• 13.4.2021

Luis Wiedmann über den TUM Presidential Student Lunch

Die Lupe alleine bringt nichts

Face to face mit dem Präsidenten der Uni sprechen, Meinungen und Ideen austauschen, direkte Fragen stellen – diese seltene Gelegenheit bietet der Presidential Student Lunch an der TUM. Mehrmals fand er wegen der Pandemie digital statt. Luis Wiedmann war dabei.

TUM-Student Luis Wiedmann Astrid Eckert
Motto "Follow your motivations!": Student Luis Wiedmann hat beim digitalen Lunch mit TUM-Präsident Thomas F. Hofmann teilgenommen.

Luis, wie fandest Du den Student Lunch mit Präsident Hofmann?

Luis Wiedmann: Ich finde den Lunch eine sehr gute Initiative. Das ist eine einmalige Chance, direkt mit dem Präsidenten sprechen zu können. Zugleich empfinde ich es als große Wertschätzung gegenüber uns Studierenden. Der Präsident hat sich wirklich für unsere Fragen interessiert. Er hat uns das Gefühl gegeben, dass unsere Belange ernstgenommen werden.

Rückblickend, was ist bei Dir besonders hängengeblieben?

Mir wurde klar, dass die Dinge auf anderer Ebene betrachtet werden. Wir haben freilich nur die Perspektive der Studierenden. Der Präsident beachtet zusätzlich viele andere Faktoren, die uns Studenten weniger präsent sind. Und ich habe festgestellt, dass viele unserer Probleme bereits bekannt sind. Viele Anstöße sind schon da. Jetzt gilt es noch, sie richtig umzusetzen.  

Zum Beispiel?

Zum Beispiel das Thema Lehre und der Umgang mit ihrer Evaluation. Mein Eindruck ist, dass Punkte im neuen Konzept der Schools-Bildung neu aufgesetzt werden. Das gefällt mir, ich hoffe nur, die Umsetzung hält dann auch, was sie verspricht. Mein persönlicher Eindruck ist, dass schlechte Bewertungen bislang keine Konsequenzen haben. Ich kann den einzelnen Professor zwar evaluieren, die Auswertung macht dann aber der Prof selbst. Bringt das dann überhaupt etwas?

Hast Du spezielle Erfahrungen damit gemacht?

Als ich im ersten Semester war und wir da einen Dozenten bewertet haben, sagte dieser: ‚Das kann gerne evaluiert werden, aber am Ende möchte ich meine Veranstaltung genau so machen und daher wird nichts daran geändert.‘  Ich finde: Die Lupe alleine bringt nichts. Es fehlt eine offizielle Instanz, die bei jedem Einzelnen draufschaut. Dann könnte es ein anderes Wertverständnis geben, einen größeren Diskurs.

Diskutiert wurde beim Lunch auch das Betreuungsverhältnis, das an der TUM wie an allen staatlichen Universitäten in Deutschland vergleichsweise ungünstig ist.

Ein Masterstudent aus der Informatik, der dabei war, hat es so beschrieben: Er trifft in seinem Studium keine Profs. Auch ich kenne das aus dem Maschinenwesen. In den Grundlagenfächern sitzen wir zu 600 Leuten im Hörsaal. Sagen wir so, ich gehe nicht Kaffeetrinken mit meinen Profs. Aber meine Erfahrung ist, dass man Kontakt aufbauen kann, wenn man möchte. Zum Beispiel brauchte ich für meine Bewerbung bei der Friedrich-Ebert-Stiftung ein Empfehlungsschreiben. Ich habe einen meiner Professoren angeschrieben und problemlos eines bekommen. Im Bachelor-Studium geht es ja erstmal mehr um organisatorische Fragen. Im Masterstudium später hoffentlich um fachlichen Diskurs. Da wäre mehr persönlicher Kontakt schön.

Wegen COVID-19 gibt es derzeit keine vollen Hörsäle. Aber nicht nur die Studierenden müssen zu Hause lernen, auch die vielen Schülerinnen und Schüler.

Schüler, die zu Hause lernen, erfassen ein Drittel weniger Stoff, die Lernzeit reduziert sich um die Hälfte. Das ist doch schlimm! Auch das haben wir beim Lunch angesprochen. Und gemeinsam überlegt, ob eine Uni wie die TUM da nicht etwas machen könnte. Die TUM hat das ganze Know-how, zum Beispiel bei den Informatikern oder an der TUM School of Education. Könnten wir nicht etwas auf die Beine stellen, und sei es nur in Form eines Konzepts?

Home Schooling war und ist für alle eine große Herausforderung. Home Studying aber auch. Wie siehst Du das?

Meine Erfahrung ist, dass sich viele Lehrstühle große Mühe geben, dass etliche Profs und die Assistenten neue Konzepte machen. Es gibt viele engagierte Lehrstühle, die uns helfen wollen. Es kommt aber vor allem, so scheint es mir, auf den einzelnen Prof und seine Haltung zur Online-Lehre an.

Wie ist es Dir persönlich in der Corona-Zeit ergangen?

Zuerst war ich vor allem damit beschäftigt, mich zu organisieren, mich im Home Studying optimal einzurichten. Arg beschäftigt hat mich die Frage: Wie studiere ich online, ohne etwas zu vernachlässigen? Jetzt, da etwas Zeit vergangen ist, merke ich, dass eine sehr große Herausforderung darin besteht, mental gesund zu bleiben. Die Phase jetzt stellt für viele Studierende eine große Belastung, in allen möglichen Formen, dar.

Zurück zum Lunch – ein Thema waren auch die Studieninhalte. Deep dive oder breite Aufstellung, was ist besser?

Ganz klar ist der deep dive wichtig. Der Arbeitsmarkt braucht Experten. Ganzheitliche Ausbildung ist aber auch absolut wichtig. Als Mitglied der Gesellschaft muss ein Akademiker nicht nur in die Tiefe, sondern auch in die Breite ausgebildet werden. Ich frage mich daher, warum gibt es im Bachelor nicht einen klar definierten Platz für etwas wie „Gesamtheitliche Bildung“ nach Vorbild vieler angelsächsischer Universitäten? Wir hätten doch so viele unterschiedliche und spannende Inhalte an der TUM oder auch generell in der Universitätsstadt München.

Die Möglichkeit, über den Tellerrand zu schauen, existiert doch an der TUM bereits...

Ein Schulfreund von mir studiert Mathematik. Er hat Französisch belegt und bekommt dafür Credits. Das finde ich gut, allerdings ist es nicht überall so. So etwas sollte als fixer Bestandteil im Lehrplan verankert werden. Ich kombiniere zum Beispiel Maschinenwesen und TUM-BWL. Das habe ich aber aus mir selbst heraus entschieden.

Auf die abschließende Frage, was der Präsident Euch Studierenden für Euren Weg empfehle, sagte er: „Follow your motivations!”. Tust Du das?

Ja, das tue ich. Ich habe mit Maschinenwesen begonnen und dann TUM-BWL hinzugenommen, weil ich gemerkt habe, dass ich mehr wissen will. Wenn ich an später denke, dann ist allerdings mein Wunsch, mich nicht allein über die Arbeit zu definieren. Ich möchte etwas machen, das mich interessiert. Etwas, das einen Effekt hat. Ich habe gelesen, dass diejenigen Menschen besser mit der Pandemie klarkommen, die das Gefühl haben im Leben eine Bestimmung oder einen Effekt zu haben. Das wünsche ich mir für mich auch.  

(Interview: Verena Meinecke)


Luis Wiedmann (20) stammt aus München. Er studiert Maschinenwesen und TUM-BWL im Bachelor, ist Stipendiat der Friedrich-Ebert-Stiftung und engagiert sich in der Fachschaft Maschinenbau.

Der nächste TUM Presidential Student Lunch mit Prof. Thomas F. Hofmann findet am 1. Juni 2021 für Studierende der TUM School of Management, TUM School of Education und der TUM School of Governance und am 14. Juni 2021 für Studierende der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik, der Ingenieurfakultät Bau Geo Umwelt und der Fakultät für Architektur statt. Vorab ist eine kurze Bewerbung erforderlich. Weitere Lunches sind in Planung. Mehr Infos und Bewerbung: TUM Presidential Student Lunch

 

 

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