• 18.1.2023
  • Lesezeit: 4 Min.

Michaela Benthaus bei „AstroAccess“ in Houston

Aerospace-Studentin erlebt Schwerelosigkeit bei Parabelflug

Seit ihrer Kindheit wollte Michaela Benthaus Astronautin werden, bis ein schwerer Unfall ihr Leben komplett veränderte. Im Dezember konnte die Aerospace-Studentin nun erstmals Schwerelosigkeit erleben – durch ein Programm aus den USA, das den Weltraum barrierefrei machen will.

In der Schwerelosigkeit: Michaela Benthaus beim Parabelflug zusammen mit der ehemaligen NASA-Astronautin Dr. Cady Coleman (links). AstroAccess
In der Schwerelosigkeit: Michaela Benthaus beim Parabelflug zusammen mit der ehemaligen NASA-Astronautin Dr. Cady Coleman (links).

Schon immer war Michaela Benthaus „mega fasziniert“ vom Weltraum und der Raumfahrt. Als sie dann mit etwa zehn Jahren das erste Mal Star-Wars und „die ganzen Raumschiffe“ dort sah, war sie fest entschlossen: Sie wollte ins Weltall fliegen.

Die in Kiel geborene Studentin ließ ihren Traum nie los und verfolgt ihn bis heute weiter. Nach ihrem Bachelor in Mechatronik hat sie den Master Aerospace an der TUM begonnen und dort einen Schwerpunkt auf Raumfahrt und Astrophysik gelegt.

Kindheitstraum Weltall

Dass sie nach so langer Zeit immer noch ihren Kindheitstraum verfolgt, ist alles andere als selbstverständlich. Im September 2018 sah es für sie so aus, als könne sie niemals ins All fliegen und Schwerelosigkeit erleben. Michaela stürzte damals mit dem Mountainbike und ist seither querschnittsgelähmt.

„Das passt halt gar nicht in das Bild, das man von Astronauten hat“, erzählt die 30-Jährige. Zunächst hielt es Benthaus darum für „ausgeschlossen“ jemals ins All fliegen zu können, in den letzten Jahren schöpfte sie aber Hoffnung: „Die Zeiten und die technischen Möglichkeiten ändern sich“. Für eine Machbarkeitsstudie habe die ESA unlängst auch einen Mann mit amputiertem Bein zugelassen.

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Astronautin in spe? Rollstuhlfahrerin Michaela Benthaus studiert an der TUM und durfte in Houston die Schwerelosigkeit testen.

Parabelflug im Dezember 2022

Wohl wissend, wie wenig Menschen überhaupt eine solche Möglichkeit bekommen, sei zwar nicht ihr ganzes Leben danach ausgerichtet – aber den Traum einmal in den Weltraum zu fliegen einfach aufzugeben, kommt für Michaela Benthaus nicht in Frage. „Wenn ich jemals die Gelegenheit dazu bekommen sollte, mache ich das natürlich“, sagt sie entschieden.

Gelegenheit, zumindest die Schwerelosigkeit zu erleben, bekam die Studentin im Dezember 2022. Sie hatte sich für ein Projekt der US-amerikanischen Initiative „AstroAccess“ beworben, die das Ziel hat, die Raumfahrt barrierefrei zu machen. Schon zum zweiten Mal veranstaltete „AstroAccess“ einen sogenannten Parabelflug. Dabei fliegt ein Flugzeug in Form einer Parabel zunächst steil nach oben, um sich dann ebenso steil wieder in Richtung Erde zu bewegen. Am höchsten Punkt, an dem sich das Flugzeug vom Aufwärts- in den Abwärtsflug wendet, sind die Insassen für eine Zeitspanne von 20 Sekunden schwerelos.

Man könne sich die Schwerelosigkeit so vorstellen, „wie das Gefühl bei einem Trampolinsprung – nur halt für 20 Sekunden“, sagt Michaela. Es habe sich für sie toll angefühlt, sich so frei zu fühlen und vor allem auch, sich im schwerelosen Zustand endlich wieder ohne Rollstuhl fortbewegen zu können.

Michaela Benthaus vor dem Flugzeug, mit dem sie den Parabelflug in Houston absolvierte. Michaela Benthaus
Teilnehmerin bei „AstroAccess“: Michaela Benthaus vor dem Start der 18 Parabeln im Flugzeug "ZERO G" in Houston.

Experimente in der Schwerelosigkeit

Gemeinsam mit angehenden Raumfahrttechniker:innen und anderen Berufsgruppen aus verschiedenen Ländern flog Benthaus 18 Parabeln und hatte dabei Gelegenheit, verschiedene Experimente auszuprobieren. Zunächst aber brauchten die Teilnehmenden ein paar Flüge Zeit, um sich überhaupt an die Schwerelosigkeit zu gewöhnen. Fünf Parabeln waren zur Eingewöhnung vorgesehen. „Du hebst ab und musst dich erstmal orientieren“, berichtet sie. „Manche machen am Anfang Schwimmbewegungen, aber das nützt natürlich gar nichts“, weil man eigentlich nur in Bewegung komme, wenn man „gegen eine Wand oder eine andere Person stößt“.

Schnell verstand sie aber, „dass weniger Bewegung besser ist“ und konnte sich dann mit den Experimenten befassen, die sie mit AstroAcess schon lange vor dem Flug vorbereitet hatte. Sie waren noch nie zuvor von einem Menschen mit Behinderung in der Schwerelosigkeit durchgeführt worden. Etwa versuchte sie, sich aus ihrem Schweben heraus wieder in einen Sitz zu begeben und sich dort anzuschnallen. Von Astronaut:innen wird erwartet, dass sie diese Übung im Notfall innerhalb einer bestimmten Sekundenanzahl schaffen – und auch bei Michi habe das „ziemlich gut geklappt“.

Astronaut:innen in einer Raumstation haken, wenn sie arbeiten, ihre Füße an Halterungen im Boden unter, damit sie an einer Stelle bleiben, während sie beispielsweise etwas reparieren. Da Benthaus ihre Füße nicht bewegen kann, ist dies für sie nicht möglich. Das sogenannte „Anker Experiment“, das sie auf dem Parabelflug durchgeführt hat, sollte dem Abhilfe schaffen. Durch Stäbe, die von ihrer Hüfte ausgingen, konnte sie sich an einem Ort befestigen, um dort stehenzubleiben.

Aerospace-Studentin Michaela Benthaus in der TUM School of Engineering and Design vor einer Bodenplatte, die Teil eines Space Shuttles war. Astrid Eckert / TUM
Aerospace-Studentin Michaela Benthaus in der TUM School of Engineering and Design mit Bodenplatte, die Teil eines Space Shuttles war.

Weltraumtourismus als mögliches Berufsfeld

Nach dem zweiten Parabelflug im Dezember wird das Projekt von „AstroAccess“ in Amerika auf jeden Fall weitergehen. Unklar ist aber noch wie genau. Michaela Benthaus will dabei bleiben. Wie es bei ihr selbst weitergehen soll, weiß sie noch nicht genau. Durch ihr Studium hat sie aber die Möglichkeit, in der Raumfahrt zu arbeiten – das müsse gar nicht zwingend als Astronautin sein.

Sie bleibt aber zuversichtlich, ihren Traum vom All doch noch erfüllen zu können. „In der Raumfahrt tut sich gerade unglaublich viel“ und je mehr neue Raumstationen entstehen und je mehr Firmen sich im Bereich kommerzieller Raumfahrt – etwa beim Weltraumtourismus – herausbilden, desto bessere Chancen hat sie, ihren Traum weiterzuverfolgen und vielleicht doch noch ins Weltall zu fliegen.

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