Podcast „We are TUM“ – Transkript zur dritten Folge

„Die beste Forschungsarbeit nützt nur dann etwas, wenn sie auch eine interessante Lösung im realen Leben dann hervorbringt. Das ist so ein Beispiel für mich, wie auch Zusammenarbeit zwischen Industrie und Hochschule aussehen kann.“

[Matthias Kirsch:] Dass Industrie und Universität gut zusammenarbeiten, daran hat Frank Weber, den wir gerade gehört haben, großes Interesse. Er ist nämlich Vorstand bei BMW, dem Münchner Automobilhersteller. Und mehr Innovation heißt für ihn, bessere Fahrzeuge in der Zukunft. Die Zusammenarbeit zwischen BMW und TU München vertieft sich bald. Denn BMW stiftet der Uni eine Professur. Welche Vorteile beide Seiten davon haben, darum geht es im ‚Spitzengespräch‘ dieser Folge. Herzlich Willkommen zu „We are TUM“, dem Podcast von und für die Technische Universität München. Mein Name ist Matthias Kirsch und ich begleite Sie durch diesen Podcast. Wie immer stellt Ihnen aber ganz zu Beginn der Präsident der Universität, Thomas Hofmann, die Themen der heutigen Episode vor.

[Thomas Hofmann:] Liebe Zuhörende, die TU München ist ein inspirierender Ort der Begegnung einer Gemeinschaft an Studierenden, Mitarbeitenden, Alumni, Partnern und Gästen. Aus der Vielfalt dieser Menschen schöpfen wir unsere Stärke in Forschung, Lehre und Innovation. Das wird auch in dieser Folge von „We are TUM“ ganz deutlich. Den Anfang macht wie immer unsere Rubrik Forschung und Technologie. Wir sprechen dieses Mal aber nicht mit Forschenden, sondern mit einem Mann, der Spitzentechnologie möglich macht: dem BMW-Vorstand Frank Weber. Der Automobilkonzern stiftet der TU München einen zukunftsorientierten Lehrstuhl auf dem Gebiet des Quantencomputing. Der ‚Hidden Champion‘ dieser Folge ist Gerhard Lehrberger. Der selbsternannte „Geologe für Kultur” kümmert sich an unserer Universität um die versteckten Kunst-Schätze – er stellt die Kunst vor, er restauriert sie und manchmal muss er sie auch retten.

Von der Kunst gehen wir dann in die Welt der Start-ups. Zunehmend mehr erfolgreiche deutsche Jungunternehmen beginnen nämlich ihren Weg hier an der TU München. Eines von ihnen ist air up. Gründer ist Fabian Schlang und was er macht, erfahren Sie in dieser Folge. Soviel vorweg: Es geht um eine revolutionäre Art und Weise zu trinken. Zum Abschluss folgt dann unsere Rubrik ‚Der Blick von außen‘. Das Thema heute: Netzwerken. Mit der Münchner Sicherheitskonferenz haben wir absolute Experten auf diesem Feld praktisch direkt als Nachbarn. Lisa Marie Ullrich ist die Programmdirektorin der Sicherheitskonferenz. Sie erzählt uns, warum es beim Netzwerken mehr auf Qualität als auf Quantität ankommt und weshalb man seine Vorbilder ruhig einfach mal auch nach Tipps fragen sollte. Ich wünsche Ihnen viel Spaß mit „We are TUM“ und grüße bis zum nächsten Mal!

Spitzenforschung

[Kirsch:] Schon seit einigen Jahren gibt es zwischen der TU und dem Münchner Autobauer BMW eine gute Zusammenarbeit. Diese wird sich jetzt noch vertiefen, denn BMW hat der Universität eine Professur gestiftet zum Zukunftsfeld des Quantencomputings. Warum das nötig ist und wie das Auto der Zukunft aussieht, darüber hat mein Kollege Marcel Laskus mit Frank Weber gesprochen. Als Mitglied des Vorstands ist Weber verantwortlich für die Entwicklung der Fahrzeuge des Autokonzerns.

[Marcel Laskus:] Guten Tag, Herr Weber.

[Frank Weber:] Schönen Tag, Herr Laskus.

[Laskus:] Sie haben in den 1980er-Jahren Maschinenbau studiert, wie ich in Ihrem Lebenslauf gelesen habe. Damals ging es noch um Verbrennungsmotoren. Heute scheinen sich die Entwicklungen zu überschlagen. Es geht um Quantentechnik, E-Autos, autonomes Fahren. Wären Sie gerne heute nochmal Student?

[Weber:] Ja, ich habe die Arbeit, also an der Uni, wenn man das so will, immer geliebt. Aber was interessant ist: das Lernen hat mich nicht verlassen. Und ich glaube, das ist für unsere ganze Industrie bezeichnend. Wenn Sie sich mal anschauen, was Sie gerade gemeint haben, dass wir uns heute mit Batteriezellen, Sensorik, Fahrerassistenzalgorithmen, Digitalisierung und all dem beschäftigen, dann merken Sie, dass das ganz weit weg ist von dem, was eigentlich mal vor über 30 Jahren mein Maschinenbaustudium geprägt hat. Und das ist schon der erste Gedanke, wo Sie auch sehen, dass hier zwischen denen, die lernen in der Industrie und denen, die beginnen zu lernen an den Hochschulen, gerade das Interdisziplinäre einen völlig anderen Stellenwert bekommt. Und so trauere ich der Zeit manchmal nach, aber irgendwie befinde ich mich doch mittendrin.

[Laskus:] In welchen Bereichen, glauben Sie, werden Quantenalgorithmen, Quantencomputer, Quantenanwendungen in Zukunft bei der BMW Group eine Rolle spielen?

[Weber:] Die Autoindustrie simuliert natürlich mit immensen Rechenleistungen heute ganz, ganz viel. Das ist Aerodynamik, das sind Akustik-Dinge. In Zukunft ist das das Verhalten der Zelle, also der Batteriezelle, in einem E-Auto. Das ist ein chemischer Prozess, der ganz schwer zu greifen ist. Das heißt, je mehr Rechenleistung wir kriegen desto besser können wir simulieren. Und wir sind auf diese Simulation angewiesen. Und wie das manchmal so ist, je mehr Rechenleistung und damit auch Simulationsfähigkeit ich habe desto mehr entwickeln sich bestimmte Anwendungsfelder für uns. Und daher haben wir schon vor Jahren das Quantencomputing für uns entdeckt und haben gesagt, das ist ganz wichtig, dass wir das anwenderorientiert fördern, um es dann auch, wenn es soweit ist, bei uns einsetzen zu können. Das wird uns helfen, auch simulativ viel bessere Aussagen treffen zu können.

[Laskus:] Ich gehe mal ganz persönlich von mir aus: für mich ist dieses ganze Feld ein bisschen abstrakt. Können Sie denn sagen, wo vielleicht ganz konkret das Feld Quantencomputing in einem Auto von BMW eine Rolle spielen wird?

[Weber:] Wie ich ja eben schon angedeutet habe: alles, was große Rechenleistungen benötigt, dort ist der Einsatz von Quantencomputing von uns sehr vielversprechend. Materialforschung, das Verhalten von Materialpaarungen, Verhalten über Lebenszeit bis auf die molekulare Ebene. Da können Sie sich vorstellen, das simulativ zu erfassen, braucht ganz, ganz viel Rechenkapazität. Und wenn Sie sich das mal anschauen aus der Vergangenheit: wir haben damit vor vielen Jahren begonnen, nehmen wir den Crash, also ein Auto fährt gegen eine Wand, die Struktur verformt sich. Das war früher so, dass Sie dann am Freitagabend den Rechner losgeschickt haben, damit Sie am Montag ein Ergebnis bekommen haben. In dieser Welt würden Sie das auf Knopfdruck bekommen. Und das jetzt bei viel, viel komplexeren Fragestellungen.

Oder auch Materialforschung, ich habe die Zelle schon angesprochen. Wie verhalten sich Moleküle in der Zelle über die Zeit? Wie verändern sich diese Dinge? Das betrifft auch Maschine Learning in gewisser Weise. Fahrerassistenz, die wir heute betreiben, ist etwas, was riesige Datenmengen verarbeiten muss. Und so sehen Sie schon, in ganz, ganz verschiedenen Feldern – Materialzelle, Fahrerassistenz, Algorithmen – entstehen wirklich konkrete Anwendungen für diese schnelle Rechenleistung und für auch sehr konkrete Anwendungen.

[Laskus:] Nun ist das natürlich noch Zukunftsmusik, wie man immer so schön sagt. Und damit das irgendwann auch mal in die Gegenwart kommt, unterstützt die BMW Group auch die TUM. Erst vor Kurzem wurde der Vertrag für die Gründung des Stiftungslehrstuhls Quantenalgorithmen und Quantenanwendung unterzeichnet. 5,1 Millionen Euro werden innerhalb von sechs Jahren fließen. Die BMW Group ist doch eigentlich ein Konzern mit zehntausenden Spezialisten. Wozu braucht es da noch die externe Unterstützung einer Universität?

[Weber:] Natürlich haben wir viele Spezialisten, aber es gibt ja eine klare Trennung. Diese Spezialisten sind darauf fokussiert, die besten Autos zu bauen, die besten Motorräder und all das zu machen. Wir regen an, hier Spitzenforschung zu betreiben, damit wir irgendwann einmal einen Nutzen davon haben, dass diese Technologie anwenderbezogen für uns zur Verfügung steht. Und damit ist auch klar, dass wir – das ist jetzt schon fast fünf Jahre her – dass wir gesagt haben, Quantencomputing spielt für uns eine Rolle. Wir haben ein Projektteam gegründet und alles, haben aber gemerkt, wenn wir das wirklich in zehn Jahren für uns einsetzen wollen, wird das eine andere Form der Zusammenarbeit brauchen zwischen uns und der Hochschule.

[Laskus:] Wie stellen Sie sich eine ideale Symbiose zwischen einem privatwirtschaftlichen Konzern wie der BMW Group und einer Universität wie der TUM vor?

[Weber:] Unabhängigkeit der Hochschule ist ganz, ganz wichtig. Die Forschung muss immer vor uns sein in gewisser Weise. Aber, was uns genauso wichtig ist, und da ist dieses Beispiel des Lehrstuhls ein wunderbares Beispiel. Wir wollen Spitzenforschung und spitzenindustrielle Lösungen am Ende. Und wir wollen sehen, dass diese Sektoren sich schnell verbinden, da, wo neue Lösungen entstehen. Das nennt man dann auch Innovation, deswegen nützt die beste Forschungsarbeit nur dann etwas, wenn sie auch eine interessante Lösung im realen Leben hervorbringt. Und so ist auch die Zielsetzung des Lehrstuhls gewesen. Dass wir gesagt haben, Grundlagenforschung beim Quantencomputing gibt es ausreichend. Aber wirklich eine Zielrichtung zu haben, darauf, wo das auch ganz konkret angewendet werden kann – das ist so ein Beispiel für mich, wie auch Zusammenarbeit zwischen Industrie und Hochschule aussehen kann.

[Laskus:] Vielen Dank, Herr Weber.

[Weber:] Ganz herzlichen Dank für das Gespräch.

Hidden Champion

[Kirsch:] An einem so technischen Ort wie der TU München über Kunst zu sprechen, das wirkt auf den ersten Blick falsch. Doch wir haben uns nicht geirrt, denn an der Universität gibt es versteckte Kunstschätze. Und glücklicherweise gibt es auch jemanden, der sich darauf verschrieben hat, die Kunst in der TUM zu zeigen, zu restaurieren und manchmal leider auch zu retten. Er selbst nennt sich ein „Geologe mit Kultur“. Clarissa Ruge hat sich mit dem ‚Hidden Champion‘ dieser Folge, Gerhard Lehrberger, über Kunst an der TU München unterhalten.

[Clarissa Ruge:] Herr Lehrberger, Sie sind Geologe. Warum unterhalten wir uns jetzt über Kunst an der TUM?

[Gerhard Lehrberger:] Wir unterhalten uns heute über Kunst an der TUM und speziell über Steinkunst. Denn das ist mein Spezialgebiet, das ist die Kultur-Geologie. Also der Bereich, der zwischen Stein und Mensch gewissermaßen vermittelt.

[Ruge:] Schön. Wo liegt der größte kulturelle Schatz der TUM? Und was hat er für eine Geschichte?

[Lehrberger:] Also wir haben ja viele Schätze. Zunächst sind unsere Studenten natürlich der größte Schatz. Aber steinkulturmäßig haben wir an jedem Standort Highlights. Am Stammgelände zum Beispiel den wunderbaren TUM-Turm, dessen Treppenhaus alleine ein Steinkunstwerk ist.

[Ruge:] Wo kann man diese besonderen Steine genau sehen?

[Lehrberger:] Bei unseren Führungen in der TU kann man die Baugeschichte der TU eigentlich an den Steinen nachvollziehen. Und am schönsten ist es im Treppenhaus des Turms zu sehen, wo eben die komplette Treppenanlage aus wunderbaren unterschiedlichen Steinen in einer hervorragenden Verarbeitungsqualität zu sehen ist.

[Ruge:] Was fasziniert Sie persönlich so an Steinen?

[Lehrberger:] Mich persönlich fasziniert an den vor allem polierfähigen Steinen, die ja in der Architektur an den Oberflächen häufig sind, der Aspekt der Farbigkeit und der Strukturen. Ja, aus denen ich wieder ablesen kann, zum Beispiel über die Entstehungsgeschichte, über den Werdegang des Steins.

[Ruge:] Und seit wann fasziniert Sie der Stein so? Schon als kleiner Junge oder wie kann man sich das vorstellen?

[Lehrberger:] Ich bin zur TU gewechselt und habe hier angefangen, vor über 40 Jahren Geologie zu studieren. Und das Studium hat mich eigentlich schon begeistert. So hat sich das weiterentwickelt und Die TUM-Gesteine beschäftigen mich seit etwa 15 Jahren.

[Ruge:] Gehen wir nochmal auf die Kunst an der TUM ein. Welchen geschichtsträchtigen Platz mögen Sie hier am liebsten und was wäre das?

[Lehrberger:] Die Kunst an der TUM ist vielfältig. Wenn ich in München einen Platz nennen müsste, der mir am besten gefällt, dann ist es tatsächlich der Turm. Allein schon das erhebende Gefühl hinaufzusteigen durch diese Steinwelt und dann die Konstruktion oben mit dem Mauerwerk und den Metallen. Und dann natürlich auch der Blick. Also nicht umsonst ist der TUM-Turm jetzt das neue Symbol der TU.

[Ruge:] Und weiter? Was kann man hier noch Schönes entdecken?

[Lehrberger:] Und dann gibt es am Stammgelände jede Menge Kunstwerke, die zum Teil unter Kunst am Bau fallen und zum Teil Denkmäler sind. Ich erinnere hier an das Ohm-Denkmal an der Theresienstraße. Oder eben auch diese wunderbare Metallskulptur von Fritz Koenig im Innenhof. Bis hin zu kleinen versteckten Kunstwerken in Treppenhäusern und an Wänden, wo viele jahrzehntelang vorbeigehen und die gar nicht bemerken. Also die TUM ist auch ein Kunstmuseum.

[Ruge:] Und wer kümmert sich um diese ganzen Kostbarkeiten?

[Lehrberger:] Wir haben derzeit leider keine eigene Stelle für die Kunstwerke an der TUM. Die Zusammenstellung im Jubiläumsband zum 150-Jahre-Jubiläum hat gezeigt, dass wir wirklich ein großes Museum sind, aber leider keine Kustodie haben, die sich um die Objekte kümmert.

[Ruge:] Gibt es irgendein Ereignis, wo Sie sagen, also da standen mir am meisten meine Nackenhaare auf, als ich das mitbekommen habe?

[Lehrberger:] Also es gibt tatsächlich ein paar Erlebnisse bezüglich des Umgangs mit Kunstwerken an der TU, vor allem mit Steinobjekten, die mich erschüttert haben. Ganz markant zu nennen ist ein Steinmosaik vom berühmten Künstler Karl Knappe, der für den Bau des Materialprüfamts ein Mosaik gestaltet hat, das beinahe in den Bauschutt gewandert wäre. Und hätten die Bauarbeiter das nicht zwischengelagert, quasi vor unserem Institutseingang, wäre das wahrscheinlich verloren gegangen.

[Ruge:] Und keiner hat es gemerkt? Also das war auch von Ihnen reiner Zufall, dass Sie da vorbeigegangen sind?

[Lehrberger:] Das war reiner Zufall. Eine Kollegin, die in einem Projekt mitarbeitet und Restauratorin ist, kam zu mir und hat gesagt, du, da liegt ein Mosaik auf dem Bauschutt. Und dann bin ich runtergegangen und mir war natürlich gleich klar, was das für eins ist. Und das musste einem Bildschirm weichen, und, ja, wir konnten es retten. Und das soll nun auch wieder in das Original-Ensemble integriert werden. Wir haben nämlich ein Treppenhaus, das eines der schönsten der Fünfzigerjahre ist. Und da gehört das eigentlich hin.

[Ruge:] Wenn jetzt nach der Pandemie viele spannende Führungen wieder möglich sind, wo können die Leute denn sich da erkundigen und in den Genuss Ihrer Führung kommen?

[Lehrberger:] Also wir bieten die Führungen vor allem über den Alumni-Service an. Alumni-Führungen sind sehr beliebt. Und da kommen auch immer viele Leute, die halt früher mal an der TU waren. Und Frau Doktor Meißner macht das genauso. Also meine Wenigkeit und Frau Meißner sind diejenigen, die Führungen über den TUM-Campus machen.

[Ruge:] Dann sehen wir uns vielleicht alle auf dem TUM-Campus für Führungen.

[Lehrberger:] Entweder am TUM-Campus oder auch in Straubing, wo wir ja auch Führungen machen.

[Ruge:] Wunderbar. Vielen Dank, Herr Lehrberger.

[Lehrberger:] Gerne.

Der junge Blick

[Kirsch:] Fabian Schlang ist gelernter Koch und hat Ernährungswissenschaften und Lebensmitteltechnologie an der TU München studiert. Logisch also, dass sein Start-up auch etwas mit Ernährung zu tun hat. Zusammen mit vier anderen Studierenden aus seiner TU-Zeit hat er air up gegründet. Das Ziel des Unternehmens: mit einem cleveren Trick reines Wasser so schmecken zu lassen als sei es parfümiert. Marcel Laskus hat sich mit Fabian Schlang getroffen.

[Laskus:] Hallo, Fabian.

[Fabian Schlang:] Hallo.

[Laskus:] Für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer, die euch noch nicht kennen, was genau macht air up eigentlich?

[Schlang:] Air up ist ein revolutionär neues Trinksystem. Im Kern eigentlich eine Trinkflasche mit dazugehörigen Duft-Pods. Diese Duft-Pods steckt man oben auf die Flasche auf. Man bekommt dann beim Trinken einen Duft und Wasser in den Mund. Der steigt über den Rachenraum retronasal, wie wir Ernährungswissenschaftler sagen würden, zum Riechzentrum auf. Das Gehirn interpretiert das Ganze als Geschmack, wohingegen man eigentlich pures Wasser trinkt. Ein retronasales, duftbasiertes Trinksystem also.

[Laskus:] Und wenn ich jetzt hier so eine Flasche, die du mitgebracht hast, sehe, dann sieht das ja schon sehr schick aus. Und auch der Süddeutschen Zeitung gegenüber habt ihr mal in einem Interview gesagt, im Grunde löst das eines dieser typischen First-World-Probleme. Warum wollen die Leute sowas?

[Schlang:] Ich glaube, die Leute haben fast schon in ihrer DNA, dass man, vielleicht sogar historisch oder evolutionär bedingt, dass man Dinge mit Geschmack will. Früher war das auch gut. Ich meine, dann hat man überlebt, wenn man genug Beeren gefunden hat, wenn man genug Pilze gefunden hat. Heutzutage ist das, wie wir wissen, anders. Über 50 Prozent der Bevölkerung in der, was wir früher mal First-World genannt haben, ist zu dick. Sehr, sehr hohe Adipositas-Raten in der EU, in den USA. Und damit lösen wir eigentlich dieses Grundproblem, dass wir nach Geschmack suchen, aber in der heutigen Zeit gar keine Überversorgung an energiereichen Nährstoffen mehr brauchen. Let’s face it, wir brauchen keine Cola in unserer Ernährung. Und wir essen eh zu viel. Und viele dieser Kalorien, dieser unnötigen Kalorien kommen über Getränke. Und genau das lösen wir.

[Laskus:] Du hast ja Lebensmitteltechnologie und Ernährungswissenschaften an der TUM studiert. Warum hast du dich nach diesem Studium nicht einfach in eine gutbezahlte Festanstellung begeben, sondern hast gegründet?

[Schlang:] Ja, das frage ich mich auch manchmal. Spaß beiseite, es war nicht mein Plan zu gründen, überhaupt nicht. Um ehrlich zu sein, hat mich dieses Produkt gefunden. Es hat mich innerlich so geflasht, dass dieses retronasale Riechen, eine Anwendung aus meinem Studium, in einem Produkt für mich so viel Sinn macht auf so vielen Wegen. Es ist nachhaltig, es ist gesünder, es schmeckt lecker. Naja, es hat mich gefunden. Und dann war irgendwie sehr schnell klar, dass wir was draus machen müssen, weil es zu gut ist für die Schublade.

[Laskus:] Inwiefern hat dich denn die Zeit an der TUM auf deinem Weg geprägt oder begleitet?

[Schlang:] Ich würde sagen, sehr. Auch wenn man als Lebensmitteltechnologe, als Ernährungswissenschaftler – zumindest zu meiner Studienzeit – jetzt noch nicht vom Gründen überrollt wurde, wie man das vielleicht als TUM-BWLer in Garching würde, war diese unternehmerische Uni – das nicht nur auf den Fahnen steht, sondern auch wirklich da ist – für mich etwas, das mich sehr geprägt hat, da man was erreichen kann, wenn man was tut.

[Laskus:] Was macht deiner Meinung nach ein gutes Start-up aus? Ist es vielleicht, wenn man ganz viel Geld einsammelt? Oder wenn man ganz viele Mitarbeitende eingestellt hat? Was ist so eine Sache, die ein gutes Start-up auszeichnet?

[Schlang:] Ohne jetzt esoterisch klingen zu wollen, glaube ich, dass es wichtig ist, dass die Mission und die Werte, für die man einsteht, dass man das umsetzen kann. Und ja, dabei ist Umsatz, Mitarbeiterzahl, verkaufte Produkte, in unserem Fall auch eingesparte Einweg-PET-Flaschen, eine riesen Motivation. Aber am Ende des Tages motiviert mich persönlich mehr, dass ich sehe, dass wir was Sinnvolles tun.

[Laskus:] Uns hören ja auch Studierende zu. Welchen Rat kannst du denen denn geben, die gerade an der TUM sind und selbst vielleicht mit dem Gedanken spielen, sich selbständig zu machen oder ein Startup zu gründen?

[Schlang:] Mein Ratschlag für Studierende ist, nutzt diese Angebote. Gründen ist vielleicht nicht der leichteste Weg. Aber es ist ein extrem rewarding, würde man im Englischen sagen, ein rewarding way, weil er viel zurückgibt. Und die TU München hat unzählige Angebote: in Garching ein MakerSpace, ein Gründerzentrum. Das Gleiche wurde mit den Venture Labs jetzt auch nach Freising und Weihenstephan kopiert. Diese Angebote sind verrückt, kein Mensch kann die alle nutzen. Aber die, die man nutzt, die sind sehr, sehr sinnvoll. Ja, nutzt sie einfach, probiert sie aus und habt Spaß dabei.

[Laskus:] Vielen, vielen Dank, Fabian.

[Schlang:] Danke.

Fünf Tipps

[Kirsch:] Zum Abschluss der heutigen Folge von „We are TUM“ verlassen wir, wie jedes Mal, wieder den TU Kosmos und kommen zu unserer Rubrik ‚Fünf Tipps‘. Unser Gast heute ist Lisa Marie Ullrich. Sie ist die Programmdirektorin der Münchner Sicherheitskonferenz und ihr Spezialgebiet ist das Netzwerken. Das ist unser Thema heute. Hallo, Lisa.

[Lisa Marie Ullrich:] Hallo, Matthias.

[Kirsch:] Lisa, du bist Programmdirektorin bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Worin besteht deine tägliche Arbeit?

[Ullrich:] Ja, du hast es schon angedeutet. Die Münchner Sicherheitskonferenz, das ist wahrscheinlich die zentrale internationale Plattform für die Debatte von Außen- und Sicherheitspolitik. Allen Münchnern wird vor allem die große Konferenz im Februar bekannt sein mit dem gleichen Namen. Dort kommen jedes Jahr im Februar die zentralen internationalen Entscheider im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik zusammen, um ein Wochenende lang über die großen Krisen und Herausforderungen der internationalen Politik zu sprechen. Neben dieser Konferenz im Februar machen wir aber noch eine diverse Reihe von anderen Aktivitäten über das Jahr hinweg. Das heißt, wir veranstalten an verschiedenen Orten in aller Welt kleinere Formate, um Entscheider zusammen zu bringen, die dann internationale Herausforderungen diskutieren. Und meine Arbeit als Programmdirektorin besteht darin, mir Gedanken darüber zu machen, welche Formate wir durchführen. Also wen wir wann wo zu welchen Themen zusammenbringen. Und mit Blick auf die Konferenz in München im Februar, quasi das Highlight eines jeden Jahres, mir Gedanken über das Programm zu machen. Also über welche Themen wird diskutiert und wer spricht dort darüber.

[Kirsch:] Ich habe dich ja angekündigt als Expertin fürs Netzwerken. Warum ist denn für euch bei der Münchner Sicherheitskonferenz das Netzwerken so wichtig? Und warum ist Netzwerken insgesamt so wichtig?

[Ullrich:] Einerseits arbeiten wir natürlich sehr stark mit einem Netzwerk aus Entscheidern, die wir bei allen unseren Formaten immer wieder zusammenbringen. Das heißt, wir arbeiten mit einem Netzwerk und gleichzeitig befördern wir auch Netzwerke, indem wir dort immer wieder Persönlichkeiten zusammenbringen, die dort auch ihr eigenes Netzwerk ausbauen. Also hier geht es uns ganz bewusst auch darum, mit unseren Veranstaltungen Plattformen zu bieten, wo der Minister mal auf einen Wissenschaftler trifft, der ihm neuen Input gibt. Oder wo ein renommierter Journalist einen CEO trifft, der ihm über die neueste Innovation in einem Sicherheitsbereich berichten kann.

Das ist die eine Komponente und dann ist für meine ganz persönliche Arbeit das Netzwerken insofern wichtig, als dass ich mein Netzwerk nutze, um die Entscheider zu erreichen, die wir nach München bringen möchten. Also wenn es darum geht, einen Minister aus einem bestimmten Bereich oder einen Staatspräsidenten aus einem Land nach München zu bringen, arbeiten wir hier natürlich auch ganz stark mit unserem Netzwerk, um diese Person davon zu überzeugen, in München zu sprechen. Gleiches gilt für die Themen, die wir auf die Agenda setzen. Auch hier tausche ich mich mit meinem Netzwerk aus, nutze mein Netzwerk, um Input zu generieren, welche Themen das sein sollten.

[Kirsch:] Das sind also die Gründe, warum für dich und für euch das Netzwerken so wichtig ist. In ganz anderen Bereichen ist das Netzwerken natürlich auch Teil der täglichen Arbeit. Du hast uns netterweise fünf Tipps zum Netzwerken mitgebracht. Welche Tipps sind das denn?

#1

[Ullrich:] Ja, Danke Matthias.
Als allererstes glaube ich, bei einem Netzwerk geht es immer stärker um die Qualität als um die Quantität. Aus meiner Sicht kann es nicht darum gehen, die tausendste oder zweitausendste Anfrage bei LinkedIn oder Xing herauszuschicken. Sondern es muss eher darum gehen, ein qualitativ gutes und starkes Netzwerk aufzubauen.

#2

Vor allen Dingen aufgrund von Tipp Nummer zwei. Damit ein Netzwerk gut ist, funktionstüchtig ist und man es auch nutzen kann für sich, muss man in dieses Netzwerk investieren. Wir machen das bei der Münchner Sicherheitskonferenz beispielsweise, indem wir unser Netzwerk regelmäßig auf dem Laufenden halten. Wir schicken also E-Mails, sagen, was machen wir gerade, was planen wir. Lasst uns wissen, wenn das für euch interessant ist. Wir laden unser Netzwerk immer wieder zu Formaten ein, bringen Leute zusammen, bei denen wir das Gefühl haben, die könnten füreinander interessant sein. Wir investieren also in unser Netzwerk, damit das aktiv und intakt bleibt.

#3

Der dritte Tipp wäre: ein Netzwerk muss in irgendeiner Form dynamisch bleiben können. Also gerade bei der Münchner Sicherheitskonferenz bringen wir natürlich vor allem politische Entscheider zusammen, die häufig vielleicht schon etwas älter sind, vielleicht nicht immer ganz so divers. Das heißt, wir sind sehr darum bemüht, auch junge Leute in unsere Aktivitäten einzubinden. Dafür machen wir verschiedene Nachwuchsprogramme und solche Nachwuchsprogramme sind natürlich vor allen Dingen für Studierende interessant, um ihr eigenes Netzwerk auszubauen.

#4

Ein vierter Tipp wäre, sein Netzwerk ganz gezielt auch dafür zu nutzen, um raus aus der eigenen Blase zu kommen. Also wir bei der Münchner Sicherheitskonferenz glauben daran, dass Diskussionen vor allem dann fruchtbar sind, wenn man auch Akteure aus verschiedenen Bereichen zusammenbringt. Also den Wissenschaftlicher mit dem Minister oder den Journalisten mit dem CEO. Und hier glaube ich ist es auch für das eigene Netzwerk sehr fruchtbar, wenn man sich auch mal gezielt umschaut: Was könnten Persönlichkeiten sein, mit denen man sonst vielleicht nicht so viel zu tun hat, aber die einem interessanten Input geben können?

#5

Und der allerletzte Tipp und vielleicht der wichtigste: Netzwerken ist keine Einbahnstraße. Das heißt, beim Netzwerken geht’s nicht nur darum, es für sich selbst zu nutzen und zu nehmen, sondern es geht auch darum, zu geben. Das heißt, man sollte sich immer mal wieder die Frage stellen: wie kann ich eigentlich für andere nützlich sein, wie kann ich anderen helfen? Ich selbst habe unglaublich davon profitiert, immer mal wieder Menschen in meiner Laufbahn gehabt zu haben, die mir Türen geöffnet haben, die mir Rat gegeben haben. Das heißt, auch aus meiner jetzigen Position heraus versuche ich mir zu überlegen, wie kann ich anderen behilflich sein, wie kann ich andere unterstützen?

[Kirsch:] Ich glaube, dieser letzte Tipp ist auf jeden Fall etwas, was wir uns alle sehr zu Herzen nehmen sollten. Also zurückgeben und auch wenn uns geholfen wurde, gerne auch anderen zurück helfen, wenn man so will. Eine Sache, vielleicht hast du noch einen geheimen sechsten Tipp für uns, weil es ja oft schwer ist, den ersten Schritt zu machen. Wie war das für dich damals, wie hast du gelernt dich zu überwinden, auf Leute zuzugehen?

#6

[Ullrich:] Also, ich kann vor allem aus der jetzigen Perspektive sagen, dass sich eigentlich sehr viel mehr Menschen freuen als man denkt, wenn man sie um Rat fragt. Sich einfach mal trauen zu fragen. Gerade wenn es darum geht eigene Erfahrungen zu teilen, machen das Menschen häufig viel lieber als man eigentlich denkt. Also sich einfach zu trauen, gerade nach Ratschlägen, nach Erfahrungen fragen kostet nie etwas und im Zweifelsfall kriegt man da, glaube ich, häufiger Feedback als man denkt.

[Kirsch:] Das waren heute also ausnahmsweise sechs Tipps von Lisa Marie Ullrich, der Programmdirektorin der Münchner Sicherheitskonferenz zum Thema Netzwerken. Lisa, vielen Dank für deine vielen Tipps.

[Ullrich:] Sehr gerne, Matthias.

[Kirsch:] Das war es schon wieder für diese Folge von „We are TUM“. Auch in der nächsten Folge sprechen wir wieder über Spitzenforschung, über das Studienleben und über all die Menschen, die die TU zu dem einzigartigen Ort machen, der sie ist. Das war „We are TUM“. Diese Folge wurde produziert von Marcel Laskus, Clarissa Ruge, der ProLehre-Medienproduktion und von mir, Matthias Kirsch. Das Sounddesign und die Postproduktion gestaltet Marco Meister von Edition Meister. Bis zur nächsten Folge, kommen Sie mit uns und entdecken Sie die großen und die kleinen Geheimnisse der TU München.

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