• 14.12.2016

Neue DFG-Forschergruppe untersucht das Thema Evidenz

Vom Wissen zur Gewissheit

Evidenz wird für politische, gesellschaftliche und individuelle Entscheidungen immer wichtiger, auch wenn dieser Tage vermehrt von einem drohenden „postfaktischem Zeitalter“ die Rede ist. Evidenz basiert auf wissenschaftlich erhobenen Daten, ist aber auch ein soziales Phänomen. Wie und von wem sie hergestellt und verwendet wird und welche Auswirkungen das hat, untersucht eine neue von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanzierte Forschergruppe unter Sprecherschaft der Technischen Universität München (TUM).

Prof. Karin Zachmann (links) und Prof. Mariacarla Gadebusch Bondio
Prof. Karin Zachmann (links) und Prof. Mariacarla Gadebusch Bondio (Bild: A. Heddergott / TUM)

Zu Evidenz werden Ergebnisse wissenschaftlicher Verfahren, wenn sie herangezogen werden, um Aussagen zu belegen und schließlich um Entscheidungsprozesse zu stützen. Dadurch, dass in heutigen Gesellschaften gigantische Mengen an Wissen produziert werden, erkennen wir zugleich immer neue Dinge, die wir nicht wissen. Evidenz als Übereinkunft zur Gültigkeit von Wissen erhält dadurch eine wachsende Bedeutung.

Wie Evidenz erzeugt, und wie mit ihr umgegangen wird, so die Annahme der Forschergruppe, wird von drei Prozessen grundlegend beeinflusst: dem wachsenden Bedarf an zuverlässigen Prognosen, der zunehmenden Technisierung der Wissensproduktion und der Forderung von Nicht-Expertinnen und Experten, an dieser mitzuwirken. Einige der neuen Fragen, die sich aus dem dritten Punkt ergeben, lassen sich am Beispiel von digitalen Patientenplattformen erkennen. Patienten und Patientinnen können heute dank digitaler Techniken und Apps wie „CureTogether“ or „PatientsLikeMe“ Daten über ihre Symptome und über Therapiewirkungen sammeln und hochladen. Wie zuverlässig aber sind diese gesammelten Daten für die medizinische Forschung und wie beeinflussen sie das Verhalten der Nutzerinnen und Nutzer oder neue Forschungsprojekte?

Vielfältige Prozesse

Gerade für eine technische Universität ist es wichtig zu verstehen, wie Forschungsergebnisse Anerkennung und Verwendung finden. „Es gilt, die vielfältigen Prozesse zu analysieren, in deren Ergebnis Wissen zur Gewissheit wird“, sagt Karin Zachmann, Professorin für Technikgeschichte an der TUM und Sprecherin der neuen Gruppe.

Die Professorinnen Mariacarla Gadebusch Bondio, Direktorin des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin, und Karin Zachmann haben die Forschergruppe „Evidenzpraktiken in Wissenschaft, Medizin, Technik und Gesellschaft“ initiiert. „Besonders wichtig war uns der fächerübergreifende Ansatz, da das Thema Evidenz für alle Bereiche der Wissenschaft eine Rolle spielt“, betont Mariacarla Gadebusch Bondio.

Beteiligt sind an der TUM neben den genannten Professuren auch der Lehrstuhl für Marketing und Konsumforschung und das Munich Center for Technology in Society (MCTS). Zudem sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Deutschen Museums und Rachel Carson Centers for Environment and Society der LMU sowie des Lehrstuhls für Kommunikationswissenschaft an der Universität Augsburg Teil der interdisziplinären Forschergruppe. Die DFG fördert die Gruppe mit sechs Teilprojekten für zunächst drei Jahre mit ungefähr 1,8 Millionen Euro. Zwei weitere Projekte (Wissenschaftsforschung, MCTS, TUM und Philosophie, JLU Gießen) sind assoziiert.

Kontakt:

Prof. Dr. rer. oec. habil. Karin Zachmann
Professur für Technikgeschichte
Technische Universität München
Tel.: +49 (89) 2179 406
E-Mail: karin.zachmannspam prevention@tum.de

Technische Universität München

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