• 8.8.2022
  • Lesezeit: 5 Min.

Practical Research Experience Program an der TUM (TUM PREP)

„Ich hatte Lust, mich herauszufordern“

Von London nach Garching: Nereida Abad-Yang studiert eigentlich Chemie am Imperial College. Gerade forscht sie neun Wochen lang an der TUM. Sie nimmt am TUM PREP-Programm teil, das jeden Sommer exzellente, internationale Studierende nach München holt. Wie lebt und studiert es sich in der Ferne?

Chemie-Studentin Nereida Abad-Yang vom Imperial College London Andreas Heddergott / TUM
Mit dem STM werden hochauflösende Bilder einzelner Atome auf einer Oberfläche erstellt: Studentin Nereida Abad-Yang aus London arbeitet derzeit an der TUM.

Am 2. Juli sind Sie in München angekommen, sind inzwischen schon mehr als einen Monat hier. Wie gefällt es Ihnen denn bis jetzt?

Sehr gut. Anfangs hatte ich ein bisschen Angst, dass mir München im Vergleich zu London etwas zu ruhig ist und es nicht so viel zu tun gibt. Aber das hat sich als unbegründet erwiesen. Nach der Uni gehe ich gerne in den Englischen Garten oder laufe an der Isar entlang.

Haben Sie einen Lieblingsplatz in München?

Das ist dann wohl der Eisbach mit seinen Surfern. Die finde ich total cool. Ich bin aber auch gerne im Uni-Viertel in der Maxvorstadt unterwegs, da gibt es viele nette Läden und Cafés.

Sie sind in der Zeit ja schon ein richtiger München-Fan geworden. Wie verliefen Ihre ersten Tage in der Stadt?

Vom TUM PREP-Programm habe ich einen Buddy zugeteilt bekommen, sie hat mich dann auch am Flughafen abgeholt und zu meinem Studentenwohnheim gebracht. Es hat mir echt geholfen, jemanden zu haben, der die Stadt kennt. Sie hat mir nämlich noch die Gegend gezeigt – zum Beispiel, wo der nächste Supermarkt ist. Was mich echt schockiert hat: Dass an Sonntagen alles zu hat. Ich kam an einem Samstag in München an und musste dann noch am selben Tag einkaufen gehen, um ein paar Lebensmittel zu haben.

Jetzt Vorschläge für TUM PREP 2023 einreichen

Noch bis zum 21. August 2022 können Professor:innen, wissenschaftliche Mitarbeiter:innen und Doktorand:innen Kurzbeschreibungen für ihre Projektideen im Rahmen des TUM PREP-Programms 2023 einreichen: TUM PREP Project submission

Hört sich stressig an. Und wie war es, als Sie das erste Mal in die TUM kamen?

Also die ersten drei Tage an der Universität haben sich wie eine gesamte Woche angefühlt. So viel war in der Zeit los. Als erstes stand ein Rundgang über den Campus an, dann haben wir einige Kennenlernspiele gespielt. Abends gab es schließlich einen Empfang auf der Dachterrasse der Universität, um unsere Betreuer:innen kennenzulernen. Am zweiten Tag fand dann noch ein Stadtrundgang statt, abends waren wir auf dem Tollwood-Festival. Es war gut, erstmal richtig anzukommen – bevor wir mit der Arbeit anfangen.

Bei welchem Forschungsprojekt arbeiten Sie mit und wie sehen Ihre Aufgaben aus?

Meine direkte Betreuerin und Ansprechpartnerin ist Barbara Lechner. Sie hat die Professur für Funktionelle Nanomaterialien. Ihre Forschungsgruppe untersucht die dynamische Restrukturierung von funktionellen Nanomaterialien unter realistischen Bedingungen. Ich versuche das mal etwas einfacher zu erklären: Im Mittelpunkt der Arbeit bei Frau Lechner steht der Einsatz eines Rastertunnelmikroskops (STM), mit dem wir hochauflösende Bilder einzelner Atome auf einer Oberfläche erstellen können.

Wie genau wird das STM angewendet?

Die Forschungsgruppe konzentriert sich darauf, das STM auf heterogene Katalysatoren anzuwenden – die aus kleinen Metallclustern bestehen, welche wiederum auf einer Oxidträgeroberfläche abgeschieden sind. Was uns dabei antreibt: Wir wollen unser Verständnis der Mechanismen verbessern, die zur Stabilität und Mechanik von Metallclustern beitragen, indem wir etwa die optimalen Druck- und Temperaturbedingungen ermitteln. Bei all dem versuche ich, einen sinnvollen Beitrag zu leisten.

Das ist hochkomplexe Wissenschaft. Inwieweit kann sich dabei eine Studentin im sechsten Semester einbringen?

Mein Tagesablauf ist jeden Tag aufs Neue ein anderer. Aber in der Regel geht es darum, das STM und die jeweilige Probe vorzubereiten. Das bedeutet, dass ich die Probe in die richtige Position bringe oder die Ausrüstung mit flüssigem Stickstoff kühle. Dann führe ich Messungen durch und analysiere die Ergebnisse mithilfe von Datenanalysesoftware. Und natürlich lerne ich viel über die allgemeine Funktionsweise des STM sowie über die Einrichtung und Wartung der Geräte. Das ist nämlich echt komplex, weil die im Ultrahochvakuum arbeiten.

Was hat Sie dazu bewogen, Ihre Sommerferien in einem Universitätslabor verbringen zu wollen?

Meine Universität bietet für Studierende einige Programme an, um während unseres dritten Jahres ins Ausland zu gehen. Ich wurde auf das TUM PREP-Programm aufmerksam – auch, weil ich meine Schulzeit in Luxemburg verbracht habe und so einen gewissen Bezug zu Deutschland hatte. Das heißt, ich wollte mir die Chance nicht nehmen lassen, für zwei Monate in München zu sein und mein Deutsch etwas aufzufrischen.

Und die akademische Motivation?

Die Corona-Pandemie hat einen Großteil meines Studiums überschattet, ich war also sehr selten im Labor. Deshalb war es mir so wichtig, dass ich im Sommer einen Einblick in die praktische Arbeit in einem Forschungslabor bekomme. Dazu kommt: Ich hatte Lust, mich herauszufordern – indem ich mal ein anderes akademisches System kennenlerne. Dass die TUM so einen guten Ruf hat, hat mich in meiner Entscheidung nur noch mehr bestärkt.

Können Sie sich vorstellen, später auch im Ausland zu arbeiten? Vielleicht sogar in Deutschland?

Ja, ich denke schon. In London ist das Leben viel schnelllebiger. Die Menschen arbeiten buchstäblich rund um die Uhr. Es ist quasi normal, dass man noch um Mitternacht Mails von jemandem bekommt. In Deutschland ist mir aufgefallen, dass die Work-Life-Balance besser ist. An den Wochenenden nehmen sich die Leute Zeit für sich, unternehmen vielleicht etwas mit Freunden oder der Familie. Und dann kommen sie erst am Montag wieder in ihre Arbeit zurück. Die Arbeitszeiten sind strukturierter.

Sind Ihnen noch weitere Dinge aufgefallen, die hier vielleicht anders sind?

In Gesprächen mit anderen Studierenden habe ich mitbekommen, dass die Art des Studiums hier anscheinend etwas anders ist. An der TUM sind die Jahrgänge am Anfang oft sehr groß und werden gegen Ende des Studiengangs kleiner, weil einige abbrechen. Es klingt nach deutlich mehr Selbststudium als bei uns. In Großbritannien hingegen wird den Studierenden geholfen, im Programm zu bleiben und nicht abzuspringen – dafür sind die Hürden, überhaupt einen Studienplatz zu bekommen, sehr viel höher. Diese verschiedenen Systeme hautnah mitzubekommen, empfinde ich als große Bereicherung.

Sie sind eine ausländische Studentin, die sich für zwei Monate in komplett fremde Arbeitsabläufe und Team-Strukturen einarbeiten muss. Warum sind Sie trotzdem so zufrieden?

Das liegt auch daran, dass – so komisch es klingt – unser Team jeden Tag gemeinsam zu Mittag isst. Meine Kolleg:innen haben mich willkommen geheißen und wie selbstverständlich in die Gruppe integriert. Das finde ich total schön, weil ich von Anfang an das Gefühl hatte, ein vollwertiges Mitglied der Gruppe zu sein.

Weitere Informationen und Links
  • Für Nereida Abad-Yang, 21, gehört Umziehen dazu. An der Elfenbeinküste geboren, lebte sie zwei Jahre in Tunesien, bevor sie mit vier Jahren nach Luxemburg zog. Dort ging sie zur Schule und machte ihr Abitur, zwischendurch verbrachte sie zwei Jahre in Südafrika.
  • Sie kann sich vorstellen, später zum Beispiel in der medizinischen Chemie zu arbeiten.
  • In diesem Jahr nehmen zum ersten Mal auch Studierende des Imperial College London am TUM PREP-Programm teil. Bisher kamen die Teilnehmenden nur aus Nordamerika.
  • Practical Research Experience Program (TUM PREP)

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