• 20.1.2015

Studie untersucht Folgen der Jahrhundertflut 2013

Artenreiches Grasland profitiert von Hochwasser

Mit dem Klimawandel werden extreme Wetterereignisse häufiger. In Europa ist verstärkt mit Hochwasser zu rechnen, ähnlich der katastrophalen Flut im Jahr 2013. Artenreiches Grasland profitiert von Überflutungen - das hat ein Forschungsteam unter Beteiligung der TUM herausgefunden. Je mehr Arten vorkommen, umso effektiver kann Grasland zusätzliche Ressourcen, die mit dem Wasser angeschwemmt werden, in Pflanzenbiomasse umwandeln. Die Studie wurde in <i>Nature Communications</i> veröffentlicht.

Die Flut 2013 zeigte den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Jena Experiments, dass artenreiches Grasland von Überschwemmungen profitieren kann.
Das Juni-Hochwasser 2013 zeigte den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Jena Experiments, dass artenreiches Grasland von Überschwemmungen profitieren kann. (Bild: Victor Malakhov / iDiv) 

Anfang Juni 2013 war Mitteleuropa von einem Hochwasser betroffen, das Schäden von weit über zwölf Milliarden Euro anrichtete. In Deutschland waren mehrere Flüsse über das Ufer getreten, unter anderem die Saale in Thüringen. Dabei wurde das dort angesiedelte ökologische „Jena Experiment“ überschwemmt: Es untersucht seit 2002 die Auswirkungen des Artensterbens in Mahdwiesen.  

Ein Team um Nico Eisenhauer, Professor am Forschungszentrum iDiv und der Universität Leipzig sowie Leiter der nun vorgelegten Studie, untersuchte die Folgen des Hochwassers. Es überprüfte dabei Hypothesen, die seit über 30 Jahren in der naturwissenschaftlich­ökologischen Literatur kursieren, bisher aber noch nie im Kontext starker Überflutungsereignisse überprüft werden konnten.  

Die Forscher fanden heraus, dass „artenreiche Pflanzengemeinschaften zusätzliches Wasser und Nährstoffe effizienter nutzen konnten als artenarme Gemeinschaften. Sie zeigten damit zum ersten Mal ein Szenario, in dem erhöhte Biodiversität mit erhöhter Biomasseproduktion, aber auch reduzierter Stabilität einherging“, erklärt Dr. Alexandra Wright und ergänzt: „Diese Ergebnisse zeigen, dass artenreiche Pflanzengemeinschaften sehr variabel auf extreme Umweltereignisse reagieren und dass Stabilität nicht unbedingt die wichtigste Eigenschaft sein muss, um die Funktionsweise eines Ökosystems zu bewerten.“  

Bislang wurde vermutet, dass in artenreichen Gemeinschaften die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass darin vorkommende Individuen eine Störung tolerieren und damit die Auswirkungen einer solchen Störung abpuffern können. Es stellte sich nun heraus, dass im Gegensatz zu dieser These vor allem artenreiche Pflanzengemeinschaften „instabil“ waren, das heißt, dass sie in ihrer Biomasseproduktion am stärksten von den Vorjahren abwichen.  

„Die Flut traf das Jena Experiment im Juni 2013 völlig überraschend und einige Versuchsparzellen waren daraufhin für bis zu drei Wochen komplett unter Wasser“, erläutert Prof. Eisenhauer. Prof. Wolfgang Weißer von der TU München und Sprecher des Jena Experiments ergänzt: „Wir waren besorgt, dass das Experiment zerstört sein könnte aufgrund dieser starken Störung“.

Doch die Wissenschaftler machten aus der Not eine Tugend und studierten im Detail die Auswirkungen des Hochwassers. Dr. Anne Ebeling, Wissenschaftliche Koordinatorin an der Universität Jena: „Hierfür organisierten wir innerhalb kürzester Zeit viele zusätzliche Messungen und nutzten die Stärke des Jena Experiments: Die Zusammenarbeit von Mitgliedern unterschiedlichster Expertise – von Pflanzenökologen zu Bodenökologen, Hydrologen, Chemikern und Zoologen.“  

An der Studie beteiligten sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv), der Universität Leipzig, der Friedrich Schiller und der Universität Jena sowie der Technischen Universität München. 

Das Jena Experiment ist eines der längsten Biodiversitätsexperimente Europas und untersucht die Zusammenhänge zwischen Pflanzendiversität und Ökosystemprozessen im Grasland. Auf 80 Versuchsflächen (á 30 Quadratmeter) studieren Wissenschaftler unterschiedliche Biodiversitätseffekte von ober­ und unterirdischen Prozessen. 


Publikation:
Flooding disturbances increase resource availability and productivity, but reduce stability in diverse plant communities; Alexandra J. Wright, Anne Ebeling, Hans de Kroon, Christiane Roscher, Alexandra Weigelt, Nina Buchmann, Tina Buchmann, Christine Fischer, Nina Hacker, Anke Hildebrandt, Sophia Leimer, Liesje Mommer, Yvonne Oelmann, Stefan Scheu, Katja Steinauer, Tanja Strecker, Wolfgang Weisser, Wolfgang Wilcke & Nico Eisenhauer, Nature Communications; DOI: 10.1038/ncomms7092

Kontakt:
Prof. Dr. Wolfgang Weißer
Technische Universität München
Lehrstuhl für Terrestrische Ökologie
Tel.: +49 8161 71-3496
wolfgang.weisserspam prevention@tum.de
www.toek.wzw.tum.de

Prof. Dr. Nico Eisenhauer
Deutsches Zentrum für Integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle­-Jena­-Leipzig
Tel.: +49 341 97-33167
nico.eisenhauerspam prevention@idiv.de
www.idiv-biodiversity.de

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