Silber bei den Paralympics in Rio:
Laura Fürst studiert Maschinenwesen in Garching
TUMstudinews: Seit ein paar Wochen bist Du aus Rio zurück. Was sind so die bleibenden Eindrücke von den Spielen?
Laura Fürst: Die Stimmung bei unseren Spielen war einfach immer richtig gut. Die Einheimischen heißen in Rio „carriocas“ und die feuern wirklich super an. Das ist etwas ganz Anderes, als man es aus Deutschland kennt.
Herzlichen Glückwunsch zur Silbermedaille. Das muss ein tolles Gefühl gewesen sein.
Ja, für mich war das wirklich der Wahnsinn. Ein paar Mädels aus meinem Team hatten 2012 in London Gold gewonnen. Sie waren am Anfang ein wenig enttäuscht. Man muss allerdings einfach sagen, dass wir beim Finale keinen guten Tag hatten und die Amerikanerinnen uns von Anfang an überlegen waren, trotzdem haben wir uns in der zweiten Spielhälfte wieder heran gekämpft. Am Schluss haben die Amerikanerinnen allerdings verdient gewonnen.
Hattest Du auch Zeit privat etwas in Rio anzuschauen?
Wir sind ja schon am 1. September angereist und in der Woche vor den Paralympics waren wir zwei Nachmittage in der Stadt unterwegs. Wir hatten nur einmal am Tag Training und das war eine sehr gute Abwechslung, um nicht völlig ungeduldig zu werden. Sonst habe ich leider nichts gesehen, denn als die Spiele losgingen, blieb für Sight Seeing überhaupt keine Zeit mehr. Nach den Paralympics hab ich dann noch fünf Tage Urlaub mit meinem Freund gemacht. Wir waren bei den Iguazu Wasserfällen. Die sind mitten im Regenwald und es war total schön dort, nach dem ganzen Trouble, ein bisschen runterkommen zu können.
Was sagst Du zu der Stadt?
Rio ist einfach riesig und total abwechslungsreich. Auf der einen Seite stehen Hochhäuser, während auf der anderen Seite bunte Favela Siedlungen sind. Die enorme Kluft zwischen Arm und Reich fällt da total auf.
Gibt es einen großen Unterschied zwischen der olympischen und der paralympischen Unterstützung?
Die Medaillenprämien wurden dieses Jahr angepasst. Die Sporthilfeförderung im A-Kader fällt unterschiedlich aus. Man merkt es wahrscheinlich am meisten im Sponsoringbereich. Durch das ganze Inklusionsthema bekommen wir allerdings gerade mehrl Aufmerksamkeit. Da wird also momentan viel gemacht. Ich denk` allerdings, dass die geringere Förderung allgemein ein Problem der Randsportarten ist und gar nicht unbedingt etwas mit den Paralympics zu tun hat.
Du erhältst außerdem ein spezielles Stipendium.
Richtig. Das Deutsche Bank Sport-Stipendium fördert Studenten ab dem 3. Semester, die Leistungssportler im A-Kader sind. Diese monatliche Förderung ist sehr wichtig, weil neben Studium und Leistungssport keine Zeit für einen Nebenjob bleibt.
Seit wann spielst Du schon Rollstuhlbasketball?
Während einem Auslandsjahr in Michigan in der 11. Klasse hatte ich meinen Unfall mit dem Snowmobil. Daraufhin war ich ein halbes Jahr in der Klinik in Murnau und dort habe ich Rollstuhlbasketball kennengelernt. Ich habe vor meinem Unfall wahnsinnig viel Sport gemacht und für mich war klar, dass ich das auch weiterhin machen will. Der Sport hat mir nach meinem Unfall wahnsinnig geholfen. Man lernt andere Leute kennen, denen es ähnlich ergangen ist, und kann sich einfach auspowern.
Wann wurde das Ganze dann professionell?
2009 habe ich zum ersten Mal in der Liga gespielt. Ich hatte das Glück, dass der Nachwuchs im Rollstuhlbasketball zu der Zeit besonders im Frauenbereich extrem gefördert wurde. Im normalen Ligabetrieb spielen wir nämlich in gemischten Teams. 2010 wurde eine U25 Nationalmannschaft für Frauen gegründet, in der ich dabei war. 2011 fand dann die erste U25 WM für Frauen in Toronto statt. Das Niveau in der Frauennationalmannschaft ist in Deutschland echt hoch und so hab ich es 2012 leider nicht in den Kader geschafft.
Hast Du dann noch mehr trainiert?
Nach meinen vier Semestern Grundstudium bin ich noch einmal nach Amerika gegangen. Mit Hilfe eines Teilstipendiums über Rollstuhlbasketball bin ich an die Whitewater University in Wisconsin gekommen. Dort habe ich zwei Semester „Physical engineering“ studiert und in einer Frauenmannschaft sehr viel Basketball gespielt. Das hat mir echt super gut gefallen und auch sportlich gesehen richtig viel gebracht.
Und danach hast Du es dann in die deutsche Nationalmannschaft geschafft?
Genau. Das war dann 2014. Damals sind wir bei der WM Zweiter geworden und letztes Jahr haben wir die EM gewonnen. Rio war bisher allerdings das Größte für mich. Das war von Anfang an mein Traum.
Du studierst ja Maschinenbau an der TUM. Wie bekommst du so ein anspruchsvolles Studium mit Deinem Leistungssport unter einen Hut?
Ehrlich gesagt ist Maschinenbau sogar entgegenkommend, was den Leistungssport angeht. Ich habe keine Anwesenheitspflicht und kann mir den Stundenplan selbst zusammenstellen. So kann ich mir das Ganze ein wenig selbst einteilen. So war es möglich, dass ich im Sommer insgesamt zwei Monate weg war. Ich bekomme viel Stoff von meinen Kommilitonen und versuche viel mitzuarbeiten, während ich unterwegs bin. Das war am Anfang schon ziemlich knackig.
Hast Du vor den Spielen reduziert?
Ja, sicher. Letztes Semester habe ich ein wenig runtergefahren und nur drei Prüfungen geschrieben, um vor den Paralympics noch mehr Zeit für den Sport zu haben. Ich denke, dass der Sport momentan mit dem Studium noch besser zu vereinen ist als später, wenn ich im Job voll durchstarten will.
Hast Du schon eine Vorstellung, in welche Richtung es gehen soll?
Noch nicht ganz genau. Ich will auf alle Fälle noch ein Praktikum machen, um mehr Erfahrung zu sammeln. Ich könnte mir auch vorstellen, in die Richtung meiner Semesterarbeit zu gehen. Die hat sich mit der Effizienzsteigerung von LKW-Motoren durch Abgaswärmerückgewinnung beschäftigt.
Wie soll es sportlich weitergehen?
Im Sommer war ich insgesamt drei Monate mit der Nationalmannschaft unterwegs, wodurch natürlich immer viel Energie und die komplette Freizeit draufgeht. Mal schauen, wie lange das noch so weitergeht. Gerade nach Rio hab` ich aber natürlich erstmal sehr viel Lust weiterzumachen.
(Interview: Verena Pongratz)
Laura Fürst ist 25 Jahre alt und in München geboren. Gerade ist sie im 3. Semester des Masters Maschinenwesen. Ihren Bachelor hat sie in Energie und Prozesstechnik ebenfalls an der TUM gemacht.
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