Stipendiat Habtom Gidey Eckert/TUM
In Äthiopien zu Hause, in München dahoam: Habtom Gidey

Habtom Gidey: Aus Äthiopien an die TUM

2012 verließ Habtom Kahsay Gidey seine Heimat Äthiopien, um an der TUM einen Master in Informatik zu absolvieren. Im Interview erzählt er über seinen Lebensweg und seine ersten Erfahrungen in Deutschland. *

Warum haben Sie sich entschlossen, an der TUM Informatik zu studieren?

Habtom Gidey: Seit ich klein war wollte ich schon Wissenschaftler werden. Ich habe es auf Umwegen geschafft, meinen Bachelor in Äthiopien zu machen und habe mich mit meinen sehr guten Abschlussnoten an vielen Universitäten beworben, weltweit. Die meisten von ihnen waren sehr teuer, daher war ich umso überraschter, dass Studieren in Deutschland beinahe gratis ist. Das war also ein großer Pluspunkt für Deutschland. Und die TUM hatte für mich die perfekte Kombination – exzellente Lehre, top Rankings und niedrige Kosten. Auch hat man an vielen anderen Universitäten nur eine eingeschränkte Fächerauswahl. An der TUM ist das anders, hier kann ich viele interessante Vorlesungen besuchen und meinen Studienplan flexibel zusammenstellen. 

Gefällt Ihnen das Studium hier?

Habtom Gidey: Ja, sehr! Die Ausstattung ist zum Beispiel hervorragend im Vergleich zu äthiopischen Standards. Das sind Dinge, die ein deutscher Student wahrscheinlich gar nicht bemerkt, aber alleine schon die Internetgeschwindigkeit und dass es immer einen Anschluss gibt ist für mich traumhaft - in Äthiopien hatten wir oft Stromausfälle. Zudem kann man sich auf die Organisation verlassen, Vorlesungen fangen pünktlich an und so weiter.

Was sind Ihre Pläne nach dem Master?

Habtom Gidey: Ich möchte an der Universität bleiben und promovieren, am liebsten an der TUM. Ich möchte auf jeden Fall in der Forschung arbeiten.

Hat Ihre Familie Sie bei der Entscheidung unterstützt, im Ausland zu studieren?

Meine Eltern haben keinen akademischen Hintergrund – sie sind nie zur Schule gegangen. Aber sie sind sehr stolz auf mich und sie wollten immer, dass meine Geschwister und ich eine gute Ausbildung erhalten und dass wir studieren können.

Wie war Ihre Ausbildung in Äthiopien?

Habtom Gidey: Ich habe nach der Schule eine Ausbildung an einer Technischen Schule gemacht und danach drei Jahre gearbeitet, um meine Familie zu unterstützen. Die ökonomische und soziale Situation in der Nachkriegszeit war nicht einfach. Aber ich wollte unbedingt weiter studieren und habe mich in Informatik immatrikuliert. Abends habe ich Vorlesungen besucht, tagsüber gearbeitet. So habe ich meinen Bachelor absolviert. Zum Glück ist mein Bruder dann auch mit dem Studium fertig geworden und kann jetzt unsere Familie unterstützen. Daher bot sich mir überhaupt jetzt erst die Möglichkeit meinen Master im Ausland, an der TUM, zu machen.

Wie finanzieren sie jetzt ihren Lebensunterhalt?

Habtom Gidey: Zunächst hatte ich Ersparnisse und jetzt arbeite ich als Hilfskraft an der Uni. Das Stipendium ist eine riesengroße Hilfe für mich! Das Geld aus dem Stipendium ändert für mich vieles, es deckt alleine schon einen großen Teil meiner Ausgaben und ich kann endlich etwas entspannen und an andere Dinge denken als an die Finanzierung meines Studiums. Ich arbeite nach wie vor, aber ich kann jetzt meine Stunden reduzieren und mich mehr aufs Studium konzentrieren und auch darauf, richtig Deutsch zu lernen.

Haben Sie schon angefangen, Deutsch zu lernen?

Habtom Gidey: Meine Unikurse sind auf Englisch, aber ich möchte Deutsch lernen. Denn über die Sprachkenntnisse kann man doch erst richtig mit den Menschen in Kontakt treten und ihre Kultur und ihr Land verstehen. Ich lebe jetzt in München, also will ich auch so schnell wie möglich gut Deutsch lernen. Mit der Sprache kommt ein Verständnis für die Gewohnheiten, die Mentalität, die Philosophie... Wenn man sich mit den Menschen in ihrer Muttersprache unterhalten kann, kann man auch in das normale Leben besser eintauchen.

Wie haben Sie vom Stipendienprogramm erfahren?

Habtom Gidey: Ein paar Freunde haben mich einmal mitgenommen zu einer Veranstaltung der Katholischen Hochschulgemeinde. Dort habe ich mit der Leiterin Sabine Gerhard gesprochen und sie hat mir vom Deutschlandstipendium erzählt. Sie hat mir den Link zur Programmwebseite geschickt und mir gezeigt, dass man sich auch auf Englisch bewerben kann. Sie hat mir ein paar Ausdrücke und Besonderheiten erklärt und mir geraten ein offenes, ehrliches Anschreiben zu verfassen. Frau Gerhard war wirklich eine große Hilfe für mich, ich bin so dankbar, dass ich ihr an diesem Tag begegnet bin! Obwohl ich gute Noten habe, hätte ich allerdings nicht gedacht, dass ich eine Chance habe. Denn im PC-Pool waren zur selben Zeit wie ich viele andere Studierende beim Ausfüllen der Onlinebewerbung. Als ich die Bestätigungsmail bekam, war ich echt überrascht und sehr glücklich.

Was bedeutet Ihnen persönlich die Aufnahme ins Stipendienprogramm?

Habtom Gidey: Ich bin jetzt in Deutschland – in einer Gesellschaft, in der ich noch nichts beigetragen habe. Und jetzt erhalte ich in Deutschland eine nahezu kostenlose Ausbildung – und damit nicht genug, auch noch ein Stipendium! Ich werde genauso akzeptiert wie deutsche Studierende. Und dieser Respekt mir gegenüber als Person bedeutet mir viel. Es ist nicht nur eine Unterstützung für mich, sondern auch eine Unterstützung der Zukunft meiner Familie und auch auf gewisse Art und Weise meines Landes. Das Stipendium gibt mir ein Gefühl akzeptiert zu sein. Und ich hoffe auch, durch meinen Förderer Giesecke & Devrient gute Kontakte in die Wirtschaft knüpfen zu können und ein interessantes Unternehmen kennenzulernen.

Wie war es, nach Deutschland zu kommen? Haben Land und Leute Ihre Erwartungen erfüllt?

Habtom Gidey: Ich hatte natürlich Stereotype im Kopf: Deutsche sind fleißig, organisiert und so weiter. Das klang für mich alles sehr positiv. In allen Bereichen wurden meine Vorstellungen sogar noch übertroffen. Zum einen ist die Ausstattung an der Uni ein Traum. Aber es ist der Bildungsstandard, der mich am meisten beeindruckt hat - der ist exzellent. Auch die Gemeinschat und die Freiheiten, die ich hier habe, die Möglichkeiten, die mir geboten werden... Deutschland und das Studium an der TUM haben meine Erwartungen mehr als erfüllt!

* Das Interview wurde aus dem Englischen übersetzt.

(Interview: Jürgen Gradl, April 2014)

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