• 18.9.2023
  • Lesezeit: 2 Min.

Bestäubung in städtischen Lebensräumen braucht Insektenvielfalt

Nicht nur auf die Bienen schauen

Forscherinnen der Technischen Universität München (TUM) haben herausgefunden, dass in der Frühsaison Insekten wie Wespen, Käfer und Fliegen eine entscheidende Rolle für die Bestäubung von Pflanzen in städtischen Umgebungen spielen. Für die so bedeutende Artenvielfalt ist zudem das Nahrungsangebot entscheidender als beispielsweise die Flächenversiegelung, so die Studienautorinnen. Gärtner:innen bekommen dadurch eine Schlüsselfunktion für die Biodiversität und Bestäubung im städtischen Raum.

Porträt der Forscherin Julia Schmack Hanna Gerischer
Julia Schmack und ein Team der Professur für Urbane Produktive Ökosysteme haben in Gemeinschaftsgärten in Berlin und München untersucht, wie verschiedene Pflanzen- und Insektenarten interagieren.

Während die Interaktionen zwischen Bienen und Nutzpflanzen bereits gut untersucht sind, ist das Wissen über die Rolle von anderen Insekten bei der Bestäubung bisher noch begrenzt. In einer Studie beobachteten Forschende der Professur für Urbane Produktive Systeme an der TUM daher, wie verschiedene Pflanzen- und Insektenarten interagieren. Durchgeführt wurde die Untersuchung in 30 Gemeinschaftsgärten in Berlin und München, die das Team von Mai bis August monatlich aufsuchte. Die Ergebnisse leisten einen Beitrag, Biodiversität besser zu verstehen und ihrem Verlust künftig entgegenzuwirken.

Unterschätzte Bestäuber: Wespen, Käfer und Co.

Honigbienen, Wildbienen und Hummeln übernehmen den überwiegenden Teil der Bestäubungsleistung. Die Forschenden stellten nun allerdings fest, dass in der Frühsaison andere Insekten wie Wespen, Käfer und Fliegen einen erheblichen Beitrag leisten. Besonders relevant ist dies, weil im Mai früh blühende Pflanzen Bestäubung benötigen, darunter bedeutende Nutzpflanzen wie Erdbeeren, aber auch viele Wildpflanzen. Dann sind diese eher unscheinbaren Insektenarten die häufigsten Blütenbesucher. „Viele dieser Bestäuber sind zudem robuster als Honigbienen und fliegen selbst unter schlechten Bedingungen noch. Ihr Beitrag zur Bestäubung der Pflanzen wird leider völlig unterschätzt“, stellt Forscherin Dr. Julia Schmack dar.

Auch wie sich Urbanisierung und damit einhergehende Veränderungen in Blühangebot und Nistmöglichkeiten für Insekten auf deren Vielfalt auswirken, ist bisher wenig untersucht. Bei ihren Beobachtungen stellten die Forschenden fest: Blütenvielfalt zeigt die stärksten Effekte auf die Biodiversität der Insekten. Flächenversiegelung, Gartengröße, Blütenmenge und Nistplätze haben nur geringen Einfluss. Insektenexpertin Schmack erklärt: „Städte bergen ein großes Potenzial, dem Artensterben entgegenzuwirken, indem wir Lebensräume für Pflanzen und Tiere schaffen.“

Insekten mit unterschiedlichen Nahrungsvorlieben

Um das Zusammenspiel zwischen Insekten und ausgewählten Nutz- und Wildpflanzen besser zu verstehen, beobachteten die Forschenden ihre Interaktionen. Die Insekten zeigten dabei unterschiedliche Nahrungsvorlieben. Lavendel wurde beispielsweise ausschließlich von Bienen angeflogen, Schafgarbe und Gänseblümchen nur von anderen Insekten. Andere Pflanzen zeigten ein breiteres Spektrum an Bestäubern. So bestäuben bei Oregano sowie Ringelblume hauptsächlich Honig- und Wildbienen. Bei Rotklee sowie Löwenzahn beobachtete das Forschendenteam überwiegend Ameisen und Schwebfliegen bzw. Ameisen und Käfer. Bei Erdbeeren sind Ameisen und Wildbienen am Häufigsten zu finden. Für Einwohner:innen von Städten ergibt sich somit ein großes Potenzial, mit ihrer Gartenarbeit mehr Biodiversität zu schaffen. Dr. Julia Schmack stimmen die Ergebnisse optimistisch: „Durch gezielte Pflanzungen können wir urbane Räume so gestalten, dass sie sich positiv auf Insekten auswirken“, so die Forscherin.

Publikationen

Schmack, J.M., Egerer, M. Floral richness and seasonality influences bee and non-bee flower interactions in urban community gardens. Urban Ecosyst (2023). https://doi.org/10.1007/s11252-023-01353-9

Weitere Informationen und Links
  • An der Professur für Urbane Produktive Systeme liegt der Schwerpunkt auf städtischen Agrarsystemen. Das Ziel ist es, zu erforschen, wie produktive Räume in Städten geschaffen werden können, die Nahrung, Lebensraum und Gemeinschaft bieten  (https://upe-lab.de/).
  • Das Hans Eisenmann-Forum für Agrarwissenschaften vernetzt rund 30 agrarwissenschaftlich orientierte Lehrstühle der TUM. Es bietet eine Plattform für die Kommunikation innerhalb der Universität, mit externen Partnern aus verschiedenen Bereichen der Agrarwissenschaft und Agrarwirtschaft sowie mit der Gesellschaft (www.hef.tum.de).

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Kontakte zum Artikel:

Dr. Julia Schmack
Technische Universität München
Professur für Urbane Produktive Systeme
j.schmackspam prevention@tum.de
https://upe-lab.de/

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