• 13.11.2019
  • Lesezeit: 2 Min.

Geheimnis des explosiven Vulkanismus entschlüsselt

Vulkane unter Druck

Wann droht die nächste Eruption? Untersuchungen von Proben des indonesischen Merapi zeigen, dass die Explosivität von Schichtvulkanen steigt, wenn mineralstoffreiche Gase die Poren und Mikrorisse in der obersten Gesteinsschicht versiegeln. Damit ergeben sich neue Möglichkeiten zur Vorhersage eines Ausbruchs.

Der Vulkan Merapi auf der Insel Java in Indonesien. iStock_mazzzur
Der Vulkan Merapi auf der Insel Java in Indonesien.

Der Merapi auf Java gehört zu den gefährlichsten Vulkanen der Welt. Um die Bevölkerung rechtzeitig vor einem Ausbruch zu warnen, nutzen Geowissenschaftler und Geowissenschaftlerinnen aktuell meist seismische Messungen, welche die Bewegungen des Untergrunds sichtbar machen.

Ein internationales Team, zu dem auch Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Technischen Universität München (TUM) gehören, hat jetzt in der Lava vom Gipfel des Merapi ein weiteres Indiz für eine drohende Eruption gefunden: Die oberste Gesteinsschicht, die „Staukuppe“, wird undurchlässig für Gase aus dem Untergrund, bevor der Vulkan ausbricht.

„Unsere Untersuchungen zeigen, dass sich die physikalischen Eigenschaften der Staukuppe im Laufe der Zeit verändern“, erklärt Prof. H. Albert Gilg vom TUM-Lehrstuhl für Ingenieurgeologie. „Nach einem Ausbruch ist die Lava noch gut durchlässig. Nach und nach sinkt dann die Permeabilität, also die Durchlässigkeit. Das Gas staut sich, der Druck steigt und sprengt schließlich in einer gewaltigen Explosion die Staukuppe.“

Der Merapi als Modell-Vulkan

An sechs Lavaproben – eine stammt vom Ausbruch des Merapi 2006, die anderen von der Eruption 1902 – konnten die Forscher zeigen, wie sich die Gesteine verändern. Untersuchungen von Porenvolumen, Dichte, Mineralzusammensetzung und -struktur ergaben, dass die Permeabilität mit zunehmender Gesteinsumwandlung um vier Größenordnungen gesunken ist. Verantwortlich dafür sind neu gebildete Mineralien, vor allem Kalium- und Natrium-Aluminiumsulfate, welche die feinen Risse und Poren in der Lava versiegeln.

Der Zyklus der Zerstörung

Dass die reduzierte Permeabilität der Staukuppe tatsächlich verantwortlich ist für den nächsten Ausbruch, bestätigten Computersimulationen. Die Modelle zeigen, dass ein Schichtvulkan wie der Merapi drei Phasen durchläuft: Nach einer Eruption, wenn die Lava noch durchlässig ist, können Gase austreten; in der zweiten Phase wird die Staukuppe undurchlässig für Gase, gleichzeitig steigt der Druck im Inneren immer weiter an; in der dritten Phase sprengt er die Staukuppe.

Auch Fotografien vom Merapi aus der Zeit vor und während der Eruption am 11. Mai 2018 sprechen für das drei-Phasen-Modell: Der Feuerberg hatte zunächst eine Rauchfahne, schien dann lange ruhig, bis sich das Gas mit einer gewaltigen Explosion einen Weg bahnte und eine Aschenfontäne kilometerhoch in den Himmel schoss.

„Die Forschungsergebnisse lassen sich jetzt nutzen, um das Eruptionsrisiko besser einschätzen zu können“, resümiert Gilg. „Ein reduzierter Gasaustritt, den man messen kann, ist damit  ein Hinweis auf einen bevorstehenden Ausbruch.“

Messungen des Gasautritts können nicht nur im Fall des Merapi helfen, eine drohende Eruption rechtzeitig zu prognostizieren. Schichtvulkane sorgen rund um den Pazifik immer wieder für Zerstörung. Die berühmtesten Beispiele sind der Pinatubo auf den Philippinen, der Mount St. Helens in den USA und der Fuji in Japan.

Publikationen

Michael J. Heap, Valentin R. Troll, Alexandra R.L. Kushnir, H. Albert Gilg, Amy S.D. Collinson, Frances M. Deegan, Herlan Darmawa, Nandhirah Seraphine, Juergen Neuberg, Thomas R. Walter; „Hydrothermal alteration of andesitic lava domes can lead to explosive volcanic behaviour“; Nature Communications volume 10, Article number: 5063 (2019)
www.nature.com/articles/s41467-019-13102-8

Weitere Informationen und Links
  • Bilder zur redaktionellen Verwendung
  • Bei den Untersuchungen kooperierten Wissenschaftler des Institut de Physique du Globe de Strasbourg, Frankreich; der Uppsala University, Schweden; der Technische Universität München, der University of Leeds, United Kingdom; der Universitas Gadjah Mada, Yogyakarta, Indonesia sowie des German Research Centers for Geosciences, Potsdam. Die Forschung wurde gefördert durch VOLTAGE, ein Projekt des Research Council of Sweden, dem schwedischen Centre of Natural Hazards and Disaster Sciences (CNDS) und dem EU Projekt VOLCAPSE.

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Kontakte zum Artikel:

Prof. Dr. H. Albert Gilg
Technische Universität München
Lehrstuhl für Ingenieurgeologie
Tel. +49-(0)89 – 289 25855
agilg@tum.de

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