• 4.6.2016

TUM-Akademiezentrum Raitenhaslach eröffnet

Wissenschaft erweckt spätbarockes Kloster zu neuem Leben

Die Technische Universität München (TUM) hat heute ihr neues Akademiezentrum im historischen Kloster Raitenhaslach an der Salzach eröffnet. Bei einem Festakt mit Ministerpräsident Horst Seehofer und einem Pontifikalgottesdienst mit Bischof Dr. Stefan Oster übergab die Stadt Burghausen den restaurierten Prälatenbau des Klosters seiner neuen Bestimmung. Im Festsaal und in zahlreichen Seminarräumen werden sich Wissenschaftler und Studierende künftig zu Tagungen, Workshops und Klausuren treffen – unter spätbarocken Fresken und Gewölben. In dem Kulturgut ist außergewöhnlich viel historische Bausubstanz erhalten. Morgen lädt die TUM zu einem Tag der offenen Tür ein.

Ministerpräsident Seehofer und TUM-Präsident Herrmann eröffnen im Festsaal des Klosters Raitenhaslach das neue Akademiezentrum der TUM.
Ministerpräsident Seehofer und TUM-Präsident Herrmann (r.) eröffnen im Festsaal des Klosters Raitenhaslach das neue Akademiezentrum der TUM. (Bild: Eckert / TUM)

200 Jahre lang, seit der Säkularisation von 1803, war der Prälatenstock des Zisterzienserklosters Raitenhaslach in privatem Besitz und wurde nur teilweise genutzt. Als die Stadt Burghausen 2003 das Gebäude ersteigerte, war schnell klar: Kaum ein anderes spätbarockes Gebäude in Bayern ist so weitgehend in seinem ursprünglichen Zustand erhalten – von Böden und Fenstern über Wand- und Deckenmalereien bis hin zur kunstvollen Dachkonstruktion. Und bald hatte Prof. Wolfgang A. Herrmann, Präsident der TU München, die Idee für eine sinnvolle und der einstigen Klosterkultur angemessene Nutzung dieses ganz besonderen Kulturdenkmals, das unter den Äbten Robert Pendtner und Emanuel II. Mayr gebaut und 1764 fertiggestellt wurde.

Nun ist es soweit: Nach zehnjähriger Planungs- und Restaurierungsarbeit wird das „TUM Science & Study Center Raitenhaslach“ zu einem Hort der Wissenschaft, vor allem im Geiste einer nachhaltigen Internationalität, die für Herrmann darin besteht, „die Heimat mit der Welt zu verbinden“.

Historisches Ambiente

Auf insgesamt 1000 Quadratmetern bietet das Zentrum den Wissenschaftlern und Studierenden der TUM sowie ausgewählten externen Nutzern einen Tagungsraum für bis zu 190 Personen im historischen Festsaal („Aula Maior“) sowie Seminarräume unterschiedlicher Größe. Die historische Raumstruktur blieb unverändert. Internationale Konferenzen, Workshops und Ferienakademien werden Angehörige der verschiedenen Fachrichtungen zusammenbringen, um Forschungsfragen aus einem anderen Blickwinkel zu diskutieren. In zwei Studierzimmer können sich Promovierende einquartieren, um hier ihre Forschungsergebnisse in die schriftliche Form zu bringen.

Im Festsaal werden sich die Tagungsgäste unter dem Deckenfresko von Johann Martin Heigl treffen, das die Kultivierung des Landes unter dem förderlichen Einfluss der vier Elemente zeigt. Es symbolisiert die Arbeit der Zisterziensermönche, die als exzellente Acker- und Wasserbauer galten. Für die Pausen stehen der nach historischem Vorbild gestaltete Klostergarten und eine Cafeteria im „Gartenstöckl“ zur Verfügung, ein zu allen Jahreszeiten nutzbarer Arkadenbau.

Moderne Haustechnik

Architekten, Bauingenieure und Denkmalforscher der TUM hatten über mehrere Jahre die Bauhistorie und die Bausubstanz des Prälatenstocks erforscht und daraus ein Nutzungskonzept abgeleitet. Auf dieser Grundlage wurde das Gebäude ab 2013 restauriert und neu ausgestattet. Dabei galt die Maxime, die ursprüngliche Bausubstanz ohne historisierende Nachbildungen weitestgehend zu bewahren und die moderne Haustechnik möglichst nicht sichtbar werden zu lassen. Beispielsweise konnten historische Fenster durch die Ergänzung einer vorgesetzten zweiten Fensterfront erhalten werden. Eine raffinierte Beleuchtungstechnik im Festsaal versteckt sich hinter dem umlaufenden Gesims, ohne die Raumästhetik zu beeinträchtigen.

Die Renovierung erfolgte in ständiger Abstimmung mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. Die Kosten von rund 20 Millionen Euro teilten sich im Wesentlichen der Freistaat Bayern (rund 50 Prozent) und die Stadt Burghausen, ergänzt um Beiträge des Bundes, der Messerschmitt Stiftung und der Bayerischen Landesstiftung. Die Liegenschaft wurde der TUM von der Eigentümerin, der Stadt Burghausen, für zunächst 25 Jahre kostenfrei zur Nutzung übertragen. Die TUM organisiert verantwortlich den laufenden Betrieb und fördert die Veranstaltungen aus dem hierfür eingerichteten „TUM Seminarfonds Raitenhaslach“.

Bekenntnis zur bayerischen Heimat

„Tradition trifft Fortschritt – bei uns in Bayern geht das von je her ganz selbstverständlich zusammen“, sagte Ministerpräsident Horst Seehofer beim Festakt. „Jahrhundertelang haben die Klöster die Wissenschaft gepflegt. Ich freue mich, dass mit dem neuen Akademiezentrum der TUM in den historischen Mauern des ehemaligen Zisterzienserklosters Raitenhaslach eine moderne und konsequente Fortschreibung dieser engen Verbindung gelungen ist. Enger Austausch über wissenschaftliche Fachgrenzen hinweg, gemeinsame Suche nach neuen Ideen, Innovation im Dialog – im Akademiezentrum der TUM wird Zukunft gestaltet!"

„Es war für uns zunächst Verpflichtung und Herausforderung, diesen einzigartigen Denkmalort zu erwerben und damit seinen Bestand und seine Ursprünglichkeit zu sichern“, sagte Hans Steindl, Erster Bürgermeister der Stadt Burghausen. „Nach einer kurzen Phase der ,Ratlosigkeit‘, wie dieses Gebäude mit neuem Leben erfüllt werden könnte, hat sich durch eine persönliche Begegnung mit Prof. Herrmann und dessen Begeisterung für Raitenhaslach die Partnerschaft mit der TU München ergeben, was sich für alle Beteiligten als wahrer Glücksfall herausgestellt hat. Die jetzige Belegung ist die optimale Nutzung des Areals und ein Beispiel für erfolgreiche Nachhaltigkeit.“

„Das Akademiezentrum in Raitenhaslach ist das Bekenntnis der TU München zu ihrer bayerischen Heimat. Hier soll die internationale Welt der Wissenschaft gemeinsam mit uns einen geistigen Fixpunkt finden“, sagte Präsident Herrmann. Wesentliche Komponenten der extracurricularen Aktivitäten der TUM werden künftig in Raitenhaslach konzentriert.

Publikationen zu Raitenhaslach:

Zur Eröffnung des Akademiezentrums sind drei Publikationen entstanden:

  • Ein reichhaltiger Bildband vermittelt einen Überblick über die Historie des Klosters, den Restaurierungsverlauf und das Nutzungskonzept. (Wolfgang A. Herrmann (Hrsg.): Das Akademiezentrum Raitenhaslach der Technischen Universität München, Franz Schiermeier Verlag, München 2016, deutsch/englisch)
  • Mit einem „weltlichen Brevier“ möchte Wolfgang A. Herrmann die Augen und Herzen für das Land zwischen Salzach, Alz und Inn öffnen, das vom Zisterzienserkloster Raitenhaslach über viele Jahrhunderte wesentliche kulturelle Impulse erhalten hat. Das Buch „Stant Cuncta Labore“ (Alles hat durch Arbeit Bestand) trägt als Titel den Sinnspruch des Deckenfreskos von Johann Martin Heigl (1766) in der „Aula Maior“, das aus Mitteln der Messerschmitt Stiftung restauriert wurde. (Wolfgang A. Herrmann: Stant Cuncta Labore – Inspirationen entlang der Salzach, TUM.University Press, München 2016)
  • Als Besonderheit ließ die TUM ein Werk des Raitenhaslacher Klosterkomponisten Albericus Hirschberger (1709 – 1745) spartieren, das heißt in eine für die heutige Aufführungspraxis geeignete Form bringen: die Missa VI. Sanctorum Petri et Pauli aus dem Jahr 1743. Das Werk kommt bei nächster Gelegenheit in der ehemaligen Klosterkirche Raitenhaslach zur Aufführung. (Alberich Hirschberger: Missa VI. Sanctorum Petri et Pauli, aus „Philomela cisterciensis ex valle Bernardina Raittenhaslacensi“, Editio nova, München 2016)

Mehr Informationen:

Akademiezentrum TUM Raitenhaslach

Tag der offenen Tür, Sonntag, 5.6.2016, 10 - 16 Uhr

Hochauflösende Bilder für die redaktionelle Berichterstattung

Das TUM-Akademiezentrum im TV:

"Kloster Raitenhaslach wird Studienzentrum", Sat.1 Bayern, 4.6.2016

"Akademiezentrum Raitenhaslach wird eröffnet", BR Fernsehen, 4.6.2016 (1 Minute)

"Von der Brauerei zur Ideenschmiede - Das Kloster Raitenhaslach als Akademiezentrum", BR Fernsehen, 28.5.2016 (15. Minuten)

Die Verfügbarkeit der Inhalte in den Mediatheken ist unter Umständen zeitlich begrenzt.

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