Podcast „We are TUM“ – Transkript zur sechzehnten Folge

„Einen guten Forschungsvertrag macht aus, wenn alle Partner bei der Unterschrift das Gefühl haben, dass Sie guten Gewissens unterschreiben konnten und die Besten sind die, die man tatsächlich monatelang verhandelt hat, um jede Passage gefeilscht hat und es dann doch so abschließen kann, dass jeder den Vertrag mitgehen kann und ein fairer Kompromiss gefunden wurde.“

[Matthias Kirsch:] Die Frau, die wir gerade gehört haben, heißt Daniela Seidl. Sie ist die „Hidden Champion“ dieser Folge, denn Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen aus der Rechtsabteilung sind ein Pfeiler der TU München, ohne den der Alltag an der Universität, also Forschung, Lehre und Wissenschaft, nicht stattfinden könnte. Herzlich willkommen zu „We are TUM“, der Podcast von und für die Technische Universität München. Mein Name ist Matthias Kirsch und ich begleite Sie durch diesen Podcast. Wie immer stellt Ihnen ganz zu Beginn der Präsident der Universität, Thomas Hofmann, die restlichen Themen der heutigen Episode vor.

[Präsident Thomas F. Hofmann:] Liebe Zuhörende! Künstliche Intelligenz wird unsere Welt verändern, auch die Welt der Wissenschaft. Deshalb war der Besuch von Open AI Gründer Sam Altman an der TUM im Mai dieses Jahres ein wirklich spannender Event. Der Austausch mit den Menschen, die bei der künstlichen Intelligenz die Richtung vorgeben, ist für uns so essenziell, auch für Andreas Fleischmann. Er leitet die zentrale wissenschaftliche Einrichtung ProLehre an der TUM. Damit schaffen wir Hochschul- und mediendidaktische Kompetenzen und spezifische Angebote für Lehrende. Wie wird KI die Forschung und die Lehre an den Universitäten verändern? Darüber spricht er heute. Anschließend lernen wir ein Start-up kennen, das seine ersten Schritte im Umfeld der TUM gemacht hat. Das Start-up „STABL Energy“ hat sich vorgenommen, die Welt der Batterien zu verändern. Sie wollen es einfacher machen, Strom zu speichern in Zeiten von hohen Energiepreisen, also ein Modell der Zukunft. Mitbegründer Nam Truong erzählt von seinen Plänen. Zum Abschluss der Folge gibt die Schreibtrainerin Alexandra Peischer uns fünf Tipps an die Hand. Wie können wir besser und zielgerichteter unsere Haus- und Forschungsarbeiten schreiben und wie können wir Schreibblockaden überkommen? Viel Spaß beim Zuhören!

Spitzenforschung

[Kirsch:] Über Sam Altman redet gerade die ganze Welt. Im Mai war der Gründer und Geschäftsführer von Open AI in Deutschland. Dabei hatte er einen einzigen öffentlichen Auftritt - an der TU in München. Dabei sprach und diskutierte er über seinen Chatbot ChatGPT. Die künstliche Intelligenz hat das Potential, Studium, Lehre und Wissenschaft ganz wesentlich zu verändern. Wie diese Veränderung aussehen kann, darüber hat meine Kollegin Clarissa Ruge mit Andreas Fleischmann gesprochen. Er leitet die zentrale wissenschaftliche Einrichtung ProLehre, Medien und Didaktik an der TUM.

[Clarissa Ruge:] Hallo, Herr Fleischmann, ich freue mich jetzt sehr auf unser Gespräch. Im November 2022 wurde ChatGPT der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Welche Wirkung hat das bislang auf die Hochschullehre gemacht?

[Andreas Fleischmann:] Ich glaube, die ersten Auswirkungen hat es tatsächlich auf die Studierenden. Die haben als erste gemerkt, dass sich da was Großes tut. Ich habe schon Ende November, Anfang Dezember erste Studierende gesehen, die sich bei TikTok ausgetauscht haben, wie man das nutzen kann, um sich beispielsweise Hausarbeiten von ChatGPT schreiben zu lassen. Es hat nicht lange gedauert, bis auch die Lehrenden gemerkt haben, dass sich da was tut. Und dann stand, glaube ich, zuerst mal die Sorge im Vordergrund: Was hat das für Auswirkungen auf Hausarbeiten, auf Seminararbeiten, auf die Prüfungskultur an den Hochschulen? Inzwischen glaube ich, dass der Fokus sich erweitert hat, nicht mehr nur bei den Sorgen liegt, sondern auch das Potenzial gesehen wird, das ChatGPT uns Lehrenden bieten kann.

[Ruge:] Wie können Studierende ChatGPT sinnvoll als Lernhilfe benutzen und eben nicht als Copy-Paste-Quelle?

[Fleischmann:] Da gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten. Zum Beispiel kann man sich mit Hilfe von ChatGPT Texte erst einmal zusammenfassen lassen, um dann zu beurteilen, ob man den ganzen Text lesen braucht oder nicht. Man kann ChatGPT nutzen, um sich aus einem Text Leitfragen oder Lernfragen generieren zu lassen, weil mit einer Fragestellung im Hinterkopf fällt es manchmal leichter, komplizierte Texte zu lesen. Oder man kann sich Lernkarten von ChatGPT erstellen lassen, wo die Vorderseite mit einer Frage ist und auf der Rückseite die Antwort steht beispielsweise.

[Ruge:] Wie kann denn ChatGPT den Lehrenden das Leben leichter machen?

[Fleischmann:] Zum Beispiel beim Erstellen von Gebrauchstexten kann man ChatGPT ganz gut Notizen zuwerfen, und es formuliert dann daraus Texte aus, oder man kann Quizfragen erstellen lassen und Distraktoren daraus. Man kann sich beim Brainstorming unterstützen lassen, und es gibt Tools, wo man Skripte oder Folien hineinwerfen kann, und es kommen dann beispielsweise interaktive Moodle-Elemente heraus.

[Ruge:] Welche Risiken und Nebenwirkungen birgt die Nutzung von ChatGPT im Kontext von Lehre und Lernen an einer Universität?

[Fleischmann:] Leider viele. Ich picke mir mal eine raus. ChatGPT ist nicht drauf trainiert, richtige Antworten zu geben, sondern drauf trainiert, gut klingende Antworten zu geben, und eine Gefahr ist, dass man sich zu sehr darauf verlässt, dass das, was ChatGPT produziert, auch tatsächlich wahr ist. Ich glaube, dass das einer der Gründe ist, warum wir AI Literacy einführen müssen, sodass unsere Studierenden und auch die Lehrenden besser verstehen, was diese Tools wirklich können und was sie nicht können.

[Ruge:] Wer es nicht weiß, was ist AI Literacy?

[Fleischmann:] AI für artificial intelligence und literacy, für Kompetenz, dass man quasi versteht, wie KI funktioniert.

[Ruge:] Können sie einen Ausblick in die Zukunft wagen? Was glauben Sie, wie es in der Hochschullehre hinsichtlich der rasanten technischen Entwicklungen weitergehen wird?

[Fleischmann:] Was ich gerade wahrnehme ist, dass eine starke Spezialisierung bei KI Tools stattfindet. Es gibt inzwischen unzählige Tools, die für verschiedene Spezialzwecke gestaltet sind. Wir versuchen da gerade im Innovation Lab von ProLehre den Überblick zu behalten, aber es ist gar nicht so leicht. Meine Hoffnung ist, dass die Tools, die sich bewähren, dann integriert werden in die Tools, die wir sowieso verwenden, zum Beispiel in Word oder Google, so dass man nicht ständig einen ganzen Zoo von Tools im Blick behalten muss.

[Ruge:] Ich denke jetzt mal zurück an meine Zeit mit Büchern und Fußnoten und glauben Sie, dass das für immer vorbei ist und dass wir sozusagen in eine andere Epoche eintreten? Wie ist Ihre persönliche Meinung?

[Fleischmann:] Ich glaube, dass wir weiterhin Texte lesen und verstehen müssen und dass wir weiterhin auch Texte schreiben müssen. Texte schreiben bedeutet ja nicht nur, dass man ein Produkt erstellt, sondern dass man auch einen Prozess durchläuft, des Verstehens, Durchdringens, bei so einem Prozess kann ChatGPT uns unterstützen, aber ganz abnehmen kann und soll sie uns das auch nicht.

[Ruge:] Vielen Dank, Herr Fleischmann.

Hidden Champion

[Kirsch:] An der TU München gibt es Abteilungen und Menschen, ohne die die Universität stillstehen würde, weil sie zwar im Hintergrund arbeiten, aber unersetzlich sind. Daniela Seidl ist eine dieser Personen. In der Rechtsabteilung, in der Sie arbeitet, erstellen Sie und Ihre Teamkolleg:innen jedes Jahr mehr als 2000 Verträge und garantieren so, dass Forschung und Lehre reibungslos funktionieren können. Meine Kollegin Clarissa Ruge hat mit Daniela Seidl über den juristischen Alltag gesprochen.

[Ruge:] Hallo Frau Seidl!

[Daniela Seidl:] Hallo Frau Ruge! Ich freue mich, hier zu sein.

[Ruge:] Jetzt will ich natürlich gerne etwas Background haben von Ihnen. Bei Rechtsanwälten ist ja nicht typisch, an der Universität zu landen. Warum sind Sie an die TUM gekommen?

[Seidl:] Ich habe vor rund fünf Jahren die Stellenanzeige der TUM gelesen, und da war ich persönlich an einem Punkt in meinem Leben, an dem ich eine Entscheidung treffen musste. Mache ich weiter als selbstständige Anwältin oder ändere ich was? Da war mein großer Wunsch nach Sicherheit, nach geregelten Arbeitszeiten, Urlaub und der Arbeit in einem Team und ich habe mich bei der TUM beworben, und jetzt kommt das Beste: Ich habe es nicht bereut. Ich bin fasziniert von der Forschung, von den Menschen, von den Projekten und was vorangetrieben und geschaffen wird.

[Ruge:] Was unterscheidet die Arbeit hier an einer Universität von der freien Wirtschaft beziehungsweise in Kanzleien?

[Seidl:] Der größte Unterschied ist wohl, dass keine Akquise betrieben werden muss und unsere Arbeit nicht auf „das muss jetzt Geld einbringen“ angelegt ist, zumindest nicht bei uns in der Rechtsabteilung. Ansonsten ist der Unterschied gar nicht so groß. Wie Mandanten in Kanzleien werden die Lehrstühle und die Zentralabteilung von uns beraten, wir verhandeln Verträge, prüfen die Rechtslage, geben Empfehlungen ab und sagen auch manchmal nein, so geht das leider nicht.

[Ruge:] Ein perfekter Tag in der Rechtsabteilung ist, wenn…?

[Seidl:] Wenn ich abends all die Dinge erledigt habe, die ich mir vorgenommen hatte. Wenn das nicht funktioniert - was tatsächlich auch schon mal öfter der Fall ist - dann ist der Tag immer noch nahezu perfekt, wenn all das, was dazwischengekommen ist, zur Zufriedenheit aller erledigt ist. Und wenn das auch nicht funktioniert, dann bin ich zumindest noch zufrieden, wenn ich weiß, es wird eine Lösung geben und wir bekommen das hin.

[Ruge:] Jetzt gehen wir noch mal einen Schritt vor: Wer oder was ist die Rechtsabteilung der TUM?

[Seidl:] Im Moment sind wir 26 Mitarbeitende, davon 20 Juristinnen und Juristen, in Voll- und Teilzeit, und bearbeiten im Schnitt circa 3.000 Vorgänge im Jahr. Das ist dann aufgeteilt in unsere vier Referate: Grundsatzthemen, Hochschulrecht, Forschungskooperation und allgemeine Rechtsangelegenheiten. Und das ist dann tatsächlich von der Fünf-Minuten-Beratung am Telefon bis zur Verhandlung, verschiedenster Vertragsarten und Zeichnung von Förder- und Forschungsverträgen alles Mögliche.

[Ruge:] Und was macht einen guten Forschungsvertrag aus?

[Seidl:] Einen guten Forschungsvertrag macht aus, wenn alle Partner bei der Unterschrift das Gefühl haben, dass Sie guten Gewissens unterschreiben konnten und die Besten sind die, die man tatsächlich monatelang verhandelt hat, um jede Passage gefeilscht hat und es dann doch so abschließen kann, dass jeder den Vertrag mitgehen kann und ein fairer Kompromiss gefunden wurde.

[Ruge:] Oder jetzt andersherum gefragt: Was macht manche Vertragsverhandlungen schwierig oder vielleicht sogar langwierig?

[Seidl:] Der Grund hierfür ist, dass zum Beispiel bei Verhandlungen zwischen der Universität oder einer Forschungseinrichtung und Industriepartnern naturgemäß verschiedene Zielrichtungen bestehen. Eine Universität möchte erforschen und die Ergebnisse aus den Projekten veröffentlichen, in der Lehre nutzen und gegebenenfalls verkaufen. Als staatliche Einrichtung sind wir dann darüber hinaus noch an verschiedene Regelungen gebunden, wie das Beihilferecht oder das Haushaltsrecht. Wir dürfen zum Beispiel nichts verschenken. Ein Industriepartner hingegen möchte Ergebnisse erzielen, um diese dann für das eigene Unternehmen und vor allem für die eigene Produktion zu verwenden. Die Interessen laufen also nicht immer in dieselbe Richtung.

[Ruge:] Alle Berufstätigen eint, dass sie eine Art Lieblingsbeschäftigung haben und das eben nicht so geschätzte Pflichtprogramm. Was sind Ihre zwei Bereiche dazu?

[Seidl:] Tatsächlich habe ich ganz viele Arbeiten, die ich sehr gerne mache. Wenn ich einen Platz eins festlegen muss, dann ist es aber das direkte Gespräch mit anderen Menschen, ob das nun in einer Beratung, in der Vergabe, am Telefon ist oder bei Vertragsverhandlungen und Diskussionen, gerade das miteinander brainstormen und eine Lösung oder einen Kompromiss finden, das finde ich herausfordernd und anspruchsvoll. Absolutes Pflichtprogramm ist es, als Koordinator, einen Vertrag zu konsolidieren. Stellen Sie sich vor, Sie haben einen 28-seitigen Vertrag mit 20 Partner:innen und alle haben verschiedene Wünsche zu verschiedenen Klauseln, die sie Ihnen dann über „Änderungen nachverfolgen“ im Word-Dokument mitgeteilt haben. Und Sie müssen nun alle Meinungen, Kommentare und Änderungswünsche in einem Dokument vereinen. Das hat manchmal einen Touch von Strafarbeit.

[Ruge:] (lacht) Das glaub ich. Okay, Anwälte streiten ja berufsmäßig. Haben Sie schon einmal um der Sache willen richtig gestritten?

[Seidl:] Nein, ich glaube, richtig gestritten habe ich zumindest beruflich noch nicht. Ich denke, der richtige Ausdruck ist sachlich diskutieren. Mit Streiten verbinde ich persönliche Emotionen, die überkochen. Ich bin der Überzeugung, dass man mit Sachlichkeit und Freundlichkeit weiterkommt, als sich aufzuplustern und einen Hahnenkampf aufzuführen.

[Ruge:] Wo sehen Sie Ihre beruflichen Stärken?

[Seidl:] Ich halte mich für lösungsorientiert und empathisch. Und das habe ich übrigens auch vor zig Jahren bei der Berufsberatung in der Schule angegeben. Die meinten dann, ich sollte Jura studieren.

[Ruge:] Was soll in fünf Jahren an der TUM in Ihrem Bereich anders werden?

[Seidl:] Oh, das wäre toll, wenn wir in fünf Jahren die Lieblingsabteilung aller TUMler wären, so ungefähr. Ach ja, ich rufe jetzt mal bei der Rechtsabteilung an. Die tun mir auch gar nichts, und ich werde gut gelaunt und bestens informiert wieder aus dem Telefonat herausgehen. Darauf arbeiten wir hin.

[Ruge:] (lacht) Ich werde in ein paar Jahren nachfragen, ob es geklappt hat. Frau Seidl, vielen Dank für dieses, doch glaube ich, erhellende Gespräch, dass Sie auch mit manchen Vorurteilen aufgeräumt haben und ja, es war schön! Danke Frau Seidl.

[Seidl:] Danke, es hat mir sehr viel Spaß gemacht! Tschüss!

Der junge Blick

[Kirsch:] Batterien sind das Geschäft von STABL Energy, allerdings nicht die kleinen Runden für die Fernbedingung aus dem Supermarkt, sondern große Batterien, die zum Beispiel als Energiespeicher für Solarstrom dienen. Dafür wird bei STABL Energy, eine Ausgründung mit TUM-Beteiligung, eine besondere Innovation genutzt. Mitgründer und Geschäftsführer Nam  Truong spricht mit meinem Kollegen Fabian Dilger darüber, wie die TU für diese Geschäftsidee Anschubhilfe gegeben hat.

[Fabian Dilger:] Herr Truong, vielen Dank für die Einladung und vielen Dank für Ihre Zeit.

[Nam Truong:] Ja gerne, freut mich dabei zu sein.

[Dilger:] Herr Truong, STABL Energy, Ihr Unternehmen bei dem Sie Geschäftsführer sind, das ist nicht nur eine Ausgründung von der TUM, an der Sie studiert und promoviert haben, sondern da sind auch noch andere Universitäten beteiligt, nämlich die Hochschule Osnabrück und die Universität der Bundeswehr hier in München. Wie kam es denn zu diesem Zusammenschluss?

[Truong:] Grundsätzlich hat das Ganze angefangen mit der Promotion von meinem Mitgründer Arthur Singer. Er hat an der Universität der Bundeswehr promoviert. In dem Forschungsprojekt hat die Uni BW - wie wir sie nennen - mit der Hochschule Osnabrück kooperiert, und da kommt auch unser zweiter Mitgründer, Martin Sprehe her, der dort seinen Master abgeschlossen hat und Arthur kennt mich beispielsweise noch aus TUM-Zeiten. Er hatte nämlich auch an der TUM Elektrotechnik studiert. Wir haben uns tatsächlich am zweiten Tag im ersten Semester kennengelernt und daher kamen die Verbindungen zur Gründung. Auf der anderen Seite ist es so: Wir sind ja eine Ausgründung aus der Wissenschaft und waren über den EXIST-Forschungstransfer, also eine Förderung der Bundesregierung, finanziert und da muss die betreuende Universität, in unserem Fall die Universität der Bundeswehr, auch eine „Start-up Acceleration“ durchführen, so wie die UnternehmerTUM. Und weil das an der Universität der Bundeswehr noch ein sehr frisches Thema ist, mit Start-ups, wurde auch die TU München mit zur Hilfe geholt. So entstand die Verbindung, dass wir auch mit der UnternehmerTUM einen super Betreuer für Start-ups gefunden haben.

[Dilger:] Herr Truong, Sie selbst haben nicht nur studiert und promoviert an der TUM, die TUM hat auch, ich würde sagen, ganz handfeste Anschubhilfe geleistet in der Anfangsphase von STABL Energy.

[Truong:] Das stimmt, das war sogar noch vor unserer Gründung. Wir haben nämlich beim TUM-IDEAward teilgenommen und konnten 2018 sogar den zweiten Platz belegen und wir haben dafür ein fünfstelliges Preisgeld gewonnen. Ich weiß leider nicht mehr ganz genau, wofür wir es ausgegeben haben, aber das war für damalige Verhältnisse echt viel Geld, und es war wahnsinnig hilfreich für den Anfang.

[Dilger:] Jetzt stehen im Kern des Geschäfts von STABL Energy Batterien und Batterietechnik. Was unterscheidet denn ihre Batterietechnik? Was ist da die neue Idee gegenüber anderen Unternehmen?

[Truong:] Genau, was mein Mitgründer Arthur Singer quasi in seiner Doktorarbeit entwickelt hat, ist ein neuartiger Batteriewechselrichter. Bei allen Speicherherstellern auf dem Markt werden diese üblichen Wechselrichter verwendet. Um diese zu verwenden, braucht man sogenannte Hochvolt-Packs an Batterien. Das kann man sich vorstellen wie eine lange Kette und wie bei jeder Kette bestimmt das schwächste Glied die Performance. Mit dem neuen Ansatz, den wir entwickelt haben und zur Produktreife gebracht haben, ist das nicht mehr eine lange und empfindliche Kette, sondern die Batterien werden eher wie ein Netz miteinander verwoben, sodass das schwächste Glied nicht die Performance bestimmt, sondern von den noch guten Batterien gestützt wird und so erhalten wir ein viel, viel stabileres und zuverlässigeres System.

[Dilger:] Herr Truong, wir haben jetzt über Batterien gesprochen, man liest aber auch immer wieder den Begriff Energiespeicher bei Ihnen. Was sind denn Energiespeicher? Sind das einfach riesige Batterien und was wird da drin gespeichert, und warum brauchen wir das hierzulande?

[Truong:] Energiespeicher können Batteriespeicher sein, das können auch Pumpspeicherkraftwerke sein. Wir arbeiten tatsächlich mit Batteriespeichern und nutzen den Begriff äquivalent. Also, kann man es sich vorstellen wie eine große Batterie. Das ist richtig. Unsere Kunden sind meistens Unternehmen, die einen sehr hohen Stromverbrauch haben und mehr aus ihrer Photovoltaikanlage selber nutzen möchten, anstatt diese ins Stromnetz zu speisen.

[Dilger:] Ihr Unternehmen verbindet man auch mit Recycling, denn Sie verwenden gebrauchte Batterien aus E-Fahrzeugen für Ihr Geschäft. Wie schaffen Sie es, diese Batterien von E-Fahrzeugen zu recyceln und welche Vorteile bringt es?

[Truong:] Das Geheimnis liegt in unserer Technologie, diese unterschiedlichen Batterien auch zu verwenden. Ich sag mal, der Gedanke, gebrauchte Batterien aus Elektrofahrzeugen wiederzuverwenden, ist jetzt nicht die Innovation schlechthin. Mit den klassischen Systemen, wie es sie auf dem Markt gibt, ist das aber nicht langfristig und nicht nachhaltig möglich, weil der Ausfall dieser Batterien dann doch gravierende Auswirkungen hat auf das Gesamtsystem. Das ist das, was ich vorhin erklärt habe, mit unserer Wechselrichter-Technologie, dass auch einzelne schwache Batterien nicht die gesamte Performance zerstören oder den Betrieb aufhalten können. Diese Technologie, die wir haben, sorgt dafür, dass, auch wenn einzelne Batterien vielleicht schon ausfallen, weil die seit 20 Jahren im Betrieb sind, unser System trotzdem noch sicher und zuverlässig weiter funktioniert.

[Dilger:] Herr Truong, dann vielen Dank für ihre Zeit und für das Gespräch.

[Truong:] Ja, vielen herzlichen Dank für das nette Interview.

Fünf Tipps

[Kirsch:] Zum Abschluss der heutigen Folge kommen wir wieder zu unserer Rubrik fünf Tipps. Dieses Mal geht es um die Schreibblockade. Der Abgabetermin für die Hausarbeit rückt immer näher, doch die Seiten am Computer sind immer noch gähnend weiß. Das ist eine Horrorvorstellung für viele Studierende, doch es gibt Mittel und Wege, eine solche Schreibhemmung aufzulösen. Die Schreibtrainerin Alexandra Peischer hat meinem Kollegen Fabian Dilger fünf Tipps gegeben, wie der Prozess des Schreibens besser gelingt.

[Dilger:] Guten Tag, Frau Peischer, schön Sie zu hören!

[Alexandra Peischer:] Ja, guten Tag, Herr Dilger! Schön, danke für die Einladung, ich freue mich auf unser Gespräch.

[Dilger:] Frau Peischer, dass man ab und zu vor dem leeren Blatt Papier sitzt, das kennt jeder. Aber ab wie vielen Tagen spricht man denn von einer richtigen Schreibblockade?

[Alexandra Peischer:] Es gibt genau genommen eine Unterscheidung zwischen Schreibschwierigkeit, Schreibproblem und Schreibblockade. Blockade ist dann schon das ganz Heftige. Von einer wirklichen Blockade spricht man dann, wenn gar nichts mehr geht über längere Zeit, wenn es sich schon festgesetzt hat. Die meisten Menschen sagen aber trotzdem, ich habe eine Schreibblockade und meinen, sie haben eine Schreibhemmung oder eine Schreibschwierigkeit und das kommt regelmäßig und häufig vor und kennt jeder, und davon kann man immer dann sprechen, wenn man eben gerade nicht weiterkommt.

#1

Mein allererster Tipp ist der, das klingt jetzt vielleicht seltsam, aber Selbstmanagement und Selbstfürsorge. Auch beim Schreiben erwartet man jetzt vielleicht handfeste Tools und Werkzeug. Das ist auch gut. Aber was am wichtigsten ist, gut auf sich selber zu schauen, den Schreibplatz gut herzurichten, die Schreibzeit gut einzurichten, Pausen zu machen, also Rituale zu schaffen, einen geeigneten Raum zum Schreiben zu finden, weil dann geht vieles andere von alleine, wenn ich mir diese Rahmenbedingungen so gut, wie für mich möglich, schaffe.

#2

Tipp Nummer zwei: Trennung von kreativen Phasen und analytischen Phasen. Da muss ich ganz kurz ausholen. Der Schreibprozess ist eben, wie das Wort schon sagt, ein Prozess. Da gibt es nicht, ich starte, und dann ist das fertige Produkt auf dem Papier, sondern da gibt es viele Phasen. Die Ersten, Ideen sammeln, das Recherchieren, aber auch das einfach Drauflosschreiben sind kreative Phasen, und wenn ich die trenne vom späteren Überarbeiten und schöne Sätze daraus formen, dann ist schon viel getan. Dann kann ich zuerst einmal einfach frei schreiben und später überarbeiten, sonst hab ich nichts zum Überarbeiten, weil dann entsteht nichts.

#3

Tipp Nummer drei: Suchen Sie sich Gemeinschaft. Schreibgruppen sind was so Wunderbares, eine Gemeinschaft von anderen Schreibenden, zum Beispiel mit Schreibzeiten, in denen man sich trifft, das kann auch online via Zoom sein oder in der Bibliothek. Irgendwo, wo man gemeinsam schreibt, das heißt jeder und jede an ihrem eigenen Projekt, aber trotzdem gemeinsam in der Pause sich austauschen können, einfach dieses Gefühl, nicht alleine zu sein beim Schreiben, sondern miteinander ein ähnliches Ziel zu verfolgen. Das hilft unglaublich und der positive Effekt: Ich kann dann vielleicht auch einmal jemanden nach Feedback fragen.

#4

Vierter Tipp: die eigenen Ansprüche ein bisschen niedriger halten und nicht den Perfektionismus regieren lassen. Viele werden das kennen: Man möchte die beste aller Arbeiten abgeben und vor lauter „gut sein wollen“, kriegt man gar nichts auf das Papier. Und gleichzeitig gibt es diese inneren Zensoren, diese Stimme, die immer sagt, man ist nicht gut genug und es geht noch besser. Hier hilft es einfach, mit der Stimme in Kontakt zu treten, also zum Beispiel mit ihr zu sprechen oder sogar einen Dialog zu schreiben, am Papier und um die Erlaubnis zu bitten, einfach zuerst mal frei zu schreiben und später dann das Ganze schön zu machen.

[Dilger:] Jetzt haben sie schon einige Tipps gegeben, wie Studierende sich selbst behelfen können. Aber wann ist es wirklich an der Zeit und wann ist es wirklich die Situation, wo man alleine nicht mehr weiterkommt und wie kann dann Hilfe von außen aussehen?

#5

[Peischer:] Mein Tipp Nummer fünf betrifft die professionelle Hilfe von außen, also etwas, wenn die anderen Tipps auf Dauer nicht helfen. Wenn jemand das Gefühl hat, es kommt immer wieder das gleiche Thema, immer wieder das gleiche Problem. Ich stecke immer wieder an der gleichen Stelle, also nicht nur bei einer Arbeit, sondern häufiger. Das wäre für mich so ein Zeichen von außen Hilfe zu holen. Ein paar Tage ist das völlig okay, dann kommt plötzlich wieder eine Phase, wo es fließt. Aber wenn es über mehrere Wochen geht, dann ist es Zeit, Hilfe zu holen, zum Beispiel in Form eines Schreibcoaches, einer Schreibcoachin. Oder es gibt in vielen Universitäten schon Schreibberatungszentren oder auch Schreibwerkstätten, wo man ein bisschen Handwerkszeug lernen kann, also Techniken, die helfen. Das alles meine ich mit professioneller Hilfe. Wenn man googelt, findet man auf den Hilfeseiten der Universitäten wahrscheinlich schon etwas. Da gibt es inzwischen schon ein gutes Angebot. Oft hilft schon wenig, um wieder in den Fluss zu kommen.

[Dilger:] Frau Peischer, vielen Dank für ihre Tipps zum Thema Schreibhemmungen und Schreibblockaden. Die helfen bestimmt schon manchen Studierenden jetzt in der Seminararbeitsphase weiter.

[Peischer:] Ich wünsche allen Studierenden, dass sie ihre Blockaden überwinden und Freude am Schreiben finden. Das wäre das Allerbeste. Freude an diesem kreativen Tun! Auch wissenschaftliches Schreiben ist immer kreativ und darf Freude machen.

[Kirsch:] Und das war es schon für diese Folge von „We are TUM“. Auch in der nächsten Folge sprechen wir wieder über Spitzenforschung, das Studienleben und all die Menschen, die die TUM zu dem einzigartigen Ort machen, der sie ist. Das war „We are TUM“. Diese Folge wurde produziert von Fabian Dilger, Clarissa Ruge, der ProLehre-Medienproduktion, und von mir, Matthias Kirsch. Das Sounddesign und die Postproduktion gestaltet Marco Meister von Edition Meister aus Berlin. Bis zur nächsten Folge. Kommen Sie mit uns und entdecken Sie die großen und die kleinen Geheimnisse der TU München.

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