• 28.7.2020
  • Lesezeit: 3 Min.

Hochdruckpresse SAPHiR löst Rätsel des Sonnensystems

So entstehen Stein-Eisen Meteoriten

Meteoriten ermöglichen uns Einblicke in die frühe Entwicklung des Sonnensystems. Mithilfe des Instruments SAPHiR der Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II) der Technischen Universität München (TUM) ist es einem Wissenschaftsteam erstmals gelungen, die Entstehung von Stein-Eisen Meteoriten, sogenannten Pallasiten, vollständig experimentell zu simulieren.

Blick in das Innere der Hochdruck-Presse SAPHiR am FRM II. W. Schürmann / TUM
Blick in das Innere der Hochdruck-Presse SAPHiR am FRM II.

„Pallasite sind die optisch schönsten und ungewöhnlichsten Meteoriten“, sagt Dr. Nicolas Walte, der Erstautor der Studie, begeistert. Sie gehören zur Gruppe der Stein-Eisen Meteoriten und bestehen aus grünen Olivinkristallen, eingebettet in Nickel und Eisen. Trotz jahrzehntelanger Forschung war ihre genaue Herkunft jedoch bisher umstritten.

Um diese Frage zu klären, untersuchte Dr. Nicolas Walte, Instrumentenwissenschaftler am Heinz Maier-Leibnitz Zentrum (MLZ) in Garching, gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen des Bayerischen Geoinstituts der Uni Bayreuth sowie der Royal Holloway University of London den Bildungsprozess von Pallasiten. Erstmalig gelang es ihnen dabei, Strukturen aller Pallasitarten experimentell herzustellen.

Instrument SAPHiR im Einsatz

Für seine Experimente nutzte das Team die Hochdruckpresse SAPHiR, die derzeit unter der Leitung von Prof. Hans Keppler vom Bayerischen Geoinstitut am MLZ aufgebaut wird und die baugleiche MAVO Presse der Universität Bayreuth. Noch erhält SAPHiR zwar keine Neutronen vom FRM II, es ist jedoch bereits möglich, Experimente unter hohem Druck und hoher Temperatur durchzuführen.

„Mit einer Presskraft von 2400 Tonnen kann SAPHiR eine Probe auf einen Druck von 15 Gigapascal (GPa) und auf Temperaturen über 2000 °C bringen“, erläutert Walte. „Das ist mehr als das Doppelte des Drucks der benötigt wird, um Graphit in Diamant zu verwandeln.“ Um die Kollision zweier Himmelskörper zu simulieren, reichte dem Forschungsteam allerdings schon ein Druck von einem GPa bei 1300°C.

Wie entstehen Pallasite?

Bis vor kurzem glaubte man, dass Pallasite aus der Grenze zwischen Eisenkern und Gesteinsmantel von Asteroiden stammen. Einer neueren Theorie zufolge entstehen Pallasite näher an der Oberfläche bei der Kollision mit einem anderen Himmelskörper. Bei dem Einschlag vermischt sich geschmolzenes Eisen aus dem Kern des Projektils mit dem olivinreichen Mantel des Mutterkörpers.

Die durchgeführten Experimente bestätigten jetzt die Einschlagshypothese. Eine weitere Voraussetzung für die Bildung von Pallasiten ist, dass sich Eisenkern und Gesteinsmantel des Asteroiden zuvor teilweise getrennt haben müssen.

Dies geschah kurz nach seiner Entstehung vor etwa 4,5 Milliarden Jahren. In dieser Zeit heizte sich der Asteroid auf, bis die dichteren metallischen Bestandteile aufschmolzen und zum Zentrum des Himmelskörpers absanken.

Die entscheidende Erkenntnis der Studie ist, dass beide Prozesse, die Trennung von Kern und Mantel und der darauf folgende Einschlag eines weiteren Himmelskörpers, für die Entstehung von Pallasiten nötig sind.

Erkenntnisse über die Entstehung des Sonnensystems

„Allgemein sind Meteoriten die ältesten direkt zugänglichen Bestandteile des Sonnensystems. Das Alter des Sonnensystems und seine frühe Entstehungsgeschichte kennt man hauptsächlich durch die Untersuchung von Meteoriten“, erklärt Walte.

„Erde und Mond entwickelten, genau wie viele Asteroiden, mehrere Lagen, aus Kern, Mantel und Kruste“, sagt Nicolas Walte. „So schufen die Zusammenballungen von kosmischem Geröll komplexe Welten. Im Fall der Erde hat dies letztendlich die Entstehung von Leben ermöglicht.“

Die Hochdruck-Experimente und der Vergleich mit Pallasiten zeigen wichtige, im frühen Sonnensystem ablaufende Prozesse. Die Experimente des Teams liefern neue Erkenntnisse über die Kollision und die Materialvermischung der beiden Himmelskörper und die darauffolgende schnelle gemeinsame Abkühlung. In zukünftigen Untersuchungen soll dies nun weiter erforscht werden.

Einschlag eines kleinen Asteroiden auf einem größeren. Bei dem Einschlag vermischt sich geschmolzenes Eisen aus dem Kern des einschlagenden Körpers mit dem olivinreichen Mantel des Mutterkörpers. R. Müller / TUM
Einschlag eines kleinen Asteroiden auf einem größeren. Bei dem Einschlag vermischt sich geschmolzenes Eisen aus dem Kern des einschlagenden Körpers mit dem olivinreichen Mantel des Mutterkörpers.
Publikationen

Two-stage formation of pallasites and the evolution of their parent bodies revealed by deformation experiments
Nicolas P. Walte, Giulio F. D. Solferino, Gregor J. Golabek, Danielle Silva Souza, Audrey Bouvier
Earth and Planetary Science Letters, Vol. 546, 15 September 2020, 116419 – DOI: 10.1016/j.epsl.2020.116419

Weitere Informationen und Links

Die Forschungsarbeiten wurden mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt.

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Technische Universität München

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Kontakte zum Artikel:

Dr. Nicolas P. Walte
Technische Universität München
Forschung-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II)
Instrument SAPHiR
Lichtenbergstr. 1, 85748 Garching
Tel.: +49 89 289 11772 – E-Mail

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