• 29.9.2014

Neue Substanzklasse sensibilisiert Krebszellen für Chemotherapie

Empfänglich für den Zelltod

Ein Forscherteam um Professor Angelika Vollmar von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und Professor Stephan Sieber von der Technischen Universität München (TUM) hat eine neue Klasse von Substanzen identifiziert, die bei der Therapie von Tumoren hilfreich sein können. Die nicht-toxische Verbindung sensibilisiert Krebszellen für eine Chemotherapie. Zugleich haben sie eine neue Zielstruktur bei Krebszellen gefunden, an der Medikamente angreifen können.

Die Färbung zeigt die Zielstruktur (PDI) in Brustkrebszellen. - Bild: LMU
Die Färbung zeigt die Zielstruktur (PDI) in Brustkrebszellen. - Bild: LMU

Bei der Krebsbekämpfung mithilfe von Chemotherapeutika besteht die Gefahr, dass Krebszellen Resistenzen entwickeln. „Eine Möglichkeit, das zu umgehen, ist, Chemotherapeutika zusammen mit Verbindungen zu verabreichen, die die Krebszellen gegen die Medikamente sensibilisieren und einen programmierten Zelltod  auslösen“, sagt Angelika Vollmar, Inhaberin des Lehrstuhls „Pharmaceutical Biology“ an der LMU.

In interdisziplinärer Zusammenarbeit haben die Wissenschaftler eine neue Substanzklasse (T8) entdeckt, die verschiedene Krebszellen gegen das Arzneimittel Etoposid sensibilisieren, das in der Chemotherapie eingesetzt wird, um das Wachstum der Krebszellen zu hemmen. „Der interdisziplinäre Ansatz und die enge Zusammenarbeit von Chemikern und Biologen war für unseren Erfolg entscheidend“, sagt Vollmar.

Den Forschern ist es auch gelungen, eine neue Zielstruktur zu identifizieren, die Proteindisulfidisomerase (PDI), die für viele zelluläre Funktionen eine Rolle spielt. Hier greifen die Verbindungen der neuen Substanzklasse an. Ein Vorteil der neuen Verbindung ist, dass sie alleine nicht toxisch und ihre Wirkweise reversibel ist. Nur zusammen mit einem Chemotherapeutikum entfaltet sie ihre Wirkung: Die Kombination einer subtoxischen Konzentration von Etoposid und der neuen T8-Verbindungen führt bei den Krebszellen zu erhöhten Raten des programmierten Zelltods.

Diesen Wirkmechanismus konnten die Wissenschaftler in verschiedenen biologischen und chemischen Laborstudien belegen. „Unsere Studien zeigen, dass T8 eine vielversprechende Verbindung ist, um eine Vielzahl verschiedener Krebszellen für Chemotherapeutika zu sensibilisieren.“

Die Forscher testeten die neue Verbindung unter anderem an Leukämiezellen und Brustkrebszellen. „Unser nächstes Ziel ist es, zum einen die Substanzklasse weiter zu optimieren und in unterschiedlichen Tumormodellen in vivo zu testen, zum anderen die Substanz als chemisches Werkzeug zu nutzen, um mehr über die Bedeutung der PDI als Tumor-Target zu lernen.“

An der Forschungsarbeit waren Wissenschaftler der LMU, TUM und der Universität Saarbrücken beteiligt. Unterstützt wurden die Arbeiten durch Mittel des European Research Council (ERC), der DFG über den Exzellenzcluster Center for Integrated Protein Science Munich (CIPSM) und das Institute for Advanced Studies der TUM sowie durch die Graduate School der TU München und die Wilhelm-Sander-Stiftung.

Publikation:

Jürgen Eirich, Simone Braig, Liliana Schyschka, Phil Servatius, Judith Hoffmann, Sabrina Hecht, Simone Fulda, Stefan Zahler, Iris Antes, Uli Kazmaier, Stephan A. Sieber, Angelika M. Vollmar:
Discovery and promotion of a new class of chemosensitizer reversibly inhibiting protein disulfide isomerase, Angewandte Chemie, 2014, 126, 1 – 7, DOI: 10.1002/ange.201406577

Kontakt:

Prof. Dr. Stephan A. Sieber
Technische Universität München
Lehrstuhl für Organische Chemie II
Lichtenbergstr. 4, 85748 Garching, Germany
Tel.: +49 89 289 13302 - E-Mail
http://www.ch.tum.de/sieber/

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