Europäischer Forschungsrat fördert Proofs of Concepts

Sechs ERC Grants für Forschende der TUM

Mit Proof of Concept Grants fördert der Europäische Forschungsrat (ERC) Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die aus Forschungsergebnissen marktfähige Innovationen entwickeln wollen. Forschende der Technischen Universität München (TUM), an der der Technologietransfer eine besonders wichtige Rolle spielt, konnten nun sechs dieser Grants einwerben. Die Förderung fließt in die Felder Cloud Computing, Robotik, Krebsmedizin, Medikamentenentwicklung und Astrophysik.

Dr. Raimund Strauß wird mit einem Proof of Concept Grant des ERC gefördert. Andreas Heddergott / TUM
Dr. Raimund Strauß wird mit einem Proof of Concept Grant des ERC gefördert.

Forschende an der TUM konnten bislang 247 der renommierten ERC Grants einwerben. Diese werden jedes Jahr in verschiedenen Kategorien vergeben. Proof of Concept Grants sind mit 150.000 Euro dotiert.

Prof. Dr. Pramod Bhatotia

Cloud-Computing-Plattformen beruhen auf verteilten Systemen, in denen mehrere Computer unabhängig voneinander zusammenarbeiten. Verteilte Systeme sind jedoch anfällig für Angriffe und Ausfälle, insbesondere in großen, komplexen Umgebungen. Derzeitige Lösungen weisen häufig Einschränkungen auf, insbesondere in Bezug auf Programmierbarkeit, Sicherheit und Leistung. Die Forschungsinitiative DNA unter der Leitung von Pramod Bhatotia soll das Cloud Computing verbessern, indem sie Online-Systeme von Natur aus sicherer und zuverlässiger macht. Das Projekt will dies erreichen, indem die Sicherheit direkt in die spezielle Netzwerkhardware, die sogenannten SmartNICs, eingebaut wird, wodurch das Netzwerk im Grunde sein eigenes kleines, überprüfbares Sicherheits-„Gehirn" erhält. Dieser Ansatz soll nicht nur die Sicherheit komplexer Cloud-Umgebungen vereinfachen, sondern auch die Leistung erheblich steigern und so für reibungslosere und vertrauenswürdigere Online-Möglichkeiten für alle sorgen, von Privatpersonen, die Streaming-Dienste nutzen, bis hin zu Unternehmen, die sich auf kritische Cloud-basierte Anwendungen verlassen.

Pramod Bhatotia ist Professor für Distributed Systems and Operating Systems an der TUM School of Computation, Information and Technology. 2022 erhielt er bereits einen ERC Starting Grant.

Prof. Dr. Gordon Cheng

Für Patientinnen und Patienten mit neurologisch bedingten Gangstörungen ist die Rehabilitation eine Herausforderung. In Mittelpunkt des Projektes „Feel my steps“ steht ein Proof of Concept für ein neu entwickeltes sensorisches Feedback. Zum Einsatz kommen Einlegesohlen, die mit Sensoren bestückt sind, sowie maschinelles Lernen, das Schritte vorhersagt. Durch Geräusche und Vibrationen soll das System, das die Forschenden zusammen mit Physiotherapeutinnen und -therapeuten sowie Neurologinnen und Neurologen entwickeln, den Patientinnen und Patienten Feedback zu Haltung und Gang geben. Das System kommt in Rehabilitationskliniken und zu Hause zum Einsatz. Das Ziel des Projektes besteht darin, einen praxistauglichen Prototyp sowie eine patentrechtliche Strategie zu entwickeln und Geschäftsmodelle zu analysieren.     

Gordon Cheng ist Professor für Kognitive Systeme an der TUM School of Computation, Information and Technology. 2023 erhielt er bereits einen ERC Advanced Grant.

Prof. Dr. Marcus Conrad

Die Forschungsinitiative FERADICATE verfolgt einen neuartigen Ansatz zur Behandlung besonders aggressiver und therapieresistenter Krebsarten. Diese Tumoren sind häufig mit einer schlechten Prognose verbunden. Im Zentrum von FERADICATE steht die Ferroptose – eine eisenabhängige Form des programmierten Zelltods, die Krebszellen normalerweise umgehen. Indem Prof. Marcus Conrad und sein Team ein Schlüsselprotein namens FSP1 gezielt blockieren, wollen sie Krebszellen in diesen Selbstzerstörungsprozess treiben. Derzeit entwickelt das Team eine neue Klasse von FSP1-Inhibitoren mit dem Ziel, deren Selektivität, Wirksamkeit und Eignung für die orale Anwendung zu optimieren. Gelingt dieses Vorhaben, könnte FERADICATE den Weg für klinische Studien ebnen und so ein vielversprechendes neues Instrument im Kampf gegen einige der herausforderndsten Krebsarten schaffen.

Marcus Conrad ist Professor für Translational Redox Biology an der TUM School of Natural Sciences und Direktor des Instituts für Metabolismus und Zelltod bei Helmholtz Munich.

Prof. Dr. Viktor Leis

Der Markt für Cloud Services wird aktuell von wenigen Unternehmen dominiert. Dies führt zu hohen Preisen, begrenzter Innovation und gleichzeitig zu Lock-in Effekten, die den Wechsel zu anderen Anbietern erschweren. Im Projekt CloudStore entwickelt das Team um Viktor Leis Cloud-unabhängige Infrastrukturen, die auf jeder Cloud-Plattform eingesetzt werden können. Dadurch sollen Lock-in Effekte reduziert werden und Anwenderinnen und Anwender können unkompliziert zwischen Anbietern wechseln können, wenn sich Kosten, Leistungsanforderungen oder strategische Prioritäten ändern. Gleichzeitig sollen die Gesamtkosten sinken, neue Entwicklungen angeregt und die schwache Marktposition der EU in diesem Bereich gestärkt werden.

Viktor Leis ist Professor für Decentralized Information Systems and Data Management an der TUM School of Computation, Information and Technology.

Dr. Raimund Strauß

Gerade um die großen Fragen des Universums zu beantworten, ist unglaublich viel Detailarbeit und Präzision notwendig. Der Astrophysiker Dr. Raimund Strauß erforscht die geheimnisvolle Dunkle Materie – deren Existenz zwar theoretisch als gesichert gilt, die aber noch nicht direkt nachgewiesen wurde. Außerdem beschäftigt er sich intensiv mit Neutrinos, deren Eigenschaften essentiell für das Verständnis unseres Universums sind. Die Teilchendetektoren seines Teams funktionieren bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt. Erreicht werden diese mit hochleistungsfähigen Kühlsystemen (Dry Dilution Refrigerators). Doch diese erzeugen mechanische Vibrationen, welche die sehr empfindlichen Detektoren und auch ebenfalls temperaturanfällige Quantencomputer stark beeinträchtigen. Um das Problem zu lösen, hat Strauß mit seinem Team ein patentiertes Vibrationsentkopplungssystem entwickelt, das er im Rahmen seines neuen ERC-Projekts zur Marktreife bringen will. Gemeinsam mit einem Industriepartner hat er dafür bereits ein Spin-off gegründet.

Raimund Strauß ist TUM Junior Fellow. Er forscht und lehrt am Lehrstuhl für Experimentelle Physik und Astroteilchenphysik an der TUM School of Natural Sciences. Seine Forschung wurde 2018 bereits mit einem ERC Starting Grant gefördert.

Prof. Dr. Fabian Theis

Im Projekt CellCourier kombinieren Prof. Fabian Theis und sein Team Einzelzellgenomik, fortschrittliche Computermodelle und generative KI, um eine der größten Herausforderungen der Medikamententherapie zu lösen: die präzise Zielsteuerung. Ziel ist es, die Wirkstoffabgabe durch kombinatorisches Zell-Targeting und das generative Design maßgeschneiderter Bindungspeptide gezielt zu programmieren. Dabei nutzen die Forschenden Daten aus dem Human Cell Atlas sowie KI-Modelle, um sogenannte Surface Codes zu erstellen – molekulare Landkarten, die diese Bindungspeptide leiten. In der Anfangsphase konzentriert sich CellCourier auf Lungenerkrankungen wie COPD, Mukoviszidose und Lungenkrebs. Durch die präzisere Verabreichung von Wirkstoffen könnte CellCourier dazu beitragen, Nebenwirkungen zu verringern und die Sicherheit von mRNA-basierten und anderen Therapien zu verbessern.

Fabian Theis ist Professor für die Mathematische Modellierung biologischer Systeme an der TUM School of Computation, Information and Technology und an der TUM School of Life Sciences. Er ist Kernmitglied des Munich Institute of Biomedical Engineering (MIBE), des Munich Data Science Institute (MDSI) und des Munich Center for Machine Learning (MCML). Bei Helmholtz Munich ist er Leiter des Computational Health Centers und Direktor des Instituts für Computational Biology. Theis wurde bereits 2010 mit einem ERC Starting Grant und 2022 mit einem ERC Advanced Grant ausgezeichnet.

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