• 23.3.2023
  • Lesezeit: 6 Min.

NewIn: Julian Grünewald

Herzkrankheiten heilen mit CRISPR

Was bewegt unsere neu berufenen Professor:innen? In welche Bereiche wirkt ihre Forschung und auf was freuen sie sich an der TUM besonders? Das und mehr verraten sie in der neuen Serie „NewIn“. In der ersten Folge stellen wir Julian Grünewald vor. Als Professor für Gene Editing entwickelt er an der Schnittstelle von biologischer Grundlagenforschung, Technologieentwicklung und medizinischer Anwendung Gen- und Zelltherapien für Herzerkrankungen.

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Der Arzt und Forscher Julian Grünewald möchte Herzkrankheiten durch gezielte Veränderungen in Genen heilen. Dafür entwickelt er das CRISPR-Cas System weiter, das auch als „Genschere“ bekannt ist. In der Biotechnologie spielt CRISPR seit der Entdeckung als Geneditierungs-Werkzeug vor zehn Jahren, eine entscheidende Rolle; vor drei Jahren wurde hierfür der Chemie-Nobelpreis verliehen. CRISPR-Cas Systeme ermöglichen es, Gene gezielt anzusteuern und zu verändern und sie sind einfacher und schneller nutzbar als zuvor verwendete Methoden.

Professor Grünewald, worauf liegt der Schwerpunkt Ihrer Forschung?
Ich möchte mit den neuesten CRISPR-Methoden kreative, effiziente und sichere Therapieansätze für Herzerkrankungen entwickeln. Dafür arbeite ich mit verschiedenen CRISPR-Cas Systemen zur Geneditierung. Gen-Editoren sind winzig kleine molekulare Maschinen zum gezielten Verändern der DNA-Sequenz. Ich möchte Geneditoren für den Einsatz bei Herzzellen anpassen, neue Editoren entwickeln und diese effizienter und sicherer machen.

Wie funktioniert Gene Editing mit CRISPR vereinfacht gesagt?
Mit CRISPR lassen sich präzise bestimmte Stellen in defekten Genen modifizieren. Man kann damit auch Gene gezielt an- oder ausschalten. Um DNA-Bausteine an einer gewünschten Stelle zu verändern, einzufügen oder herauszunehmen muss man die Geneditoren zunächst an die richtige Stelle auf der DNA bringen. Dort schneiden sie zielgenau. Anschließend repariert die Zelle die Schnittstelle - damit geschieht das eigentliche Editieren durch die Zelle selbst. Somit kann das Editierungsergebnis auch vom Zelltyp und Gewebe abhängen.

Die Technik wird zudem ständig weiterentwickelt. Neuere Methoden, die auch auf CRISPR basieren, und mit denen ich hauptsächlich arbeite, sind Base Editing und Prime Editing. Diese Methoden erlauben eine noch präzisere Editierung. Außerdem wird statt dem üblichen DNA Doppelstrangbruch nur noch ein DNA-Strang geschnitten, was weniger invasiv und für die Zellen oftmals verträglicher ist. Dafür sind diese Editoren etwas komplizierter zu programmieren und auch wesentlich größer, was es schwieriger macht für die Anlieferung in das Zielgewebe. 

Je unterschiedlicher die Köpfe und Denkweisen, desto besser wird die Forschung

Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit besonders?
Mit DNA und Proteinen zu tüfteln und etwas völlig Neues herauszufinden und zu entwickeln ist unbeschreiblich. Wir verändern beim Gene Editing gezielt einzelne Basen der DNA. Dabei gibt es ein paar wichtige Arbeitsschritte. Man muss die winzig kleinen molekularen Maschinen in die Zellen bringen und an die exakt richtige Stelle leiten, in einem Genom mit immerhin ca. drei Milliarden Basenpaaren. Nach ein paar Tagen kann man die DNA aus den Zellen herausholen und auswerten.  Erst ganz am Ende sieht man, ob es geklappt hat. Wenn man dann begreift, dass die DNA-Sequenz wirklich präzise verändert wurde, ist das jedes Mal aufs Neue faszinierend!

Was mir an dem Job auch sehr gefällt, ist, mit begeisterten Wissenschaftler:innen aus verschiedenen Ländern und mit unterschiedlichem Hintergrund zusammenzuarbeiten. Je unterschiedlicher die Köpfe und Denkweisen, desto besser wird die Forschung. Nach einigen Monaten Ausbildung im Labor werden selbst absolute CRISPR-Neulinge selbständig, entwickeln eigene Ideen und Lösungen. Das ist einer der schönsten Momente, wenn man diese Entwicklung sieht. 

Sie haben im Studium und in der Wissenschaft Stationen in Freiburg, Salamanca, Paris, New York und Boston durchlaufen. Was haben Sie davon mitgenommen?
Der Alltag unterscheidet sich überall ein wenig, ob man nun in einem Pariser Café morgens Zeitung liest oder in Spanien spät in entspannter Atmosphäre zu Abend isst. Ich habe sehr viel gelernt in Spanien und Frankreich, vor allem in Studium und klinischem Training.

Besonders inspirierend finde ich es, wie verschiedene Länder und Kulturen unterschiedlich an Fragestellungen herangehen. Am Ende sinde es doch die gleichen Probleme und Sorgen, die uns beschäftigen – aber die Herangehensweise an Lösungen unterscheidet sich. Was Wissenschaft und Innovationskraft angeht, sind die USA und vor allem Massachusetts eine Inspiration für mich. Diese positive, pragmatische Herangehensweise und die aufgeschlossene Haltung gegenüber Wissenschaft und Fortschritt – das ist ein guter Ansatz, denke ich. An der TUM spürt man auch Aufbruchsstimmung – genau deswegen wollte ich hierherkommen.

Im Labor in Boston hat mir zudem besonders gefallen, mit welcher Begeisterung und welchem Teamgeist alle an neuen Methoden der Geneditierung gearbeitet haben - immer mit dem Ziel im Blick, dass daraus neue Therapien entstehen können. Und wie sich wissenschaftlicher Rigor mit Kreativität und Engineering verbinden lassen – alles in einem internationalen, diversen und harmonischen Umfeld. So etwas möchte ich auch hier in München gerne aufbauen.

Was sind die Herausforderungen bei Ihrer Arbeit?
Gene in Herzmuskelzellen gezielt zu verändern, um Krankheiten zu heilen, ist aus mehreren Gründen nicht leicht. Zunächst einmal ist es gar nicht so einfach die CRISPR-Maschinerie überhaupt gezielt ins Herz zu bekommen. Außerdem können Herzmuskelzellen nicht einfach nachwachsen, das heißt eine schwere Verletzung der DNA könnte zum irreversiblen Verlust einer Herzzelle führen - und das möchte man natürlich unbedingt vermeiden. Deswegen ist auch einer der zentralen Aspekte unserer Arbeit, die CRISPR-Maschinerie besser an Herzzellen anzupassen.

Warum gerade die Arbeit am Herz, wenn es so kompliziert ist?
Gerade weil es so kompliziert ist. Für einige schwere genetische Herzkrankheiten gibt es außer der Transplantation bisher keine Alternativen. Gene Editing könnte hier zukünftig eine Therapieoption sein. Außerdem könnte man mit Gene Editing schon in einem früheren Stadium eingreifen, bevor das Herz zu sehr an Funktion eingebüßt hat. Noch dazu gibt es in der Abteilung für Kardiologie am Klinikum rechts der Isar vielversprechende Forschung zu Gene Editing von Herzkrankheiten in Schweinemodellen und auch zur Entwicklung von Zelltherapien am Herzen. Das ist ein perfektes Umfeld für meine Forschung. 

Sie werden auch am neuen TUM Center for Organoid Systems arbeiten. Inwiefern ist die Arbeit an Organoiden in Ihrem Bereich interessant?
Organoide sind Mini-Versionen von Organen, die in Zellkultur hergestellt werden. Sie enthalten verschiedene Zelltypen und haben komplexe räumliche Strukturen. Für uns ist es besonders spannend, dass sie aus Patient:innenzellen hergestellt werden können und somit dann die spezifische Mutation, die ein Patient oder eine Patientin hat, enthalten. Wenn man aus den Zellen eines herzkranken Patienten eine Miniaturversion des Herzens nachbaut, lässt sich direkt daran testen, ob eine CRISPR-Gentherapie funktioniert. Das werden wir nutzen, um unsere neu entwickelten Geneditoren systematisch zu testen. 

Was finden Sie außerhalb der Wissenschaft besonders spannend?
Ich bin ein großer Filmfan, vor allem Richtung Arthouse, zum Beispiel Wes Anderson oder David Lynch. Als Kind wollte ich Regisseur werden. Musik ist mir außerdem sehr wichtig, sowohl selbst zu spielen, vor allem Klavier, als auch auf Konzerte und Festivals zu gehen. 

Weitere Informationen und Links

Julian Grünewald studierte Medizin an den Universitäten von Freiburg, Salamanca und Paris. Er promovierte 2015 in Medizin an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Zunächst arbeitete er als Arzt in der Inneren Medizin des Universitätsklinikums Freiburg. Von 2017 bis 2022 forschte er als Postdoktorand und Instructor in Pathology im Labor von Prof. J. Keith Joung am Massachusetts General Hospital und an der Harvard Medical School in Boston, USA. Dort spezialisierte er sich auf Gene Editing in menschlichen Zellen mithilfe der CRISPR-Technologie.

Seit 2022 leitet er als Rudolf Mößbauer-Professor eine Emmy Noether-Nachwuchsgruppe im TranslaTUM und in der kardiologischen Abteilung des Klinikums rechts der Isar der TUM. Er wird auch am neuen TUM Center for Organoid Systems (COS) in Garching tätig sein. Für seine Forschung zu CRISPR Base und Prime Editoren wurde er im Oktober 2022 mit dem Life Sciences Bridge Award der Aventis Foundation ausgezeichnet.

Diese Professur wird gefördert über die Hightech Agenda Bayern (HTA).

Technische Universität München

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Kontakte zum Artikel:

Prof. Dr. Julian Grünewald
Technische Universität München
Professur für Gene Editing
julian.grunewaldspam prevention@tum.de

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