• 2.11.2020

MedTech OneWorld Students e.V.

Halbe Million Masken für Afrika

Masken aus Kaffeefiltern für den afrikanischen Kontinent? Dieser Idee sind Studierende der TUM nachgegangen, mit großem Erfolg: Gerade wurde eine halbe Million Stück auf den Weg nach Äthiopien gebracht. Fabian Jodeit vom Lehrstuhl für Medizintechnische Materialien und Implantate der TUM kennt die Details.

Fabian Jodeit mit Maske Uli Benz
Bessere Filtereigenschaften als chirurgische Masken: Fabian Jodeit vom TUM-Lehrstuhl für Medizintechnische Materialien und Implantate und sein Team haben Alternativen aus Meltblow Vlies entwickelt. (Bild: Uli Benz)

Fabian, Euer Verein liefert 510.000 Gesichts-Masken wegen Corona nach Äthiopien. Wie kam es dazu?

Fabian Jodeit: Unser Verein MedTech OneWorld Students e.V. hat schon einige gemeinnützige Projekte durchgeführt, zum Beispiel im Rahmen unserer Global Health Challenge. Dabei entwickeln studentische Teams medizintechnische Geräte oder Vorrichtungen und treten damit gegeneinander an. Noch aus Zeiten meiner Masterarbeit bestehen intensive Kontakte nach Äthiopien. Wegen der Coronakrise konnten wir die Challenge in diesem Jahr nicht wiederholen und haben uns überlegt, was wir stattdessen tun können.

In der Coronakrise werden Masken besonders dringend gebraucht.

Genau, und wir haben immer die Motivation, Dinge zu entwickeln, die Menschen unmittelbar helfen. Die Idee wurde von Dr. Wolfgang Krahl von i.nez an uns herangetragen. Er wollte aus Kaffeefiltern Gesichtsmasken herstellen. Reizvoll daran: Eine solche Maske kann theoretisch schon für einen halben Cent produziert werden. Das hat uns interessiert. Wir haben ein kleines Team aus sechs Studierenden zusammengestellt und gemeinsam mit Dr. Krahl angefangen nachzuforschen.

Fabian Jodeit, TUM-Vizepräsidentin Prof. Juliane Winkelmann, Ambassador Bereded Anemute Kebede und Konsulin Ubah Mohammed Hussien (v.l.n.r.) Uli Benz
Übergabe des COPE Schecks über eine halbe Million Gesichtsmasken an das äthiopische Generalkonsulat: Fabian Jodeit, TUM-Vizepräsidentin Prof. Juliane Winkelmann, Ambassador Bereded Anemute Kebede und Konsulin Ubah Mohammed Hussien (v.l.n.r.).

Wie muss man sich diese Nachforschungen genau vorstellen?

Zunächst haben wir uns auf die Suche nach Normen für Masken gemacht und Forschungseinrichtungen kontaktiert, die uns dabei helfen sollten, Tests an Kaffeefiltern durchzuführen. Da wir ein gemeinnütziger Verein sind, verfügen wir nicht über die finanziellen Mittel, einfach so ein renommiertes Labor zu engagieren.

Hilfe bekamt Ihr von einem Max-Planck-Institut.

Dr. Frank Drewnick, Leiter der Abteilung Partikelchemie vom Max-Planck-Institut für Partikelchemie, fand unser Projekt so gut, dass sein Labor die Tests kostenlos für uns durchgeführt hat.

Wie haben denn die Kaffeefilter in den Tests abgeschnitten?

Wir haben verschiedene Kaffeefilter testen lassen. Dabei kam zunächst heraus, dass einlagige Filter leider nicht die Effizienz haben, die eine chirurgische Maske bietet. Unser Anspruch war aber, dass unsere Masken mindestens so gut sind wie die kommerziellen.

Und die zweilagigen Filter?

Bei den Versuchen mit zweilagigen Filtern war dann zwar die Partikelabscheide-Effizienz im relevanten Größenbereich gegeben, jedoch stimmte die Druckdifferenz von innen nach außen nicht, man hätte also darunter nicht so gut atmen können.

War das das Ende für Kaffeefilter?

Ja, im Prinzip waren die Kaffeefilter damit raus. Wir haben dann nach anderen Grundmaterialien gesucht und gleichzeitig Kontakt zu Kaffeefilter-Herstellern aufgenommen. Bei Anfrage bei einem bekannten deutschen Hersteller sind wir darauf gekommen, dass dieser denselben Ansatz hatte. Der Hersteller hatte auch schon damit begonnen, auf seiner Anlage Masken zu produzieren. Nicht aus Filterpapier, sondern einem Meltblow Vlies. Mit diesen Masken haben wir wiederum Tests durchgeführt.

Mit welchem Ergebnis?

Es kam heraus, dass die Masken wesentlich bessere Filtereigenschaften haben als die chirurgische Maske, im Durchschnitt über alle Partikelgrößen ist sie 40% besser und damit fast so gut wie die FFP2-Maske. Der Hersteller hat uns schließlich eine halbe Million Roh-Masken gestellt, also ohne Montage der Gummibänder.

Was geschieht jetzt mit diesen Roh-Masken?

Die letzte Herausforderung war, vier Tonnen Material kostenlos nach Äthiopien zu transportieren. Da wir über unsere Forschungsprojekte gute Kontakt ans äthiopische Generalkonsulat in Frankfurt haben, wurde das äthiopische Gesundheitsministerium auf uns aufmerksam. Dessen Corona-Taskforce hat schließlich zugesichert, die Transportkosten zu übernehmen.

Können die Masken in Afrika sofort benutzt werden?

Die Masken werden vor Ort noch von unseren Kooperationspartnern gelocht, mit Gummibändern versehen und dann an das Gesundheitsministerium übergeben. Die örtlichen Behörden übernehmen dann die Verteilung an die Bevölkerung.

(Interview: Sabrina Czechofsky)

Fabian Jodeit ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Medizintechnische Materialien und Implantate der TUM. Für seine Masterarbeit zu Medizintechnik in Entwicklungsländern reiste er im WS 2016/17 mit einem 3D-Drucker nach Äthiopien und entwickelte mit lokalen Experten Komponenten für Beinprothesen. Das beeindruckte mehr und mehr Studierende, es entstand der Forschungsverein MedTech OneWorld Students e.V.

Neben den entstandenen Forschungsprojekten am Lehrstuhl und dem Maskenprojekt COPE, läuft im Verein ein Zahnbürstenproduktionsprojekt auf Madagaskar mit einem deutschen Zahnärzteverein an, bei dem Mitglieder vor Ort Einsätze begleiten werden. Studierende aller Fachrichtungen und gerade neue Studierende sind jederzeit willkommen. Kontakt: fabian.jodeitspam prevention@tum.de. Mehr Infos: MedTech OneWorld Students e.V.

 

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