• 16.6.2015

Nikolaus Adams und Thorsten Bach mit ERC Advanced Grant ausgezeichnet

Hochdotierte EU-Forschungspreise für zwei TUM-Wissenschaftler

Zwei Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) werden mit einem der wichtigsten europäischen Forschungsförderpreise ausgezeichnet: Prof. Nikolaus Adams und Prof. Thorsten Bach erhalten Advanced Grants des European Research Council (ERC), die je mit bis zu 2,4 Millionen Euro dotiert sind. Der Ingenieur Adams, Forscher im Maschinenwesen, untersucht sprunghafte Änderungen von Strömungszuständen. Der Chemiker Bach entwickelt neue synthetische Methoden in der Organischen Chemie. Zudem bekommt der Elektrotechniker Prof. Eckehard Steinbach eine Proof of Concept-Förderung, um die Marktfähigkeit einer neuen Robotersensorik zu ermitteln. Jüngere Forscher der TUM hatten in diesem Jahr bereits sechs ERC Consolidator Grants und zwei ERC Starting Grants eingeworben.

Ein Wassertropfen zerfällt in Luft infolge eines Verichtungsstoßes
Ein Wassertropfen zerfällt in Luft infolge eines Verdichtungsstoßes - solche sprunghaften Strömungsänderungen untersucht ERC-Preisträger Nikolaus Adams. (Bild: N. Adams / TUM)

Der European Research Council vergibt die Advanced Grants an etablierte Wissenschaftler, die eine herausragende Erfolgsbilanz vorweisen können und ein ehrgeiziges, wegbereitendes und unkonventionelles Forschungsvorhaben beantragen. Die Förderzeit beträgt fünf Jahre. Mit einem Proof of Concept über bis zu 150.000 Euro werden ERC-Grant-Preisträger unterstützt, die prüfen wollen, ob aus ihren Forschungsprojekten marktfähige Innovationen entstehen können.

Seit 2008 haben Forscher der TUM 13 Advanced Grants eingeworben. Zudem holten herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler 18 ERC Starting Grants (zwei bis sieben Jahre nach ihrer Promotion) und – seit der Einführung im Jahr 2013 – 8 Consolidator Grants (sieben bis zwölf Jahre nach ihrer Promotion). Drei Forscher erhielten eine Proof of Concept-Förderung.

Nicht nur bei diesen Preisen, die inzwischen als Gradmesser der Forschungsqualität der Universitäten gelten, gehört die TUM zur europäischen Spitze: Aus dem 7. Forschungsrahmenprogramm der EU (2007 – 2013) hat sie unter den deutschen Universitäten mit rund 130 Millionen Euro die größte Summe eingeworben.

ERC Advanced Grants

Prof. Dr.-Ing. Nikolaus Adams vom Lehrstuhl für Aerodynamik und Strömungsmechanik erhält einen ERC Advanced Grant für sein Projekt „NANOSHOCK - Manufacturing Shock Interactions for Innovative Nanoscale Processes“.

Die Strömung von Flüssigkeiten oder Gasen ist fundamentaler Teil der meisten technischen Anwendungen und Naturerscheinungen. Zu den interessantesten Phänomenen in der Strömungsmechanik gehören Verdichtungsstöße, also sprunghafte Änderungen des Strömungszustands über sehr kleine Distanzen. Diese können zum Beispiel als Knall beim Flug eines überschallschnellen Flugzeuges oder während einer Explosion wahrgenommen werden. Die Stärke und die gleichzeitig enge örtliche Begrenzung von Stößen eröffnen einzigartige Möglichkeiten der berührungsfreien Kontrolle von Strömungsprozessen. Dazu zählen unter anderem fortschrittliches Flugzeugdesign oder auch neuartige Krebstherapien.

In dem Forschungsprojekt wollen die Wissenschaftler der Frage nachgehen, welche Mechanismen und Eigenschaften eine kontrollierte Bildung von Stößen in sehr komplexen Umgebungen – wie etwa lebenden Organismen – ermöglichen. Mithilfe moderner Computersimulationsmodelle und einiger sorgfältig ausgewählter Experimente sollen diese Fragestellungen untersucht und beantwortet werden.

Seit 2004 ist Prof. Nikolaus Adams Inhaber des Lehrstuhls für Aerodynamik und Strömungsmechanik der TUM. Für seine wissenschaftlichen Arbeiten wurde Adams im Jahr 2011 zum Fellow der American Physical Society gewählt. 2013 erhielt er in einem Team mit der ETH Zürich, der Lawrence Livermore National Laboratories und IBM den Gordon Bell Price für die größte und effizienteste bis dahin durchgeführte Strömungssimulation.


Prof. Dr. Thorsten Bach, Lehrstuhl für Organische Chemie I, entwickelt neue synthetische Methoden in der Organischen Chemie. Im Mittelpunkt stehen dabei katalytische, thermische und photochemische Verfahren.

Bei vielen durch Licht induzierten Reaktionen können parallel mehrere Varianten der Zielverbindungen mit gleicher Zusammensetzung, aber spiegelbildlicher Struktur entstehen, sogenannte Enantiomere. Dies reduziert die mögliche Ausbeute und steht einer breiteren Nutzung im Weg. Ziel des Projekts ELICOS (Enantioselective Light-induced Catalysis for Organic Synthesis) ist es, neue Synthesemethoden zu entwickeln, bei denen photochemische Reaktionen mit chiralen Katalysatoren so gesteuert werden, dass nur die gewünschte dreidimensionale Struktur entsteht.

Bei ansonsten gleicher chemischer Zusammensetzung verhalten sich chirale Katalysatoren in ihrer räumlichen Struktur ebenfalls wie Bild und Spiegelbild. Können in einer photochemischen Reaktion zwei Enantiomere entstehen, so sollte ein chiraler Katalysator die Reaktion in Richtung eines der beiden Produkte lenken. Für die Synthese medizinischer Wirkstoffe wäre dies ein großer Vorteil, da oft nur eine der beiden Formen biologisch wirksam ist.

Da photochemische Reaktionen bei Lichtanregung – auch in Abwesenheit eines Katalysators – sehr schnell verlaufen, bedarf es hierfür neuartiger Konzepte, die von denen der klassischen Katalyse abweichen. Diese sollen im Rahmen des ERC-Projekts ELICOS entwickelt werden.

Thorsten Bach ist seit 2000 Inhaber des Lehrstuhls für Organische Chemie I der TUM. Er ist gewähltes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina.

ERC Proof of Concept

Prof. Dr.-Ing. Eckehard Steinbach, Lehrstuhl für Medientechnik, erhält eine Proof of Concept-Förderung des ERC für „RoVi,“ einen mit visuell-haptischer Sensorik ausgestatteten Roboterarm. Das Projekt soll dazu beitragen, die Komplexität und die Kosten von sensorischen Systemen zu reduzieren, die ein sicheres Handling der Roboter von Gegenständen etwa in Fabriken und Haushalten ermöglichen.

Diese Systeme brauchen oft Netzwerke von Kraft- und Positionssensoren, damit die Roboter ein effektives taktiles Feedback erhalten. Mit Steinbachs alternativem Ansatz kann eine einzelne Videokamera in Kombination mit intelligenter Bildverarbeitungssoftware und effizienter Kommunikationstechnik Roboter mit einem Tastsinn ausstatten. Das Projekt baut auf Steinbachs „ProHaptics“-Forschungsprogramm auf, das in den vergangenen fünf Jahren mit einem ERC Starting Grant gefördert wurde.

Eckehard Steinbach wurde 2009 auf den Lehrstuhl für Medientechnik der TUM berufen. Er ist Fellow des IEEE.

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