• 23.7.2025
  • Lesezeit: 2 Min.

Bund finanziert Materialforschungsprojekt von Wissenschaft und Industrie

Kernfusionsforschung mit Neutronen des FRM II

Um die Entwicklung von Fusionsenergiereaktoren voranzutreiben, startet an der Technischen Universität München (TUM) ein neues Verbundforschungsprojekt. Dabei sollen innovative Hochtemperatursupraleiter (HTS), die dazu dienen, das extrem heiße Plasma im Reaktor zu kontrollieren, auf ihre Eigenschaften unter Extrembedingungen untersucht werden.

Axel Griesch / IPP
Dr. Eve Stenson, Leiterin der IPP-Nachwuchsgruppe „Electrons and Positrons in an Optimized Stellarator“.

Ziel der Kernfusionsforschung ist es, die Energie, die beim Verschmelzen von Atomkernen frei wird, technisch nutzbar zu machen. Dafür werden aktuell hauptsächlich zwei Ansätze verfolgt: die Magnet- und die Trägheitsfusion. Noch sind Fusionskraftwerke im Stadium von Forschung und Entwicklung, künftig könnten sie womöglich dazu beitragen, den steigenden Energiebedarf der Menschheit zu decken.

Neben der Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II) der TUM sind auch das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) und das Unternehmen THEVA an dem vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) geförderten Projekt HTS4Fusion beteiligt.

„HTS4Fusion ist eine wertvolle Kooperation von Industrie und Wissenschaft, um mittels Spaltneutronen Hochtemperatursupraleiter besser zu verstehen und für zukünftige Anwendungen zu optimieren. Damit arbeiten Spaltung und Fusion zusammen, um die technische Nutzbarmachung von Kernfusion voranzutreiben“, sagt Dr. Christian Reiter, Leiter des Projekts am FRM II.

Was machen Neutronen mit Hochtemperatursupraleitern?

Um in einem Fusionsreaktor das Plasma magnetisch einzuschließen, benötigt man Spulen auf Basis von Supraleitern, da diese Strom widerstandsfrei leiten. HTS bieten dabei interessante Vorteile: So muss zum Beispiel weniger Aufwand für die Kühlung betrieben werden. Zudem können höhere Magnetfeldstärken erreicht werden, was eine kompaktere Bauweise des Kraftwerks ermöglichen könnte.

Allerdings ist bislang wenig erforscht, wie sich solche neuartigen Supraleiter unter hohem Neutronenbeschuss, der innerhalb eines Fusionsreaktors zu erwarten ist, verhalten. Darüber hinaus müssen nicht nur die Eigenschaften der einzelnen Bandleiter untersucht werden, sondern auch das Zusammenspiel dieser Eigenschaften mit dem Design der Elektromagnetspulen. „Selbst bei flachen Spulen handelt es sich um Themen intensiver Forschung. Und wie sich die Nichtplanarität von Stellaratorspulen auf die Ergebnisse auswirkt, ist ein weiterer Twist“, ergänzt Dr. Eve Stenson, die HTS4Fusion am IPP betreut.

Dr. Werner Prusseit von THEVA ergänzt: „Wir sind europaweit die einzigen Hersteller von Hochtemperatursupraleiter-Bändern. Das Projekt HTS4Fusion soll dabei helfen, einen entscheidenden Schritt hin zu einer Großserienfertigung der Bandleiter zu machen, um die für Fusionskraftwerke erforderlichen Mengen herstellen zu können.“

Mit Hilfe von am FRM II erzeugten schnellen Neutronen soll erforscht werden, wie sich die supraleitenden, metallurgischen und mechanischen Eigenschaften der Bauteile unter Neutronenbeschuss verändern. „Wir können Neutronen am FRM II verwenden, um Materialien für die Fusionsforschung besser zu verstehen“, sagt Dr. Christian Reiter.

Mit diesen Erkenntnissen können die HTS dann für spätere Anwendungen in potenziellen Fusionsreaktoren optimiert werden. Dabei sollen am FRM II sowohl die schnellen Spalt-Neutronen für die Bestrahlung der Materialien zum Einsatz kommen als auch die wissenschaftlichen Neutronen-Instrumente zur Charakterisierung der veränderten Eigenschaften.

Für das Teilprojekt am FRM II stellt das BMFTR 1,1 Millionen Euro zur Verfügung.

Technische Universität München

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Kontakte zum Artikel:

Dr. Christian Reiter
Technische Universität München
Head of Nuclear Science
Theory Division am TUM Center for Nuclear Safety and Innovation
Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II)
Christian.Reiterspam prevention@frm2.tum.de

 

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