische Universität München

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