Podcast „We are TUM“ – Transkript zur fünfzehnten Folge

„Ich glaube, das häufigste Klischee, das ich höre, ist: Wie lange muss man in Weihenstephan leben oder studieren, bis man Braumeister wird? Dass es quasi weniger um die Studieninhalte geht, als einfach um den Lebensraum Weihenstephan, durch den man zum Bier geführt wird.“

[Moderator Matthias Kirsch:] Das ist Jakob Schwarz. Er ist gelernter Brauer. Seine Ausbildung und Bierexpertise hat er aus Weihenstephan, wo die TU München den Studiengang Brauwesen und Getränketechnologie anbietet. In dieser Folge erzählt Jakob Schwarz, warum sich das Brauwesen nicht nur an Bierbegeisterte richtet und welche Bier-Klischees überhaupt nicht zutreffen. Herzlich Willkommen zu „We are TUM“, dem Podcast von und für die Technische Universität München. Mein Name ist Matthias Kirsch und ich begleite Sie durch diesen Podcast. Wie immer stellt Ihnen ganz zu Beginn der Präsident der Universität, Thomas Hofmann, die restlichen Themen der heutigen Episode vor.

[Präsident Thomas F. Hofmann:]
Liebe Zuhörende, die Wissenschaft, so sagt man, strebt nach Wahrheitsfindung. Häufig gehört es aber auch zur Wissenschaft, alte Wahrheiten über den Haufen zu werfen und neue Erkenntnisse zu finden. Doch anscheinend stehen Teile unserer Gesellschaft wissenschaftlichen Fakten zunehmend skeptisch gegenüber. Vertrauen Menschen der Wissenschaft heute wirklich weniger als früher? Darüber sprechen wir mit dem TUM-Forscher Stefan Esselborn und seinem Kollegen Sascha Dickel von der Universität Mainz. Die Hidden Champions dieser Folge sorgen dafür, dass Mitarbeitende und Studierende an der TUM so gesund sind wie möglich. Nina Schaller und Anika Berling-Ernst vom Projekt „TUM Gesunde Hochschule” erklären uns, warum kleine Gewohnheiten große gesundheitliche Auswirkungen haben können. Zum Abschluss der Folge geht es dann ins Ausland – oder besser gesagt: in die Vorbereitung für den Auslandsaufenthalt. Was müssen Studierende beachten, wenn sie ein Erasmus- oder Auslandssemester planen? Zu Gast haben wir Stephan Geifes vom Deutschen Akademischen Austauschdienst. Er teilt seine Tipps mit uns – damit einer erfolgreichen Auslandserfahrung wirklich nichts mehr im Weg steht. Viel Spaß bei „We are TUM“!

Spitzenforschung

[Kirsch:] In den vergangenen Jahren hat sich in den großen gesellschaftlichen Debatten ein neuer Begriff etabliert. Immer wieder ist die Rede von einem „postfaktischen Zeitalter“ – das bedeutet, objektive Wahrheiten würden ignoriert. Die Frage, wie Wissen etabliert und glaubhaft gemacht wird, ist für die Wissenschaft deswegen brandaktuell. Die Forschungsgruppe „Evidenzpraktiken“ forscht genau zu diesen Themen. Interdisziplinär und Uni-übergreifend. Stefan Esselborn von der TU München und Sascha Dickel von der Uni Mainz sprechen mit meiner Kollegin Clarissa Ruge über das Vertrauen in die Institution Wissenschaft und über die Ähnlichkeiten unserer heutigen Debatten mit jenen aus vergangenen Zeiten.

[Clarissa Ruge:]
Lieber Herr Dickel, warum vertrauen viele Menschen bei strittigen Themen der Wissenschaft eben nicht?

[Sascha Dickel:]
Stellen wir uns mal vor: Sie gehen zum Arzt, weil Sie eine Erkrankung haben, dann kennen Sie diese Person ja gar nicht. Warum sollten Sie eigentlich dieser Person vertrauen? Und die Antwort, die Soziologie auf diese Frage gibt, ist, dass Sie das Vertrauen in die Institution Wissenschaft haben. Und immer dann, wenn Leute der Wissenschaft nicht mehr vertrauen, dann heißt das, dass es gar nicht so sehr mit den konkreten Personen zu tun haben muss, sondern es kann auch sein, dass eben dieses Vertrauen in die Institution Wissenschaft nicht mehr so einfach gegeben ist.

[Ruge:]
Und wie kann man wissen, was glaubwürdiges Wissen ist?

[Stefan Esselborn:]
Man könnte es vielleicht grob in drei Punkten zusammenfassen. Es gibt institutionelle Möglichkeiten, das heißt, ich vertraue der Institution, die dieses Wissen produziert hat. Deshalb schätze ich es als glaubwürdig ein. Über methodische Ansätze, das heißt, ich sehe, wie dieses Wissen produziert worden ist und das ist eine Methode, die ich als glaubwürdig einschätze. Also, zum Beispiel ganz wichtig: die wissenschaftliche Methode. Oder drittens, partizipativ könnte man das nennen, im Sinne von, ich habe Möglichkeiten irgendwie an der Produktion dieses Wissens beteiligt zu werden, da mitzuwirken, und deshalb glaube ich daran. Und diese drei Elemente, könnte man sagen, lassen sich natürlich auf verschiedene Art und Weise mischen. Historisch gesehen ändert sich da immer, was jeweils betont wird. Zum Beispiel, wenn man die ganz frühe Wissenschaft anschaut, da ist Partizipation sehr wichtig. In Form von öffentlichen Experimenten und sowas. Das ändert sich je nachdem, wo man sich gerade befindet.

[Ruge:]
Sind komplexe wissenschaftliche Zusammenhänge und Evidenzkritiken der Öffentlichkeit überhaupt vermittelbar und wenn ja, warum scheint das so häufig zu misslingen?

[Dickel:]
Genau das ist das Herz unserer Forschungsgruppe. Wir wollen herausfinden, wie eigentlich Wissen glaubwürdig wird. Das ist, was wir unter Evidenzpraktiken verstehen: Die Arten und Weisen, wie Wissen glaubwürdig gemacht wird. Und wenn man sich die moderne Welt anschaut, dann würde ich schon sagen, dass dieses Vertrauen in Institutionen, die Wissen produzieren, eigentlich das Dominante – die dominante Form ist –, wie wir Wissen eine Glaubwürdigkeit zuschreiben. Weil die meisten Sachverhalte sind so komplex, da sind wir alle Laien. Selbst ich als Wissenschaftler bin ja bei den meisten wissenschaftlichen Fragestellungen ein absoluter Laie. Das heißt, ich komme gar nicht umhin, dem zu vertrauen, was mir andere Wissenschaftler:innen erzählen. In den meisten Fällen, würde ich sagen, sind wir dem Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der Institutionen schon relativ ausgeliefert.

[Ruge:]
Was war anders im Verhältnis von Wissenschaft, Öffentlichkeit und Medien in den 1980er-Jahren gegenüber heute?

[Esselborn:]
Aus unserer Sicht ist es vielleicht sogar noch interessanter zu fragen, was hat sich nicht geändert? Wenn wir auf die 1970er-, 1980er-Jahre zurückschauen, dann fällt uns tatsächlich auf, wie viele Ähnlichkeiten und Parallelen hier eigentlich bestehen. Das kommt natürlich nicht von ungefähr. In der Geschichtswissenschaft ist schon länger bekannt, dass die 1970er-Jahre in vielerlei Hinsicht auch eine Art Übergangszeit darstellen, in der neue Konstellationen entstehen, in der neue Themen aufgeworfen werden. In abstrakter Hinsicht sowas wie Diskussionen um Partizipationsmöglichkeiten in der Wissenschaft oder zum Beispiel um mediale, wenn man es so nennen will, Filterblasen. Also die Idee, dass sich Leute in ihrem eigenen Medienkosmos eingraben und man sie nur ganz schwer erreicht. Das sind eigentlich alles Themen, die man zu dieser Zeit schon in der öffentlichen Diskussion finden kann.

[Ruge:]
Stichwort ‚Forschungsgruppe‘: Sechs Jahre mit vierundzwanzig Wissenschaftler:innen. Diesen April haben Sie Ihre Ergebnisse vorgestellt. In der Forschung und in der Zusammenarbeit – was werden Sie am meisten vermissen?

[Dickel:]
Oh, was ich am meisten vermissen werde, ist bestimmt die ganz intensive, interdisziplinäre Arbeit. Also gerade, wenn man mit Leuten, die aus anderen Fächern kommen, zusammenarbeitet, dann merkt man eigentlich genau, wie sehr man Laie ist. Wie wenig man weiß oder die Wege und Mittel der anderen versteht, wie die eigentlich zu ihren Erkenntnissen kommen. Und das war eine extrem fruchtbare Zeit, sowas einfach mal aus der Nähe zu betrachten und darüber miteinander immer wieder ins Gespräch zu kommen.

[Esselborn:]
Ja das kann ich eigentlich nur unterstreichen. Diese gemeinsame Perspektive auf ein theoretisches Thema hat mir persönlich auch sehr geholfen, neue Perspektiven zu entwickeln auf denen, die aus meinem disziplinären Kontext heraus entstehen. Das ist sicher etwas, was ich vermissen werde. Jetzt abgesehen natürlich von der Zusammenarbeit mit meinen Kollegen.

[Ruge:]
Vielen Dank für das Gespräch.

Hidden Champion

[Kirsch:] Gesund leben und gesund bleiben. Das kann man nicht einfach mal so in die Freizeit outsourcen, sondern ein gesunder Lebensstil kann immer und überall verfolgt werden. Auch während man an der Universität studiert oder arbeitet, kann man etwas für seine Gesundheit tun. Da geht es oft um kleine Dinge, die zur Gewohnheit werden können. Wie das geht und was für Angebote es dafür an der TU München gibt, darüber hat mein Kollege Fabian Dilger mit Nina Schaller und Anika Berling-Ernst gesprochen. Die Hidden Champions dieser Folge sprechen über das Projekt „TUM Gesunde Hochschule“, ein Angebot von TUMgesund, dem Gesundheitsmanagement der TU München.

[Fabian Dilger:]
Frau Berling-Ernst, schön, Sie zu sehen. Guten Tag, Frau Schaller. Frau Berling-Ernst, wenn man sich wie Sie überwiegend mit Gesundheitsthemen beschäftigt, sieht man dann eigentlich an jeder Ecke nur noch das Böse und das Schlechte und die Versuchung lauern?

[Anika Berling-Ernst:]
Nein, so ist es natürlich nicht. Man ist selber reflektierter und sensibilisierter für das Thema. Gerade zusammen mit meiner Kollegin Nina Schaller, die Ernährungswissenschaftlerin ist. Ich komme aus dem Sportbereich, da spornt man sich natürlich auch gegenseitig an, mit dem Rad zur Arbeit zu kommen, aktiv zu sein, auch selber die Treppe zu benutzen und nicht den Fahrstuhl. Und man muss den Blick ja auch auf das Positive lenken: In den letzten zehn, fünfzehn Jahren ist wahnsinnig viel passiert, was die betriebliche Gesundheitsförderung angeht, was Möglichkeiten für Mitarbeiter bietet, auch am Arbeitsplatz aktiv zu sein.

[Dilger:]
Frau Schaller, das Projekt „TUM Gesunde Hochschule“ ist etwas anders als das betriebliche Gesundheitsmanagement der TUM. Wie ist das Projekt denn entstanden? Wer ist da für was zuständig?

[Nina Schaller:]
Ja, das Projekt ist eigentlich ein Teil von TUMgesund. Unser ärztlicher Direktor, Professor Halle, hatte damals die Vision einer „healthy university“ und damit verschiedene Maßnahmen für die Gesundheit der Mitarbeiter anzubieten. Und daraufhin haben wir geschaut, welche Strukturen es bereits gibt und sind dabei mit TUMgesund, der eigentlichen BGM-Struktur an der TU München, in Kontakt gekommen. Und parallel dazu gab es bereits Gespräche mit der Techniker Krankenkasse, die auch in diesem Setting Hochschule sehr aktiv sind. Und da haben wir dann eine gemeinsame Kooperation gegründet, eben in dem Projekt „TUM Gesunde Hochschule“

[Berling-Ernst:]
Dass wir diese Sportkurse so anbieten können sowie auch alle unsere anderen Maßnahmen verdanken wir natürlich unseren Kooperationspartnern der Techniker Krankenkasse, sowie auch TUMgesund, wofür wir sehr, sehr dankbar sind.

[Dilger:]
Was hat denn das Projekt „Gesunde Hochschule“ alles in seinem Portfolio? Zählen Sie doch mal drei Sachen auf, mit denen Sie uns an der TUM alle gesünder machen.

[Berling-Ernst:]
Ja, wir haben verschiedene Maßnahmen im Bereich der Verhältnis- und Verhaltensprävention. Wir haben verschiedene Sportkurse angeboten, sowohl online als auch in Präsenzform. Wir haben eine Sportkiste am Standort Garching, die man sich ausleihen kann. Und natürlich unsere Highlights, wir haben das Forum „TUM Gesunde Hochschule“, das wir schon einmal 2018 durchgeführt haben.

[Schaller:]
Jetzt gibt es das Projekt „Gesunde Hochschule“ aber noch nicht an allen Standorten der TUM, sondern nur an einem.

[Berling-Ernst:]
Ja. Das war ursprünglich als Pilotprojekt gedacht und da hatten wir uns eben einen Standort herausgesucht, den Standort Garching, wo wir unsere Maßnahmen in einem überschaubaren Rahmen umsetzen können und gute Strukturen vorfinden, auch personelle Unterstützung. Und das ist uns mittlerweile sehr gut gelungen. Das Projekt läuft jetzt seit 2017 dort. Trotzdem gibt es die Möglichkeit, auch für andere Standorte einzelne Bestandteile unseres Projekts anzufragen oder auch an diesen Standorten umsetzen zu können.

[Dilger:]
Wer in Garching aufmerksam durch das Gelände geht, der wird auch ab und zu Poster von Ihnen sehen, denn mit diesen Postern werben Sie dafür, dass man statt dem Aufzug die Treppe nimmt.

[Schaller:]
Mit dieser Treppenaktion, die wir in Garching gestartet haben und die wir jetzt mittlerweile an weiteren Standorten der TUM ausbauen wollen wollen wir auf eine etwas humorvolle Art die Mitarbeiter dazu anstupsen, das sogenannte „Nudging“, dazu motivieren, die Treppe zu nehmen statt den Aufzug. Mit diesen kleinen Maßnahmen versuchen wir, an ganz kleinen Schrauben Veränderungen im Verhalten zu bewirken, die aber langfristig einen großen Effekt haben.

[Dilger:]
Das klingt ja alles gut, wenn ich einmal die Treppe statt den Aufzug nehme, aber wie bringt man denn Menschen dazu, wirklich dauerhaft ihr Verhalten zu ändern?

[Berling-Ernst:]
Das ist eine sehr gute Frage, mit der sich die Wissenschaft ja auch schon lange beschäftigt. Wir sehen immer zum Neujahr die guten Vorsätze. Und dann gehen die Anmeldezahlen in den Fitnessstudios nach oben und nach spätestens drei, vier Wochen – 1-2 Monate für die, die gut sind – treten die ersten wieder aus und der gute Vorsatz ist dahin. Das ist tatsächlich eine Herausforderung, die körperliche Aktivität dauerhaft beizubehalten. Wir versuchen mit diesen Aktionen erste Anreize zu schaffen, den ersten Schritt in die richtige Richtung zu machen und nach und nach erhoffen wir uns darüber, dass die Mitarbeiter die positiven Effekte merken, das Treppensteigen wird immer einfacher, man hinterfragt es nicht mehr jeden Morgen, gehe ich die Treppe, sondern es wird dann selbstverständlich. Es geht einfach über.

[Dilger:]
Um die Gesundheit am Arbeitsplatz zu verbessern, kann jede und jeder Einzelne etwas tun. Aber es gibt noch einen anderen, einen größeren Hebel, an dem Sie zum Beispiel ansetzen. Nämlich bei den Führungskräften.

[Schaller:]
Ja genau. Wir versuchen innerhalb des Projekts auch gezielt die Führungskräfte anzusprechen, weil die Führungskräfte eben eine herausragende Rolle haben bei der Umsetzung und bei der Unterstützung von Gesundheitsmaßnahmen. Das heißt, die Führungskräfte haben ja einerseits eine Vorbildfunktion, mit gutem Beispiel voranzugehen und einen guten Lebensstil zu führen. Und auf der anderen Seite aber auch die Verantwortung gegenüber dem Mitarbeiter, Möglichkeiten oder Gesundheitsmaßnahmen erst zu ermöglichen und auch den Mitarbeitern entsprechende Maßnahmen und Schulungsmaßnahmen zukommen zu lassen.

[Dilger:]
Frau Schaller und Frau Berling-Ernst, vielen Dank für das Gespräch und bleiben Sie gesund.

[Schaller:]
Vielen Dank, dass wir hier sein durften.

[Berling-Ernst:]
Ja, Ihnen auch vielen Dank.

Der junge Blick

[Kirsch:] Bayern ist Bier-Land. Das ist klar. Und die TU ist eine der wenigen Universitäten in ganz Deutschland, an der sich Studierende akademisch mit dem Thema Bier beschäftigen können. Aber der Studiengang Brauwesen und Getränketechnologie am TU-Standort Weihenstephan beschränkt sich nicht nur auf Bier. Jakob Schwarz, der gelernter Brauer und Mälzer ist und seinen Master als Brauer an der TU München gemacht hat, hat mit meinem Kollegen Fabian Dilger über Klischees und über alte und neue Traditionen im Brauwesen gesprochen.

[Dilger:]
Guten Tag, Herr Schwarz.

[Jakob Schwarz:]
Hallo. Guten Tag, danke für die Einladung.

[Dilger:]
Herr Schwarz, wenn man Brauwesen und Getränketechnologie studiert, dann hört man bestimmt immer mal wieder so einige Klischees, wenn man seinen Studiengang preisgibt. Was sind denn da die lustigsten oder abwegigsten Sachen, die man hört?

[Schwarz:]
Ich glaube, das häufigste Klischee, das ich höre, ist: Wie lange muss man in Weihenstephan leben oder studieren, bis man Braumeister wird? Dass es quasi weniger um die Studieninhalte geht, als einfach um den Lebensraum Weihenstephan, durch den man zum Bier geführt wird. Und das zweite Klischee, was ich immer sehr lustig finde, ist, dass ich gar keinen Bart habe. So über die letzten Jahre ist das ein Wahnsinns-Klischee geworden, dass ganz viele, ganz hippe Braumeister mit Bart daherkommen und total cool aussehen. Ich kann von meinen Kommilitonen sagen, dass die meisten gar keinen Bart tragen. Insbesondere wenn man im Lebensmittelbereich ist, da trägt man eher ein Bartnetz und ein Haarnetz.

[Dilger:]
Jetzt haben wir bei den Klischees schon ein bisschen das Thema Bier angerissen. Ist denn diese Gleichung, die man bei diesem Studiengang immer ein bisschen im Hinterkopf hat – also, Brauwesen ist gleich Bier – ist die richtig, oder gibt es da nicht noch viel mehr?

[Schwarz:]
Ich würde sagen, sie ist zum Teil richtig. Brauwesen ist schon unser Fokusfach, das Thema Bier. Wir lernen aber auch ganz viel über die Herstellung von alkoholfreien Getränken. Zum Beispiel Wasser, Säfte, Nektare. Wir haben in den Wahlfächern die Möglichkeit, uns gezielter zu Themen zu spezialisieren. Ich habe ein sehr spannendes Wahlfach zum Thema Wein belegt, ich konnte eine Vorlesung über Spirituosentechnologie besuchen und hören, dort bekommen wir Einblicke in unterschiedliche Getränke. Wenn man den Getränkebereich ein bisschen verlässt, dann haben wir benachbarte Studiengänge, die einen Teil der Vorlesungen mit uns haben, insbesondere im technischen Teil. Da geht man dann mehr auf Lebensmittel, wie zum Beispiel Milch, ein. Das ist ja flüssig, aber es gehört zu den Lebensmitteln. Und wir haben Bioprozesstechnik-Studenten, die dann Fermentationsprozesse durchführen, die wir eben nicht trinken. Aber diese Themen sind doch alle irgendwie mit Brauwesen verwandt.

[Dilger:]
Der Studiengang Brauwesen, der ist kein ganz alltäglicher. Wie ist denn die Zusammensetzung der Leute in diesem Studiengang und was ist denn die Motivation, dass man sich sowas Spezielles aussucht?

[Schwarz:]
Die Zusammensetzung ist total unterschiedlich. Das heißt, ich habe Kommilitonen, die hier aus München kommen, die die Universität kennen und daher auch den Studiengang, weil man wird doch im Kontext der TUM immer wieder darauf hingewiesen, dass man Brauwesen dort studieren kann. Ich habe Kommilitonen, die kommen aus dem Norden Deutschlands. Also die Zusammensetzung in unserem Studiengang ist sehr vielfältig. Ich habe Kommilitonen, die haben ein wahnsinniges Interesse an technischen Fragestellungen und sind dann wahrscheinlich über die Internetrecherche über die Studiengangwahl dazu gekommen. Denn unser Studiengang ist sehr technisch. Auf der anderen Seite lernen wir wahnsinnig viel zum Thema Physik, Chemie und Biologie. Das heißt, wenn man dort einen Interessensschwerpunkt im Abitur hat, kann einen das auch durchaus dazu bringen, Brauwesen zu studieren. Ich glaube, dass das Internet heutzutage einiges möglich macht. Und auf der anderen Seite führt eine gewisse Begeisterung für das Produkt dazu, sei es Bier, seien es alkoholfreie Getränke.

[Dilger:]
Fachlich sollte man also ein gewisses Interesse an den Naturwissenschaften mitbringen. Aber was sind denn noch so für Charaktereigenschaften, die gut wären, wenn man in den Studiengang Brauwesen will?

[Schwarz:]
In meinen Augen ist eine gewisse Offenheit zu sämtlichen Themen immer gut. In der Getränkeindustrie gibt es viele Neuerungen und viele Trends. Wenn man da mit offenen Augen durchs Leben geht, ist das in jedem Fall ein spannender Aspekt. Und aus meiner Perspektive sind viele Braumeister und Braumeisterinnen sehr kontaktfreudig. Das heißt, wenn die sich treffen, geht es immer lustig zu und wenn man diese Ader in sich hat, dann ist man natürlich in Weihenstephan herzlich willkommen.

[Dilger:]
Das Brauen von Bier ist natürlich ein sehr altes Handwerk, in dem es um Tradition und Traditionspflege geht. Gibt es denn in dem Studiengang auch so manche Traditionen, vielleicht auch neueren Ursprungs?

[Schwarz:]
Brauer und Braumeister sind sehr traditionell veranlagt. Seit vielen Jahren benutzen wir oder verwenden wir die Regeln des Reinheitsgebots beim Bierbrauen. In Weihenstephan hat sich eine andere Tradition herauskristallisiert in den vergangenen Jahren: Jeder Student und jede Studentin, die ihren Studienabschluss im Fach Brauwesen, Lebensmitteltechnologie und Bioprozesstechnik in Weihenstephan macht, bekommt zum Abschluss des Studiengangs einen Maßkrug geschenkt bei der Absolventenverabschiedung. Und drumherum organisiert die Fachschaft das Sommerfest der Braustudenten. Und das ist ein sehr großer würdiger Abschluss für ein langes Studium.

[Dilger:]
Der Studiengang Brauwesen, den gibt es in Deutschland wirklich nicht oft. Freising ist da einer von ganz wenigen Standorten. Was macht denn aus Ihrer Sicht die Stadt und den TUM Campus da zu einem sehr guten, wenn nicht sogar einem perfekten Standort?

[Schwarz:]
Freising ist seit jeher die Wiege des Biers. Am Tag des Biers veranstaltet die Stadt Freising ein großes Fest in der Stadt, an dem das Reinheitsgebot gefeiert wird und es auch nochmal vorgelesen wird. Und die Universität ist um die Brauerei, um die Staatsbrauerei drumrum entstanden. Und deswegen hat sich dort sehr viel Wissen zum Thema Bier angesiedelt und auch der Lehrstuhl für Brau- und Getränketechnologie und über die Jahre ist dieses Konstrukt wahnsinnig gewachsen und es ist ein sehr großes Lebensgefühl mit dem Thema Bier in Freising entstanden. Wir haben sehr viele Biergärten, aber das ist ja allgemein ein bayerisches Traditionsgut.

[Dilger:]
Herr Schwarz, ich danke Ihnen für die Einblicke.

[Schwarz:]
Sehr gerne, ja danke.

Fünf Tipps

[Kirsch:] Zum Abschluss der heutigen Folge kommen wir wie immer zu unserer Rubrik ‚Fünf Tipps‘. Diesmal geht es um das Thema Auslandssemester. Das steht bei vielen Studierenden nämlich ganz oben auf der Wunschliste der Dinge, die sie während ihres Studiums tun wollen. Für einen Aufenthalt in Lissabon, Brügge oder Marrakesch stellen sich aber natürlich so einige Fragen. Wie lange im Voraus muss ich planen? Wie finanziere ich die Zeit im Ausland? Und welche Alternativen gibt es zum klassischen Auslandssemester? Antworten auf die wichtigsten Fragen gibt uns Stephan Geifes, Direktor der Nationalen Agentur für Erasmus+ beim Deutschen Akademischen Austauschdienst.

[Kirsch:]
Ich spreche heute mit Stephan Geifes vom DAAD. Wir betrachten das Thema Auslandssemester. Herr Geifes gibt uns Tipps, worauf man achten muss. Und zum Einstieg gleich an Sie die Frage, Herr Geifes: Ich kann mir vorstellen, dass Sie die eine oder andere Erfahrung mit dem Ausland gemacht haben. Wie hat das Ganze denn bei Ihnen begonnen?

[Stephan Geifes:]
Ja, ich habe nicht nur eins, sondern sogar mehrere Semester im Ausland verbracht. Sehr früh im Studium für ein Jahr, später noch ein Praktikum angeschlossen, das alles in Frankreich. Und ich habe später auch noch ein Aufbaustudium in Frankreich an der Uni absolviert.

#1

Mein erster und auch wichtigster Tipp für ein erfolgreiches Auslandsstudium ist, dass man sich frühzeitig darum kümmert. Und frühzeitig heißt in der Regel ein Jahr im Voraus. Ein Jahr im Voraus, um sich zu informieren, was man im Ausland machen kann, was man im Ausland möchte. Und auch um Fragen zu klären, wie man es finanziert und wie man regelt, dass hinterher möglichst viel von dem, was man im Ausland studiert hat, anerkannt wird. Nachdem Sie geklärt haben, was Sie wo machen wollen, ist mein zweiter Tipp, damit Sie es auch umsetzen können, sich um die Finanzierung zu kümmern.

#2

Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten, sofern Sie es nicht selbst finanzieren können oder müssen. Die erste Möglichkeit ist, an das BAföG zu gehen. Hier ist es wichtig, sich vor Augen zu führen, dass die Bemessungsgrundlagen für das Auslands-BAföG höher sind als beim nationalen BAföG. Das ist also eine Möglichkeit zu schauen, ob man speziell fürs Ausland Auslands-BAföG beantragen kann. Die zweite große Möglichkeit ist das Erasmus-Programm. Hier werden viele Tausend Studierende jedes Jahr in Europa und in der Welt gefördert. Darüber hinaus bietet der DAAD weitere Stipendien für eigene Vorhaben oder sehr spezielle Studienangebote mit höheren Förderleistungen. Hier findet eine Qualitätsauswahl, eine Bestenauswahl statt. Und die Bewerbungen laufen zentral über den DAAD. Also die drei Möglichkeiten: BAföG, Erasmus oder DAAD.

[Kirsch:]
Die Studierenden, die denken bei dem Thema zuerst einmal an ein Auslandssemester. Das kennt man ja, das ist die klassische Variante. Aber es gibt da schon noch andere Möglichkeiten. Welche denn zum Beispiel?

#3

[Geifes:]
Drittens sollte man sich darüber Gedanken machen, wie lange man ins Ausland gehen möchte. Das kann ein Semester sein, das können zwei, es kann aber auch deutlich kürzer oder deutlich länger sein. Das Semester ist eine Möglichkeit, aber es geht auch kürzer und es geht länger. Als ich studiert habe, sprach man immer vom Auslandsjahr, also zwei Semester. Ein Semester ist möglich und im Erasmus-Programm sind aber auch zwei Semester möglich. Das ist im Bachelor-Bereich, im Master-Bereich und in der Promotion üblich. Man kann zum Studium ins Ausland gehen, aber man kann auch für ein Praktikum ins Ausland gehen. Beides ist auch im Erasmus-Programm förderfähig.

Und für diejenigen, die noch gar nicht so entschlossen sind, gibt es die Möglichkeit vielleicht mit einer Sommerschule oder einer Winterschule im Ausland anzufangen, erste Erfahrungen zu sammeln und sich dann später für ein oder zwei Semester zu entscheiden. Eine dritte Möglichkeit, die sehr begehrt ist, aber auch anspruchsvoll, ist, einen Doppelabschluss zu absolvieren. Mit diesen Programmen studiert man in der Regel die Hälfte der Zeit an der Heimathochschule, die andere Hälfte an der Partnerhochschule und bekommt hinterher die Abschlüsse beider Hochschulen.

#4

Ein vierter Tipp ist zu schauen, was in den Studienverlauf passt. Es kann sein, dass man während des Auslandssemesters sein Studium fortsetzt, es kann aber auch sein, dass es sinnvoll ist, Praxiserfahrungen zu sammeln, zum Beispiel mit einem Praktikum. Auch dies ist im Erasmus-Programm förderfähig. Es gibt im Erasmus-Programm sogar die Möglichkeit, nach dem Abschluss noch ein Praktikum zu machen. Man muss es nur beantragen, solange man noch an der Hochschule eingeschrieben ist.

#5

Mein fünfter Ratschlag betrifft den Mehrwert des Auslandsstudiums. Warum gehe ich ins Ausland? Nicht um das Gleiche zu tun, was ich zu Hause getan hätte. Es geht um etwas Anderes. Es geht darum, andere Erfahrungen zu machen. Und dazu gehört auch, zu akzeptieren, dass die Uhren woanders anders ticken und trotz bester Planung nicht immer alles so funktioniert, wie man es gerne gehabt hätte. Und auch sich darauf einzulassen, offen zu sein. Dass man Dinge, die im Ausland passieren, vielleicht gar nicht gut findet erstmal. Und damit muss man sich auseinandersetzen. Und ich denke, da liegt auch der Mehrwert darin, im Ausland zu studieren, das einmal akzeptiert zu haben. Ich selber habe mich noch nie so deutsch gefühlt, wie während meines Auslandsaufenthaltes. Ich weiß heute besser, warum wir Deutschen so ticken und warum Franzosen anders ticken. Und wenn ich das einmal gelernt habe und dann auf andere Menschen treffe, die auch anders sind oder anders funktionieren als ich es zunächst erfahre. Und ich weiß gar nicht, wie sie es tun, aber ich weiß, dass andere Menschen anders sein können. Dann ist das der Mehrwert eines Auslandsstudiums, der sich ein ganzes Leben lang auszahlen kann.

[Kirsch:]
Vielen Dank fürs Gespräch und für die wertvollen Tipps zum Thema Auslandsstudium, Herr Geifes.

[Geifes:]
Vielen Dank an Sie für die Möglichkeit, diese Tipps zu geben. Und ich wünsche allen, die ins Ausland gehen, eine tolle Zeit.

[Kirsch:]
Das war’s für diese Folge von „We are TUM“. Auch in der nächsten Folge sprechen wir wieder über Spitzenforschung, das Studienleben und all die Menschen, die die TU zu dem einzigartigen Ort machen, der sie ist. Das war „We are TUM“. Diese Folge wurde produziert von Fabian Dilger, Clarissa Ruge, der Pro-Lehre Medienproduktion und von mir, Matthias Kirsch. Das Sound-Design und die Postproduktion gestaltet Marco Meister von Edition Meister aus Berlin. Bis zur nächsten Folge. Kommen Sie mit uns und entdecken Sie die großen und die kleinen Geheimnisse der TU München.

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