• 22.3.2021
  • Lesezeit: 3 Min.

Kompetenzzentrum digIT4.0@TUM gegründet

Berufsschullehramt: Neue Ausbildung für digitalen Wandel

Die Technische Universität München (TUM) hat ein Kompetenzzentrum gegründet, das die Ausbildung der Lehrkräfte für die beruflichen Schulen neu entwerfen wird. Das digIT4.0@TUM wird in intensivem Austausch mit der Wirtschaft und anderen Akteuren untersuchen, wie die künftigen Lehrerinnen und Lehrer den digitalen Wandel der Berufsfelder im Unterricht optimal vermitteln können. In einem Digitallabor können die Studierenden mit konkreten Szenarien der Berufswelt arbeiten. Die Erkenntnisse werden auch über die TUM hinaus zur Verfügung gestellt und mit Fortbildungen in die Schulen gebracht.

Die digitale Lehre im Lehramtsstudium Astrid Eckert / TUM
Für die digitalisierten Berufsfelder erarbeitet das Kompetenzzentrum neue Lehrmethoden.

Dass die Digitalisierung nahezu alle Berufsfelder ändert, ist heute unumstritten, ebenso dass Schülerinnen und Schüler gut auf den Wandel vorbereitet werden sollten. Aber welche Kompetenzen brauchen Lehrerinnen und Lehrer, um dieses Ziel im Unterricht zu erreichen?

Für die beruflichen Schulen stellen sich besondere Herausforderungen: Der Unterricht lässt sich weniger denn je auf fachspezifische Inhalte eingrenzen, weil beispielsweise im Gesundheitsbereich medizinische, technologische und ethische Fragen ineinanderfließen – und weil sich die Berufsfelder ständig wandeln. Ihren Schülerinnen und Schülern müssen die Lehrkräfte verstärkt Problemlösekompetenz, Kreativität und kommunikative Fähigkeiten vermitteln. „Im Studium ist es nicht damit getan, den künftigen Lehrerinnen und Lehrern beizubringen, wie sie den Jugendlichen digitale Medien erklären“, sagt Eveline Wittmann, Professorin für Berufspädagogik an der TUM. „Wir müssen vielmehr die beruflichen Schulen und damit auch das Lehramtsstudium neu denken.“

Expertise aus den Unternehmen einbringen

Deshalb hat die TUM das Kompetenzzentrum digIT4.0@TUM gegründet, das neue Bildungskonzepte entwickeln, erproben und anderen Akteuren der Lehramtsausbildung zur Verfügung stellen wird. Es wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund 1,9 Millionen Euro aus dem Programm Qualitätsoffensive Lehrerbildung gefördert, in dem die TUM im vergangenen Jahr nach 2015 und 2018 zum dritten Mal erfolgreich war.  

Das Zentrum zeichnet aus, dass es weit über die Universität hinaus alle relevanten Akteurinnen und Akteure der beruflichen Bildung ins Boot holen wird – Unternehmen unterschiedlicher Branchen und Größen, Handwerkskammern und Wirtschaftsverbände, Einrichtungen des Schulsektors, Politik und andere Hochschulen. „Bislang haben zwar die Berufsschulen und auch die Bildungsforschung mit der Wirtschaft kooperiert. Aber der eine Schritt weiter wurde nur selten gegangen: Zur Ausbildung der Berufsschullehrkräfte gab es bislang kaum Austausch, obwohl doch in den Unternehmen die Expertinnen und Experten für die aktuellen Entwicklungen in den Berufsfeldern sind“, sagt Wittmann. „Schon zum Start des Zentrums zeigt sich, dass das Interesse in der Wirtschaft an der gemeinsamen Arbeit sehr groß ist.“

Neues digitales Labor

Im ersten Schritt richtet das Zentrum im neuen digitalen Labor (TUM-DigiLLab) der TUM School of Education vier Themenbereiche mit den jeweiligen Technologien ein, in denen die Studierenden konkrete Situationen aus der Arbeitswelt durchspielen können: Industrie 4.0, Smart Home, Gesundheit sowie Gastronomie und Lebensmittel-Einzelhandel.

Bei Smart Home geht es um ein Szenario, in dem die Versorgung pflegebedürftiger Menschen mit sensor- und videobasierten Technologien unterstützt werden soll. Dabei stellen sich in den beteiligten Berufen nicht nur technologische Fragen: Pflegekräfte müssen die Auswertung erhobener Daten mit dem Anspruch auf Selbstbestimmung der Gepflegten in Einklang bringen. Elektrofachkräfte, die die Technik installieren, sollten die Pflegenden deshalb zum Beispiel auch zu Fragen des Datenschutzes beraten können.

Fortbildungen geplant

Auch in den anderen Themenbereichen werden Fragen aufgegriffen, die über den Tellerrand hinausweisen, etwa nach einem ressourcenschonenden Umgang mit Materialien. „Den künftigen Lehrerinnen und Lehrern wollen wir mit diesen Szenarien ermöglichen, die Bedeutung solcher Fragen für das jeweilige berufliche Handeln zu verstehen und zu reflektieren“, sagt Wittmann. „Sie sollen in der Lage sein, Ideen zu entwickeln, wie sie Schülerinnen und Schülern einen ethisch verantwortungsbewussten, kompetenten und nachhaltigen Umgang damit vermitteln können. Zudem wollen wir sie befähigen, über ihren eigenen Fachbereich hinaus mit anderen Disziplinen zusammenzuarbeiten.“

Die Seminarstunden – beispielsweise Rollenspiele für bestimmte Unterrichtssituationen – können im Digitallabor gefilmt werden, sodass die Studierenden anschließend ihre Vorgehensweise besprechen können. Das digIT4.0@TUM hat nicht nur die angehenden Lehrkräfte im Blick, sondern wird auch neue Fortbildungen für heutige Lehrerinnen und Lehrer entwickeln.

Weitere Informationen und Links
  • Mit ihrem Konzept „Teach@TUM4.0“ wird die TUM seit 2020 in der Qualitätsoffensive Lehrerbildung von Bund und Ländern gefördert. Hier war sie bereits 2015 und 2018 mit dem Programm „Teach@TUM“ erfolgreich.
  • Teil dieses Programms ist der 2016 gestartete Masterstudiengang „Berufliche Bildung Integriert“, der sich an Quereinsteigerinnen und -einsteiger aus Ingenieurfächern richtet und damit gegen den Nachwuchsmangel an den beruflichen Schulen. Einzigartig ist, dass Studium und Referendariat in einem Studiengang verbunden sind, weshalb Inhalte strukturierter gelehrt werden können und die gesamte Ausbildungszeit ohne Abstriche bei Inhalt und Qualität auf drei Jahre verkürzt ist. Bereits 36 Studierende haben den Studiengang erfolgreich abgeschlossen, weitere 65 sind derzeit eingeschrieben.
  • Außerdem hat die TUM School of Education zwei Onlineportale eingerichtet, die frei für die Lehramtsausbildung zur Verfügung stehen: Die Toolbox Lehrerbildung bietet multimediale Materialien für die MINT-Fächer. Das Clearing House Unterricht fasst den aktuellen Stand der Schul- und Unterrichtsforschung verständlich zusammen.

Technische Universität München

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Kontakte zum Artikel:

Prof. Dr. Eveline Wittmann
Technische Universität München
Lehrstuhl für Berufspädagogik
Tel: +49 89 289 24317
eveline.wittmannspam prevention@tum.de

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