• 26.10.2022
  • Lesezeit: 2 Min.

Interview mit Prof. Jakob Burger, Leiter der Professur für Chemische und Thermische Verfahrenstechnik

„Es gibt keinen gesetzlichen Ausstiegspfad für fossile Kraftstoffe“

Im Green Fuel Center (GFC) am Campus Straubing der Technischen Universität München (TUM) arbeiten Forschende an der Herstellung erneuerbarer Kraftstoffe. Prof. Jakob Burger erklärt, welche Vorteile die alternativen Kraftstoffe bieten und welche Anwendungsmöglichkeiten es gibt.

Prof. Dr.-Ing. Jakob Burger, Leiter der Professur für Chemische und Thermische Verfahrenstechnik, steht vor seiner neu errichteten Demonstrationsanlage am TUM Campus Straubing für Biotechnologie und Nachhaltigkeit. Jan Winter / TUM
Prof. Dr.-Ing. Jakob Burger, Leiter der Professur für Chemische und Thermische Verfahrenstechnik, steht vor seiner neu errichteten Demonstrationsanlage am TUM Campus Straubing für Biotechnologie und Nachhaltigkeit.

Herr Prof. Burger, welchen Beitrag leistet das GFC für die nachhaltige Mobilität von morgen?

In erneuerbaren Kraftstoffen wird entweder Bioenergie oder erneuerbare elektrische Energie gebunden. Beide Wege haben Vor- und Nachteile. Die Herstellung von Biokraftstoffen braucht im Gegensatz zu E-Fuels beispielsweise kein aus der Atmosphäre mühsam abgetrenntes CO2. Bei der Produktion von E-Fuels hingegen können wir überschüssige erneuerbare elektrische Energie speichern.
Das GFC untersucht, wie wir die beiden Wege miteinander koppeln können. Zum Beispiel kann die Herstellung von Biokraftstoffen durch Einsatz von elektrischer Energie geboostert werden. Oder wir nutzen Biokatalysatoren, um die Herstellung von E-Fuels zu verbessern. Dieser interdisziplinäre Ansatz verspricht deutliche Effizienzsteigerungen. Wir können mit solchen Ansätzen etwa biobasierte Flugkraftstoffe herstellen, die einen um ein Drittel reduzierten CO2-Fußabdruck im Vergleich zu den aktuell klimafreundlichsten Bioflugkraftstoffen haben, ohne die Kosten signifikant zu steigern.

Am GFC produziert eine Demonstrationsanlage mit Oxymethylenether (OME) auch eine Alternative zum fossilen Dieselkraftstoff. Was ist OME und was macht diesen Treibstoff so besonders?

OME ist ein erneuerbarer Dieselkraftstoff, der sowohl als Biokraftstoff als auch E-Fuel hergestellt werden kann. Damit hat er eine flexible Rohstoff- und Energiebasis. Die chemische Struktur unterscheidet sich von heutigen fossilen Kraftstoffen, sie enthält chemisch gebundenen Sauerstoff. Dadurch verbrennt der Kraftstoff extrem sauber. Er ist zudem weder giftig noch umweltschädlich. Obwohl er in allen Dieselmotoren eingesetzt werden kann, müssen Treibstoffleitungen und das Steuergerät angepasst werden, da diese stark auf den genormten fossilen Diesel optimiert sind.

Wann wird OME industriell produziert?

Ein Vertreter der Stoffklasse OME, das sogenannte OME1, das auch als Kraftstoff genutzt werden könnte, wird bereits seit Längerem industriell hergestellt und als Lösungsmittel in der chemischen Industrie eingesetzt. Die für Verkehrsanwendungen optimierte Variante OME3-5, für welches wir ein Verfahren entwickelt haben, wird voraussichtlich ab 2025 industriell produziert werden.

Wie realistisch ist es, dass beispielsweise Schiffe in Zukunft rein mit OME betankt werden?

Es gibt keinen gesetzlichen vorgeschriebenen Ausstiegspfad für fossile Kraftstoffe. Auf dem Strommarkt etwa herrscht ein ganz anderer Druck. Für OME im Speziellen gilt, dass es ein besonderer erneuerbarer Kraftstoff ist. Er ist extrem sauber verbrennend, hat jedoch eine bedingte Flottenkompatibilität. Daher wird er sehr wahrscheinlich nicht in Flugzeugen oder in PKW zum Einsatz kommen. Auch bei Hochseeschiffen als Hauptkraftstoff bin ich skeptisch, da diese im Allgemeinen auf hoher See keinen Umweltauflagen unterliegen. Wenn die Schiffe jedoch in städtische Häfen einfahren oder Baumaschinen im städtischen Umfeld mit Dieselmotoren betrieben werden müssen, dann bietet OME eine tolle Option für echten Umweltschutz.

Weitere Informationen und Links
  • Die Forschungsschwerpunkte von Prof. Dr.-Ing. Jakob Burger (*1984) liegen im Entwurf von Trenn- und Aufarbeitungsverfahren in der Chemie und Biotechnologie. Anwendungen reichen von synthetischen Kraftstoffen auf C1-Basis bis zu Aufarbeitung von wässrigen Lösungen aus der Biotechnologie. Neben Experimenten im Labor- und Technikumsmaßstab forscht Prof. Burger auch an computergestützten Methoden wie Short-Cut-Apparatemodellen und Pareto-Optimierung.

Technische Universität München

Kontakte zum Artikel:

Prof. Dr.-Ing. Jakob Burger
Technische Universität München
TUM Campus Straubing für Biotechnologie und Nachhaltigkeit
Professur für Chemische und Thermische Verfahrenstechnik
+49 (0) 9421 187 275
burgerspam prevention@tum.de

Aktuelles zum Thema

HSTS