Start-up FAST AI Movies
Gründen vor dem Abi

Florian Scherl interessiert sich schon früh für Informatik und Künstliche Intelligenz (KI). Mit 12 Jahren bringt er sich mithilfe von Online-Kursen nach der Schule selbst das Programmieren bei. Er besucht Programmiercamps und nimmt mit eigens trainierten KI-Modellen an Informatikwettbewerben teil. Doch das reicht dem heute 21-Jährigen aus dem oberbayerischen Traunstein bald nicht mehr.
„Ich bin immer recht weit gekommen, habe die Projekte aber nicht weiter verfolgt. Das hat mich schon ein bisschen gestört“, sagt Florian Scherl. Er will nicht nur theoretisch an einem Programm arbeiten, sondern es auch unternehmerisch umsetzen. Die Chance dazu bietet sich in der elften Klasse am Chiemgau-Gymnasium. Im Rahmen eines Projektseminars erarbeitet Florian Scherl zusammen mit zwei Mitschülern einen Businessplan, damals noch mit der Idee, Künstliche Intelligenz für die Produktion von kurzen Spielfilmen zu nutzen. Das Team erreicht den zweiten Platz im Wettbewerb JUGEND GRÜNDET.
Lernen vom Silicon Valley
Von da an geht es mit großen Schritten in Richtung Unternehmensgründung: Als Zweitplatzierte reisen die drei ins US-amerikanische Silicon Valley, der Heimat vieler Tech-Firmen. Außerdem bekommt Florian Scherl von einem Unternehmen einen leistungsstarken KI-PC gespendet, darf ein Praktikum bei einem KI-Start-up in Pforzheim absolvieren. „Diese Erfahrungen haben für mich den Ausschlag gegeben: Ich will mein eigenes Start-up gründen“, sagt er. Im Mai 2022, am Tag vor dem Mathe-Abitur, sitzt der damals 18-Jährige in Traunstein beim Notar und lässt den Gesellschaftervertrag für sein Unternehmen FAST AI Movies beglaubigen.
Was ihm noch fehlt, ist jemand, mit dem er sich austauschen und die Verantwortung teilen kann. Diese Person findet Florian Scherl an der TUM, wo er seit 2022 Informatik studiert. Bei einem Entrepreneurship-Programm der Studierendeninitiative TUM.ai lernt er Philipp Gabriel kennen. Der Masterstudent der Wirtschaftsinformatik hat bereits Praxiserfahrung in verschiedenen Unternehmen gesammelt. „Wir ergänzen uns richtig gut“, sagt Scherl.
Die beiden nutzen die TUM Gründungsberatung sowie die Coaching- und Netzwerkangebote des TUM Venture Lab Software/AI. Gemeinsam entwickeln sie die Produktidee von FAST AI Movies weiter: Im Mittelpunkt steht nun ein KI-Modell, das die in Unternehmen vorhandenen Online-Broschüren und Intranet-Texte zur automatischen Erstellung von Erklärvideos nutzt. Das Programm erkennt semantische Beziehungen zwischen Begriffen, also Ähnlichkeiten, Hierarchien oder Kausalitäten. Diese werden in eine grafische Struktur gebracht und durch leicht verständliche Piktogramme ergänzt. Begleitet werden die Animationen von ebenfalls automatisch erstellten Quizfragen. Abschließend können die Videos von Mitarbeitenden redaktionell nachbearbeitet werden. „Unsere Software soll die Weitergabe von Wissen zwischen Mitarbeitenden und Abteilungen erleichtern und dafür sorgen, dass die Inhalte länger im Gedächtnis bleiben“, sagt Florian Scherl.
Wissen, leicht zugänglich
Bedarf sehen die Gründer vor allem in Branchen, die komplizierte Vorschriften einhalten müssen oder nichtphysische Produkte verkaufen, beispielsweise IT-, Finanz- und Versicherungsunternehmen. Angewendet wird die KI-Software bereits durch Sparkassen und Raiffeisenbanken sowie die AOK Baden-Württemberg. Seit Ende 2024 hat das Start-up einen ersten Investor an Bord. Und Florian Scherl hat alle Hände voll damit zu tun, vom TUM Start-up Incubator in eigene Büroräume umzuziehen und die ersten Vollzeit-Mitarbeitenden einzustellen. Sein Studium
ruht deshalb.
Was ihn an der Arbeit in einem Start-up am meisten fasziniert? „Mit unserer KI können wir arbeitsrelevantes Wissen leichter und fairer zugänglich machen“, sagt Florian Scherl. „Mit einem Start-up fängt man zwar sehr klein an, kann aber mit wenig Ressourcen etwas aufbauen, das eine große Wirkung hat.“
- TUM und UnternehmerTUM, das Zentrum für Innovation und Gründung, unterstützen Gründende und Gründungsinteressierte mit zahlreichen Angeboten.
- Die zwölf TUM Venture Labs sind auf je ein bedeutendes Technologiefeld spezialisiert. Den Gründungsteams bieten sie auf diesem Gebiet eine unmittelbare Anbindung an die Spitzenforschung, spezifische technische Infrastruktur, maßgeschneiderte Ausbildungsprogramme, Expertise für den jeweiligen Markt und eine globale Vernetzung mit der Branche sowie Investoren und Investorinnen.
Dieser Artikel ist in der Ausgabe 02/2025 des neuen TUM Magazins erschienen.
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