Bildgebung. Robotik. Simulationen. Solarzellen: EU fördert vier Forschungsprojekte
Hochdotierte ERC Consolidator Grants vergeben
Die begehrten Grants des ERC werden in verschiedenen Kategorien vergeben. Um ERC Consolidator Grants können sich Forscherinnen und Forscher bewerben, deren Promotion sieben bis zwölf Jahre zurückliegt. Die Projekte werden mit jeweils bis zu zwei Millionen Euro gefördert. Die aktuellen Auszeichnungen eingerechnet, konnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der TUM bereits 121 ERC Grants einwerben.
Prof. Dr.-Ing. Sandra Hirche (Elektrotechnik und Informationstechnik)
Regelungstechnik bildet die Grundlage zur Steuerung moderner autonomer Systeme – von der Heizung bis zum Roboter: Regelungsgesetze entscheiden wie ein System einer Vorgabe folgt, auf unerwartete Einflüsse reagiert und sicherstellt, dass seine Funktion zuverlässig erfüllt wird. In sicherheitskritischen Anwendungen ist ein mathematischer Beweis für die Zuverlässigkeit des geregelten Systems unverzichtbar. Dieser lässt sich anhand eines möglichst exakten Modells führen. In komplexen Systemen stößt dieser Ansatz allerdings an seine Grenzen. Maschinelles Lernen ist vielversprechend für deren Modellierung, liefert aber typischerweise keine beweisbaren Garantien. In ihrem Projekt „CO-MAN“ will Prof. Sandra Hirche beides zusammenführen. Der neue Ansatz soll für Systeme geeignet sein, bei denen Sicherheit und Anpassungsfähigkeit besonders wichtig sind, zum Beispiel, wenn Menschen eng mit Maschinen interagieren. Prof. Hirche plant, den Ansatz anhand von zwei Anwendungsfällen zu erproben: in Systemen zur diagnostischen Unterstützung von Parkinson-Patienten und Systemen für robotergeführte Rehabilitation.
Sandra Hirche ist Professorin für Informationstechnische Regelung. Ihre Forschung wurde bereits mit einem ERC Starting Grant gefördert.
Prof. Dr. Ian Sharp (Physik)
Ein Problem klassischer Photovoltaik besteht darin, die gewonnene Energie einfach und in großem Maßstab zu speichern. Prof. Ian Sharp möchte Systeme entwickeln, die Sonnenenergie chemisch speichern. Materialien für solche Umwandlungen müssen die aufgenommene Energie effizient übertragen können und auch unter aggressiven Reaktionsbedingungen stabil sein. Übergangsmetallnitrid-Halbleiter könnten diese Anforderungen erfüllen, sind aber bisher wenig untersucht. Mit seinem Projekt SECANS will Ian Sharp diese Lücke schließen. Mit neuesten Methoden der Halbleiterabscheidung und der Grenzflächenmodifikation möchte er „künstliche Photosysteme“ entwickeln. Zur Untersuchung der photochemischen Stabilität, der Mechanismen der Energieumwandlung und der Auswirkungen von Defekten und Störungen sollen modernste spektroskopische Techniken zum Einsatz kommen. Ziel sind neuartige Nitrid-Halbleiter mit selbstheilenden Grenzflächen, die Sonnenenergie effizient in chemische Energie umwandeln können.
Ian Sharp ist Professor für Experimentelle Halbleiterphysik.
Prof. Dr. Nils Thuerey (Informatik)
Das Projekt “SpaTe” von Prof. Nils Thuerey hat das Ziel, Computern Physik beizubringen – im Gegensatz zu klassischen Methoden nicht mit Gleichungen, sondern mit Daten und Beispielen. Programme, die vorhersagen, wie sich Gase, Flüssigkeiten und Festkörper unter bestimmten Voraussetzungen und in einem bestimmten Zeitraum verformen, finden in extrem vielen Industrien und Forschungsprojekten Anwendung. Die dafür erforderlichen Berechnungen erfordern bislang aber sehr viel Rechenleistung. Machine Learning hat das Potenzial, komplexe zeitliche Vorgänge flexibel und realistisch abzubilden. Bislang ist dieser Ansatz aber noch kaum erforscht. In seinem Projekt will Prof. Nils Thuerey neue Algorithmen entwickeln, um Machine Learning in physikalischen Simulationen nutzbar machen. In Zukunft könnte es damit zum Beispiel möglich sein, aus Videos automatisch abzuleiten, welche physikalischen Materialien sichtbar sind, und wie sie sich verhalten.
Nils Thuerey ist Professor für Physikalisch-basierte Simulation. Seine Forschung wurde bereits mit einem Starting Grant und einem Proof-of-Concept-Grant des ERC gefördert.
Prof. Dr. Gil Westmeyer (Medizin)
Gehirne bestehen aus verzweigten Netzwerken von Nervenzellen. Informationen bewegen sich hier auf eine ähnlich komplexe Weise, wie Verkehrsteilnehmer im Straßennetz. In seinem Projekt „EMcapsulins“ entwickelt Gil Westmeyer biotechnologische Verfahren, mit deren Hilfe sich besser verstehen lässt, wie neuronale Netzwerke Informationen verarbeiten und speichern. Die Elektronenmikroskopie (EM) liefert bisher die detaillierte Anatomie der Nervenzellnetzwerke, also eine statische Karte des Straßennetzes. Über die molekularen Aktivierungsmuster, also die Verkehrsbewegungen, gab die EM bislang jedoch keinen Aufschluss. In seinem ERC-Projekt setzt Westmeyer daher genetisch enkodierte Marker in Nervenzellen ein, die molekulare Zustände der Neuronen direkt in der EM „mehrfarbig“ visualisieren. Diese funktionalen EM-Karten können neue Erkenntnisse zu den zellulären Mechanismen neuronaler Informationsverarbeitung und ihrer Störung in neuropsychiatrischen Erkrankungen ermöglichen.
Gil Westmeyer ist Professor für Molekulare Bildgebung. Seine Forschung wurde bereits mit einem Starting Grant des ERC gefördert.
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