Bei der 65. Nobelpreisträgertagung in Lindau:
Brennen für die eigene Forschung – und Spaß haben
Lara, wie kamst Du zu der Einladung?
Eine Bekannte, die dort gewesen war, hat mir sehr begeistert davon erzählt. Sie war so inspiriert und hin und weg, dass ich dachte, das will ich auch erleben. Deshalb habe ich mich darum bemüht und herausgefunden, wie man nominiert werden kann und meinen Lebenslauf dort eingereicht. Ich wurde dann direkt von der TUM nominiert. Sobald man nominiert ist, kann man sich offiziell bewerben. Ich hatte das Glück, dass ich angenommen wurde.
Gab es einen Nobelpreisträger, mit dem Du unbedingt sprechen wolltest?
Mit Professor Stefan Hell, dem Direktor des MPI für biophysikalische Chemie in Göttingen, wollte ich unbedingt sprechen, weil ich mit dem STED-Mikroskop arbeite. Er hat es entwickelt und auch letztes Jahr den Nobelpreis dafür bekommen. Es gab noch etliche andere, mit denen ich mich persönlich unterhalten habe, zum Beispiel mit Harald zur Hausen, Robert Huber oder Peter Agre.
Welche Eindrücke hast Du mitgenommen?
Ich bin immer noch hin und weg von der ganzen Veranstaltung. Es war sehr, sehr faszinierend. Nicht nur die Vorträge der Nobelpreisträger. Egal zu welcher Tageszeit, man konnte immer auf sie zugehen und mit ihnen sprechen. Es war ein reger Austausch, man hat immer ein paar neue Gedanken bekommen. Außerdem war es wirklich toll, mich mit den anderen jungen Wissenschaftlern austauschen zu können. Weil Leute aus verschiedenen Disziplinen und aus der ganzen Welt da waren – Chemiker, Mediziner, Physiker – waren die Gespräche sehr vielfältig. Wir haben aber nicht nur über Wissenschaft gesprochen, sondern auch über Philosophie oder Politik.
Welche Themen hast Du besonders in Erinnerung?
Wir haben über die politische Lage in Afrika diskutiert, da viele afrikanische Doktoranden dabei waren. Auch das Persönliche der Nobelpreisträger war sehr interessant. Dass die Wissenschaftler anfangs mit viel Widerstand klar kommen mussten. Dass Papers anfangs zurückgewiesen wurden. Dass erst einmal Zweifel durch andere etablierte Wissenschaftler da waren, weil die Preisträger damals nicht bekannt waren und ihren Forschungsergebnissen nicht geglaubt wurde.
Welche Tipps haben Euch die Nobelpreisträger gegeben?
Wenn man wirklich für die eigene Forschung brennt, wenn es einem Spaß macht, dann kann man auch mit Widerständen klar kommen. Der Spruch „it has to be fun“, der war omnipräsent. Was ich auch extrem toll fand, waren die zwei Nobelpreisträgerinnen, Elizabeth Blackburn und Ada Yonath, die appelliert haben, dass es möglich ist, Familie zu haben und trotzdem hervorragende Wissenschaft zu machen.
Was ist Dein Fazit zur 65. Lindauer Tagung?
Es war ein sehr interessanter Gedankenaustausch, und zwar beidseitig. Die Nobelpreisträger schienen sehr interessiert an den jungen Leuten und diskutierten gerne mit ihnen. Sie haben auch den jungen Leuten zugehört. Es war sehr interessant und inspirierend.
Dein Bericht hört sich an, als würdest Du gerne noch einmal dort hingehen.
Ja, auf jeden Fall. Aber als junger Wissenschaftler kann man da nur einmal teilnehmen, es sei denn, man bekommt den Nobelpreis.
Dann arbeitest Du darauf hin?
(lacht) Ich würde sagen, man muss realistisch bleiben.
(Interview: Evdoxia Tsakiridou)
Lara Kuntz (27) hat an der TUM Molekulare Biotechnologie studiert. Derzeit erforscht sie für ihre Dissertation die Übergänge zwischen weichen und harten Materialien. Sie und ihr IGSSE (International Graduate School of Science and Engineering)-Teamkollege Leone Rossetti wollen verstehen, weshalb der Sehnen-Knochen-Ansatz der Achillessehne so stabil ist und welche Strukturen dafür verantwortlich sind. Ihre Ergebnisse wären nicht nur für die Medizin interessant, zum Beispiel wenn nach Tumoroperationen Weichgewebe wieder an den Knochen angenäht wird. Sondern auch für die Ingenieurwissenschaften, etwa beim Bau von Brücken, wo Stahl und Beton miteinander verbunden werden.