• 13.2.2020

Theresa Stoll auf dem Weg nach Tokio

Zwischen Judo und Medizin

Theresa Stoll ist Judoka und für Olympia 2020 in Tokio qualifiziert. Die TUM-Studentin erzählt, wie sich zwölf Trainingseinheiten in der Woche mit ihrem Medizin-Studium kombinieren lassen und wie sie sich auf ihren großen Wettkampftag vorbereitet.

Judoka Theresa Stoll
Auf der chinesischen Mauer: Judoka Theresa Stoll studiert Medizin an der TUM und bereitet sich auf die Olympischen Spielen 2020 vor. (Foto: privat)

Theresa, seit wann machst Du Judo?

Theresa Stoll: Ich habe vor über 16 Jahren gemeinsam mit meiner Zwillingsschwester Amelie begonnen.

Wie seid Ihr zwei dazu gekommen?

Wir haben unseren ältesten Bruder früher oft gemeinsam mit unserer Mama vom Judotraining abgeholt und sind auf der Matte rumgetollt. Dann haben wir sehr schnell selbst mit dem Training begonnen und sind in die Leistungssport-Schiene gerutscht.

Macht Euer Bruder heute auch noch Judo?

Er ist mittlerweile Trainer bei einem Münchner Verein, aber selbst nicht mehr aktiv.

Trainierst Du heute noch gemeinsam mit Deiner Schwester?

Meistens schon, ja. Wir sind beide im Nationalkader und in derselben Gewichtsklasse. Im Judo kann sich pro Land nur eine Person aus einer Gewichtsklasse für Olympia qualifizieren. Also sind wir in gewisser Weise auch Konkurrentinnen. Wir sind aber schon immer Trainingspartner mit dem gleichen Ziel.

War die Olympiaqualifizierung Dein größter Traum?

Auf alle Fälle. Ich denke, Olympia ist der größte Traum für jeden Leistungssportler.

Wann war Dir zum ersten Mal bewusst, dass Du es schaffen kannst?

Als ich 2017 den Heim-Grand Prix in Düsseldorf gewinnen konnte. Jetzt habe ich noch ein halbes Jahr bis Olympia und deswegen zähle ich die Tage und will im Training alles geben.

Wie bereitest Du Dich vor?

Ich konzentriere mich voll und ganz auf den Sport und nehme ein Freisemester in der Uni, damit ich keine Kompromisse eingehen muss. Ich werde viel Zeit mit meinem Mentaltrainer verbringen und mit meinem Trainer Kampfvideos analysieren, um mich technisch und taktisch auf meine Gegner einzustellen. Ich werde versuchen, bei jedem Training an meine Grenzen zu gehen, um noch ein bis zwei Prozent mehr herauszuholen.

Wie oft trainierst Du?

Insgesamt komme ich auf elf bis zwölf Einheiten in der Woche und normalerweise trainiere ich zweimal pro Tag.

Wie sieht Deine Trainingswoche aus?

Der Abend ist von Montag bis Freitag immer festgelegt und wir machen vor allem Judo-Technik und Trainingswettkämpfe, auf Japanisch „Randori“. Morgens läuft das Training recht individuell ab und wir trainieren vor allem Kraft, Ausdauer und Koordination. Samstags habe ich dann meistens frei und am Sonntag fallen je nach Trainingsplan noch ein bis zwei Einheiten an.

Wie bringst Du Sport und Studium unter einen Hut?

Die Uni nebenbei läuft gut, aber ich muss mich gut organisieren. Ich gehe am Anfang des Semesters immer mit meinem Trainingsplan zum Studienkoordinator von unserer Fakultät. Dann plant er mich für Klausuren aus und teilt mich so in Seminargruppen ein, dass ich die meisten Anwesenheitstermine habe. Ich bin in den Vorlesungen weniger anwesend und mach viel von unterwegs aus.

Bist Du durch Judo viel unterwegs?

Ja, natürlich vor allem für die Wettkämpfe. Wir sind aber auch relativ oft in Japan für längere Trainingslager. Ende November waren wir zum Trainieren und für das Masters Turnier eine Woche in Japan und zwei in China unterwegs. Dort hatten wir dann sogar Zeit für ein kurzes Touriprogramm und waren auf der Chinesischen Mauer.

Was machst Du, wenn Du mal Freizeit hast, am liebsten?

Ich versuche, so viel Zeit wie möglich mit meinen Freunden zu verbringen und gehe, wenn es reinpasst, echt gern in die Berge, weil ich beim Judo ja überwiegend in der Halle bin.

Medizin oder Leistungssport, wie steht‘s um Deine Zukunft?

Beides sind zwei große Leidenschaften von mir und ich wollte auf keine von beiden verzichten. Wenn ich im Training am Ende bin, tut es mir gut, mich geistig anzustrengen und wenn ich mich beim Lernen nicht mehr konzentrieren kann, dann hilft es mir total, mich beim Sport auszupowern. Später will ich auf jeden Fall Ärztin sein, deswegen geh ich den Weg auch. Aber jetzt liegt mein voller Fokus natürlich erstmal bei Olympia.

(Interview: Verena Pongratz)

Theresa Stoll ist 24 Jahre alt und in München geboren. Sie studiert an der TUM Medizin im achten Semester und kämpft beim TSV Großhadern. 2019 hat sie ihren vierten Deutschen Meistertitel in Folge gewonnen. Ihren ersten Kampf bei Olympia 2020 bestreitet Theresa am 27. Juli im Nippon Budokan. Am 1. August folgt ein Mixed-Team-Wettkampf gemeinsam mit dem Männerteam. Mehr Infos: Team Deutschland Theresa Stoll

 

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