• 3.5.2019
  • Lesezeit: 3 Min.

Multiple Sklerose: Möglicher Biomarker für frühes Fortschreiten von Behinderung gefunden

Auffällige Antikörper im Nervenwasser

Der Krankheitsverlauf von Multipler Sklerose (MS) ist sehr unterschiedlich und ein verlässlicher Biomarker, der die Entwicklung der Behinderung vorhersagt, fehlt bisher. Eine Arbeitsgruppe an der Technischen Universität München (TUM) hat nun in einem Forschungsprojekt des Krankheitsbezogenen Kompetenznetz Multiple Sklerose (KKNMS) gezeigt, dass erhöhte Werte bestimmter Antikörper im Nervenwasser Anzeichen für eine frühere und schnellere Behinderung sind.

Prof. Bernhard Hemmer im Gepspräch mit Mitarbeitern M. Jooss / TUM
Prof. Bernhard Hemmer im Gespräch mit Mitarbeitern.

Bei der Diagnose von MS wird standardmäßig Nervenwasser mit Hilfe einer sogenannten Lumbalpunktion entnommen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Prof. Bernhard Hemmer, Direktor der Neurologischen Klinik und Poliklinik des Klinikums rechts der Isar der TUM und KKNMS-Vorstand, untersuchten Nervenwasserproben von 637 MS-Patientinnen und Patienten, die regelmäßig über vier Jahre lang hinsichtlich ihrer Behinderung untersucht wurden.

Die Daten für die Untersuchung lieferte die Nationale MS-Patientenkohorte des KKNMS, in die seit 2010 1.376 Patientinnen und Patienten aus 18 Studienzentren eingeschlossen wurden. Ihre Daten und Bioproben werden zum Zeitpunkt des Studieneinschlusses, ein Jahr später und dann alle zwei Jahre erhoben.

Erhöhte IgG-Werte als möglicher Biomarker

Die Arbeitsgruppe konnte nun zeigen, dass erhöhte Werte eines bestimmten Antikörpers im Nervenwasser, dem Immunglobulin G (IgG), mit einem höheren Risiko einer Zunahme der Behinderung in Verbindung stand und zwar unabhängig vom Auftreten von Schüben und von der Behandlung mit verlaufsmodifizierenden Therapien. Die Verschlechterungen traten bei Patienten mit erhöhten Antikörperkonzentrationen im Nervenwasser außerdem zu einem früheren Zeitpunkt auf als bei Patienten mit normalen Antikörperkonzentrationen.

Eine erhöhte Antikörperkonzentration im Nervenwasser zeigte eine Bildung dieser Antikörper im zentralen Nervensystem an, was man als intrathekale IgG-Synthese bezeichnet. Vier Jahre nach Studienbeginn hatten 28,4% der Patienten mit intrathekaler IgG-Synthese und nur 18,1% der Patienten ohne sie eine Verschlechterung ihres EDSS-Werts, der das Ausmaß der Behinderung misst.

„Unsere Daten zeigen, dass ein Standard-Laborparameter aus dem Nervenwasser auch für die Abschätzung des längerfristigen Verlaufs von Bedeutung ist. Die Kenntnis solcher Parameter hilft uns, die Prognose des Patienten besser einzuschätzen und damit eine bessere Grundlage für fundierte Therapieentscheidungen zu haben“, erklärt Prof. Dr. Bernhard Hemmer, das Ergebnis der Studie. Verbindungen zwischen anderen Routineliquorparametern und einer Verschlechterung des Behinderungsgrades wurden untersucht, konnten aber nicht gefunden werden.

Publikationen

Christiane Gasperi, Anke Salmen, Gisela Antony, Antonios Bayas, Christoph Heesen, Tania Kümpfel, Ralf A. Linker, Friedemann Paul, Martin Stangel, Björn Tackenberg, Florian Then Bergh, Clemens Warnke, Frank Weber, Heinz Wiendl, Brigitte Wildemann, Uwe K. Zettl, Ulf Ziemann, Frauke Zipp, Hayrettin Tumani, Ralf Gold, Bernhard Hemmer: Association of Intrathecal Immunoglobulin G Synthesis With Disability Worsening in Multiple Sclerosis, Jama Neurology, April 29, 2019, DOI: 10.1001/jamaneurol.2019.0905
 

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Kontakte zum Artikel:

Prof. Dr. Bernhard Hemmer
Direktor der Neurologischen Klinik und Poliklinik
Technische Universität München, Klinikum rechts der Isar
Tel.: +49 89 4140-4601
hemmer(at)tum.de

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