• 3.9.2018

Tegernsee: Erste Eisenbahnbrücke aus ultrahochfestem Beton in Deutschland

Schlanke Brücke mit enormer Widerstandsfähigkeit

Auf der Strecke der Tegernsee-Bahn bei Gmund ist die erste Eisenbahnbrücke in Deutschland aus ultrahochfestem Beton in Betrieb genommen worden. Der neuartige Hochleistungsbeton ermöglichte eine besonders schlanke Bauweise. Ingenieure der Technischen Universität München (TUM) haben das Projekt geplant und wissenschaftlich begleitet.

Bei Gmund ist die erste Eisenbahnbrücke aus ultrahochfesten Beton eingehoben worden.
Bei Gmund ist die erste Eisenbahnbrücke aus ultrahochfestem Beton eingehoben worden. (Bild: U. Benz / TUM)

Er ist fast so widerstandsfähig wie Stahl, hat eine lange Lebensdauer und ermöglicht schlanke Bauwerke: Ultrahochfester Beton. Trotz seiner positiven Eigenschaften wird er in Deutschland jedoch kaum eingesetzt. „Es handelt sich um ein neues Material, das sich anders verhält als der herkömmliche Beton“, erklärt Prof. Oliver Fischer vom Lehrstuhl für Massivbau der TUM. „In Deutschland existiert noch kein eingeführtes Regelwerk für seinen Einsatz.“

Das Material wird international bereits seit Jahren erforscht – auch an der TU München. Das Besondere: Durch seine Zusammensetzung ist der Werkstoff besonders dicht, besitzt also kaum Hohlräume, in die Nässe oder Salze eindringen können, die das Material schädigen. Auch hält es im Vergleich zum konventionellen Beton, der derzeit im Brückenbau verwendet wird, dem vier- bis fünffachen Druck stand, ist also sehr viel „fester“.

25 Zentimeter schlanker

Für die 6,50 Meter lange Eisenbahnbrücke über den Dürnbach bei Gmund ist das Material ideal. Denn der Abstand des Baches zur Unterkante der neuen Brücke sollte für den Fall eines Hochwassers so groß wie möglich sein. Durch das innovative Material sowie flachere Bahnschwellen konnten mehr als 25 Zentimeter Bauhöhe eingespart werden.

Das neue Brückenteil aus ultrahochfesten Beton ist relativ leicht, sodass die von der vorherigen Brücke vorhandenen Unterbauten weiter genutzt werden konnten. Das vergleichsweise geringe Eigengewicht erleichterte den Transport und die Verlegung des Bauwerks erheblich, weshalb das Gleis nur für einen relativ kurzen Zeitraum gesperrt werden musste. 

Messungen im laufenden Betrieb

Unterstützt und in Auftrag gegeben wurde die Brücke von der Tegernsee-Bahn GmbH (TBG). Die Gründe erläutert TBG-Geschäftsführer Heino Seeger: „Die Tegernsee-Bahn setzt sich generell für einen zukunftsorientierten Schienenpersonennahverkehr ein. Dazu gehört auch, die Eisenbahninfrastruktur bestmöglich zu entwickeln. Eine intensive Machbarkeitsprüfung zur Anwendung des neuen Werkstoffes ergab für das Pilotprojekt wesentliche konstruktive Vorteile. Wir freuen uns daher, dass wir die TU München in der Erstanwendung für eine Bahnbrücke unterstützen können und dass wir einen weiteren, wichtigen Beitrag, auch für das Oberland, leisten zu können.“

Die Forscher erhoffen sich durch Messungen während des laufenden Betriebs wichtige Erkenntnisse, die unter anderem in ein zukünftiges Regelwerk für die Anwendung des Materials einfließen sollen, zum Beispiel auch für die Verstärkung bestehender Brücken. Die ersten Ergebnisse bestätigen die vorher gemachten Berechnungen.

Carbonkurzfasern aus dem 3D-Drucker

Die hohe Dichte und Festigkeit erhält der ultrahochfeste Beton durch ein genau abgestimmtes Verhältnis von Zementpartikeln, feinen Zusatzstoffen und abgestuften Gesteinskörnungen. Ein weiterer wichtiger Bestandteil des ultrahochfesten Betons sind Mikrostahlfasern. Sie sorgen für eine höhere Zugfestigkeit. Denn wie beim Tauziehen auf das Seil, wirken im Inneren der belasteten Brücke auch Zugkräfte, die sicher übertragen werden müssen.

In einem nächsten Schritt wollen die Ingenieure die Zugfestigkeit des ultrahochfesten Betons noch weiter erhöhen: zum Beispiel durch Carbonkurzfasern aus dem 3D-Drucker. Diese können zum einen leichter in eine bestimmte Richtung im Beton ausgerichtet werden, zum anderen vernetzen sie sich besser mit dem Material und ermöglichen eine noch höhere Tragfähigkeit sowie eine längere Lebensdauer.

Mehr Informationen:

Die Konzeption der Lösung, die gutachterliche Stellungnahme zur Erwirkung der erforderlichen Zustimmung im Einzelfall, die Entwurfsplanung und bautechnische Prüfung erfolgte durch den Lehrstuhl Massivbau der TUM in Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro Büchting+Streit AG,die Ausführungsplanung durch das Ingenieurbüro SSF Ingenieure AG. Die Herstellung des Fertigteils wurde an die Firma Max Bögl beauftragt. Dabei kam ein UHPC Compound der Firma HeidelbergCement AG zum Einsatz.
Die Stiftung Bayerisches Baugewerbe hat die Begleitung und messtechnischen Überwachung der Pilotbrücke finanziell unterstützt.

Kontakt:

Prof. Dr.-Ing. Oliver Fischer
Technische Universität München
Lehrstuhl für Massivbau
oliver.fischer@tum.de
+49 (89) 289 – 23038

Bilder zur redaktionellen Verwendung:

mediatum.ub.tum.de/1452953

Technische Universität München

Corporate Communications Center

Aktuelles zum Thema

HSTS