• 26.8.2019
  • Lesezeit: 3 Min.

Neue Studie begleitet 1.200 Infarkt-Patienten über mehrere Jahre

Herzinfarkt-Ausmaß unabhängig von der Tageszeit

Ob ein Herzinfarkt mitten in der Nacht oder am helllichten Tag auftritt, bestimmt nicht, wie schwer seine Folgen sind. Herausgefunden haben das Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Deutschen Herzzentrum München, Klinik an der Technischen Universität München (TUM) und des des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK)

Ein Stethoskop liegt neben einem Wecker. iStock.com / syahrir maulana
Die Tagezeit zu der sich ein Herzinfarkt ereignet hat einer aktuellen Studie zufolge keinen Einfluss auf Infarktgröße und Überlebenrate.

Die Brust schmerzt und Tonnen scheinen auf dem Brustkorb zu liegen – so kann es sich anfühlen, wenn ein Herzinfarkt das Leben bedroht. In diesem Notfall gilt es, sofort die Rettungskräfte zu alarmieren. Am häufigsten treten die gefährlichen Attacken zwischen sechs Uhr morgens und zwölf Uhr mittags auf. Auch andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzrhythmusstörungen oder plötzlicher Herztod scheinen einem Tagesrhythmus zu folgen, sie ereignen sich ebenso gehäuft morgens oder vormittags.

Hinweise auf Bedeutung des Zeitpunkts in früheren Studien

Einige Studien deuten außerdem darauf hin, dass der Zeitpunkt, zu dem die Beschwerden beginnen beziehungsweise der Herzinfarkt einsetzt, beeinflusst, wie Herzerkrankungen verlaufen. Privatdozent Dr. Hendrik Sager, Dr. Thorsten Kessler und ihre und ihre Kolleginnen und Kollegen sind diesem Aspekt genauer nachgegangen. In einer Studie mit rund 1.200 Patienten haben sie untersucht, ob die Uhrzeit, zu der sich der Herzinfarkt ereignet, auch bestimmt, welche Folgen er hat.

Für ihre Untersuchung haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Tag in vier Zeitfenster unterteilt: 0 bis 6 Uhr, 6 bis 12 Uhr, 12 bis 18 Uhr und 18 bis 24 Uhr. In allen untersuchten Fällen lag ein sogenannter ST-Hebungsinfarkt (STEMI) vor und ein verschlossenes Blutgefäß im Herzen, nämlich ein Herzkranzgefäß, löste den Infarkt aus. Dadurch wird das Herz schlechter durchblutet und Herzmuskelzellen sterben ab.

Den Blutfluss sichtbar machen

Bei einem Herzinfarkt eröffnen die behandelnden Ärztinnen und Ärzte das verschlossene Blutgefäß mithilfe eines Katheters. Noch vor diesem Eingriff bekamen alle Studienteilnehmer eine Substanz gespritzt. Die Substanz reichert sich im Herzen überall dort an, wo das Blut fließt. Dadurch konnte bei der anschließenden Aufnahme des Herzens mit einer speziellen Kamera bestimmt werden, welche Bereiche des Herzens nicht durchblutet sind. Sieben Tage nach dem Eingriff wurde die Substanz erneut verabreicht, um zu beurteilen, welche Bereiche des vormals nicht durchbluteten Herzgewebes durch das Wiedereröffnen des verschlossen Herzkranzgefäßes gerettet werden konnten.

Außerdem ermittelten Sager und sein Team, wie viele der Patienten nach fünf Jahren noch lebten. Hiermit konnten sie Rückschlüsse ziehen, ob die Tageszeit, zu der ein Herzinfarkt auftritt, die langfristige Prognose verändert. „Natürlich gibt es viele Faktoren, die bestimmen, wie schwer ein Herzinfarkt verläuft“, sagt Hendrik Sager. „Etwa wie lange es dauert, bis das Gefäß wiedereröffnet wird oder welches der drei Herzkranzgefäße verschlossen ist. Diese Faktoren haben wir herausgerechnet.“ Angesichts der Ergebnisse der Studie kommen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu dem Schluss, dass es nicht von der Tageszeit abhängt, wie ein Herzinfarkt sich langfristig auswirkt.

Großes Patientenkollektiv untersucht

Bisherige Studien lieferten widersprüchliche Ergebnisse, zum Einfluss der Tageszeit auf Infarktgröße und Überlebensrate. Den Grund hierfür sieht Sager in den zu kleinen Patientenkollektiven und zu kurzen Beobachtungszeiträumen dieser Untersuchungen. Mit ihrer umfangreichen Analyse haben die Forscher nun erstmals eindeutig geklärt, dass die Tageszeit den Verlauf eines Herzinfarktes nicht beeinflusst und die Ärzte bei der Behandlung ihrer Patienten nicht berücksichtigen müssen, zu welcher Uhrzeit der Herzinfarkt auftrat.

Publikationen

Sager HB, Husser O, Steffens S, Laugwitz KL, Schunkert H, Kastrati A, Ndrepepa G, Kessler T. "Time-of-day at symptom onset was not associated with infarct size and long-term prognosis in patients with ST-segment elevation myocardial infarction". J Transl Med. 2019 May 29;17(1):180. DOI: 10.1186/s12967-019-1934-z

Technische Universität München

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Kontakte zum Artikel:

PD Dr. Hendrik Sager
Klinik für Herz- und Kreislauferkrankungen
Deutsches Herzzentrum München
Klinik an der Technischen Universität München
hendrik.sagerspam prevention@tum.de

Dr. Thorsten Kessler
Klinik für Herz- und Kreislauferkrankungen
Deutsches Herzzentrum München
Klinik an der Technischen Universität München
thorsten.kesslerspam prevention@tum.de

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